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Vorstellung und ausgewählte Sorten im Test: Erste Tegernseer Kaffeerösterei

| Marc Heiland | Kaffeewelten

TegernSeit einigen Jahren stellen wir bei inn-joy euch in unserer Rubrik „Für Gourmets“ kleine Start-Up-Unternehmen, neue und interessante Firmen und private Kaffeeröstereien vor, die vor allem auf Qualität und Nachhaltigkeit sowie faire Bezahlung für die Kaffeebauern Wert legen. An dieser Stelle möchten wir euch nun die „Erste Tegernseer Kaffeerösterei“ präsentieren. Natürlich werden wir euch auch anhand einiger Testmuster unseren ganz persönlichen Eindruck der Kaffeesorten vermitteln und hoffen, dass wir eure Neugierde damit wecken können. Denn eines können wir euch bereits vorab sagen: Selten haben wir in den vergangenen Jahren so facettenreiche, faszinierende und delikate Kaffees getrunken. Warum das so ist – dazu unser Test.

Mit Respekt für die Bohnen und viel Nachhaltigkeit

Bevor wir euch unsere ganz persönlichen Eindrücke der uns freundlicherweise zur Verfügung gestellten Kaffeesorten der Tegernseer Kaffeerösterei vermitteln, wollen wir das Unternehmen selbst zu Wort kommen lassen. So lesen wir auf der Homepage: „Die Erste Tegernseer Kaffeerösterei ist ein Teil eines kleinen, sehr aktiven internationalen Netzwerkes von Kaffee-Enthusiasten. Wir alle haben das gleiche Ziel: Wir möchten die Kaffeequalität in unseren Ländern verbessern – und den Kaffeebauern dabei gleichzeitig höhere Renditen ermöglichen.

Viele Kaffees werden deshalb direkt oder zusammen mit unseren befreundeten Röstern importiert. Wir kaufen direkt vom Farmer, so dass unsere Kaffees nicht an der Börse gehandelt werden und bis auf das Transportunternehmen kein anderer daran verdient. Das Geld geht also an die Menschen, die es auch wirklich verdient haben: Die Kaffeebauern. Unsere enge Zusammenarbeit ermöglicht es, gemeinsam komplette „Lots" einzukaufen und untereinander aufzuteilen. Dadurch können wir viele außergewöhnlich gute Kaffees im ständigen Wechsel anbieten. Getreu unserem Motto: „Wir müssen im November keine Erdbeeren essen“, lagern wir auch keinen Kaffee, um ihn ständig verfügbar zu haben. Wir rösten und verkaufen ihn. Wenn eine Sorte vergriffen ist, freuen wir uns auf die nächste Ernte.“

Das liest sich ja schon einmal spannend. Also weniger Masse, dafür mehr Klasse und vor allem faire Vergütung, Nachhaltigkeit und als Basis der Kaffeesorten schwerpunktmäßig sortenreiner Hochlandkaffee. Und weiter: „An unseren Kaffeemaschinen stehen nur gelernte Baristi – jährlich treffen wir uns bei den Kaffeemeisterschaften oder bei gemeinsamen Plantagenbesuchen und tauschen unser Wissen aus. Dies kommt Ihnen als Gast wieder zugute.“ Auch das spricht für höchste Qualität und viel Erfahrung. Da kann man wirklich gespannt sein!

Dass man bei der Tegernseer Kaffeerösterei auch etwas von Marketing versteht, erkennt man, wenn man sich die Videos des Unternehmens anschaut. Tolle Bilder vom Tegernsee gemischt mit dem „Café Felix“, Impressionen aus den Anbaugebieten und mitten drin der äußerst sympathische Geschäftsführer, Mario Felix Liebold, der erklärt, wie er zum Kaffee kam, warum er selbst seine eigene Rösterei eröffnete und was Kaffee für ihn und sein Leben (und somit natürlich auch für seine Kunden) bedeutet. Ein sehr gut gemachtes Video, dass (wie auch die in loser Folge erschienenen „Coffee Tube“-Folgen), Lust auf Mehr macht.

Doch kommen wir nun zu dem, was die Meisten besonders interessieren dürfte – den Geschmack der Kaffeesorten. Uns zur Verfügung gestellt wurden sowohl Espresso-Sorten („Emma Forte“ aus Brasilien, Indien, Indonesien und Guatemala, „Superiore“ aus Brasilien und Guatemala und der viel versprechende „The Bäm“ mit Bohnen aus Peru und Indien) als auch Filter-Sorten (Fazenda „Rodomunho“ aus Brasilien, Finca „Santa Rosa“ aus El Salvador und Finca „Limoncillo“ aus Nicaragua).

Bereits die Verpackungen wissen zu gefallen. So sind die Espresso-Verpackungen allesamt in schwarz gehalten, während die Filterkaffee-Sorten in weiß daher kommen. Auf jeder Verpackung befinden sich das Logo der Tegernseer Kaffeerösterei, der Name des Herkunftslandes des Kaffees, Angaben zur Stärke des Kaffees, den Grundaromen, das Röstdatum (was keine Selbstverständlichkeit bei vielen Mitbewerbern ist) sowie die Internetadresse der Rösterei. Versiegelt wurden die Verpackungen mit einem wiederverschließbaren Zip-Verschluss, auch ein Aroma-Siegel ist mit dabei. So bekommt man schon einmal einen kleinen „aromatischen Vorgeschmack“. Die mehr als 40 Sorten, welche die Erste Tegernseer Kaffeerösterei derzeit (Stand 12/17) im Programm führt, sind unterteilt in Filterkaffee, Kaffee für Vollautomaten, Espressi Blends (gemischte Bohnen) und Espressi Singles (nur aus einer Region oder von einer Farm). Preislich variieren die Kaffeesorten zwischen 7 Euro und 15 Euro für 250g Kaffeebohnen, was durchaus ein angemessener Preis ist, wenn man die Qualität des Endproduktes in Betracht zieht, die faire Bezahlung der Kaffeebauern sowie die natürlich auf jedes Kilogramm aufgeschlagene Kaffeesteuer von 2,19 Euro. Wer da über den Preis meckert, hat von gutem Kaffee absolut nichts verstanden.

Der nächste Aspekt, der für qualitativ hochwertigen Kaffee spricht, sind die tollen Bohnen, hier findet man ein einheitliches Bohnenbild mit ganz minimalem Bruch. Das zeigt, dass die Bohnen, welche zum Einsatz kommen, nicht maschinell gepflückt wurden. Auch gibt es keine Löcher (Insekten), Flecken (Probleme bei der Trocknung oder Schimmel) oder sogar verbrannte Bohnen. Das „Röstbild“ ist sehr einheitlich. Sehr schön! Die Aromen, die uns in der Redaktion beim Öffnen der Verpackungen entgegenströmten, waren bei allen Sorten unglaublich facettenreich und beeindruckend. Besser geht es kaum. Nun zu den einzelnen Sorten:

superioreDer Espresso „Superiore“

„Ach du heilige Scheiße!“ Ja. Ich muss zugeben, dass ich sehr lange überlegt habe, ob ich in diesem Artikel, den ja nicht nur meine Kollegen lesen und der zeitlich recht nah zum Weihnachtsfest erscheinen wird, diesen spontanen Ausdruck meiner unbegrenzten Freude ob meines ersten Eindrucks mit dieser Sorte niederschreiben soll oder nicht. Doch warum sollte ich um den heißen Kaffee drum herum schreiben, wenn ich ihn auch so beschreiben kann, wie ich ihn erlebt habe?! Denn bereits dieser Espresso versetzte mich ins Staunen. Getestet habe ich ihn als Espresso, meine Kollegin hingegen als Kaffee Latte und Cappuccino im Saeco Xelsis-Vollautomaten (Mahlgrad 3 von 12) und in der French Press. Als Espresso wirkte er sehr direkt, ohne jedoch irgendein Aroma unangenehm in den Vordergrund zu spielen und brachte eine wahnsinnige Aromenvielfalt im Mund zur Explosion. Wenn man ihn nicht ganz so heiß bezieht (oder noch ein wenig stehen lässt), dann entfaltet er seine ganze Aromenkomplexität. Als Grundaromen werden Schokolade, Mandel, Vanille und Noten von Ahorn und Melasse angegeben. Honigsüß und mit würziger Säure. Also das „Baumige“ und die Melasse sind zu erkennen, die Schokolade bildet sich im Mund heraus und die Mandel nimmt man im Abgang war. Der Kaffee ist vollmundig und der angenehme Abgang hinterlässt eine feine, angenehme aber nie zu aufdringliche Würze. Säure? Ja, aber sehr dezent. Wie alle getesteten Sorten gibt es hier den oftmals bei Supermarkt-Kaffees zu findenden „Aua Bauch“-Eindruck zu keiner Zeit. Absolut topp. Selbiges gilt für die Zubereitung in der French Press. Hier werden die Aromen noch mehr verdichtet und sind noch feiner ausgebildet. Die drei Minuten „Ziehzeit“ tun der Entfaltung der Aromen gut.

Der Espresso „Emma Forte“

Unser zweiter „Testkandidat“ im Bunde ist dieser tolle Espresso. Er hat seine Wurzeln in Indien, Java, Guatemala und Brasilien und besteht zu 60% aus Arabica-Bohnen. Der nussige Ersteindruck, den man beim Öffnen der Verpackung vernimmt, verstärkt sich während des Brühvorgangs. Als Espresso wirkt er kräftig und schmeckt ein wenig nach Zartbitter-Schokolade. Auch hier wirken die Aromen gleichberechtigt nebeneinander. Da der Espresso nahezu keine Säure aufweist, kann er auch von empfindlichen Naturen genossen werden. Im Test haben wir ihn auch als Kaffee Latte getrunken. Hier empfiehlt sich allerdings, weniger Milch hinzuzugeben, da er ansonsten etwas schwach wird. Andererseits könnt ihr ihn durchaus auch als double shot trinken, da er sich nicht zu stark in den Vordergrund drängt.

Der Espresso „The Bäm“

Ihr seid echte „Morgenmuffel“? Ihr könnt euren Tag nicht ohne einen starken Kaffee beginnen, wollt den „Montags-Blues“ irgendwie überstehen oder müsst euch nach einer harten Partynacht wieder hochpushen? Genau dann ist dieser Espresso der einzig wahre Held an eurer Seite. Denn mehr Koffein in einem Kaffee geht kaum! Die Mischung aus Indien und Peru wird zwar nur als „mittelkräftig“ deklariert, haut aber mal sowas von ein! Wer davon nicht wach werden kann, sollte schleunigst checken, ob er überhaupt noch einen Puls hat. Schon der Kaffeeduft macht ordentlich wach und die Mischung aus Karamell, Mandel, Nougat, dunkle Schokolade und eine Spur von Kakao schreien mir förmlich ins Gesicht: Trink mich und werde wach! Dem komme ich nur allzu gerne nach. Auch hier ist es wieder erstaunlich, wie facettenreich und komplex die Aromen sich im Mund herausbilden, wie „rund“ der Espresso komponiert wurde und wie angenehm-harmonisch er bis zum Schluss bleibt. Da er keine Säure hat, kann man auch schon mal gerne zwei Espressi trinken, oder drei, oder vier ;-)

Kommen wir nun zu den drei uns zur Verfügung gestellten Filterkaffee-Sorten, die wir natürlich allesamt im Handfilter getestet haben.

Schaut man sich die „Filterkaffee“-Rubrik der Tegernseer Kaffeerösterei an, erkennt man auch hier, wie intensiv sich das Unternehmen mit den einzelnen Sorten auseinandersetzt und wie viel Liebe zum Detail in jeder Faser steckt. Denn wo andere Unternehmen und Röstereien meist mit Informationen zur Anbauregion geizen oder möglicherweise fast schon etwas zu verheimlichen haben, gibt man hier das ganze Wissen preis. So erfährt der Kunde, wann der Kaffee nach Brasilien eingeführt wurde, für welche Märkte der Kaffee genommen wird, welche Anbaugebiete dominieren, wie der Kaffee vor Ort aufbereitet wurde und wird, wann die Kaffeekirschen geerntet werden und vieles mehr. Auch zum Charakter des Kaffees gibt es diverse detaillierte Informationen.

Der Filterkaffee Fazenda „Rodomunho“

Bei diesem Kaffee handelt es sich um eine Sorte, deren Bohnen aus Brasilien stammen. Die Varietäten der Kaffee-Pflanzen sind Acaia, Catuai, Icatu und Mundo Novo. Tja. Da schaut der Semi-Laie! Warum? Weil man bei Mario bis aufs kleinst i-Tüpfelchen informiert wird und nichts im Verborgenen bleibt. Noch ein Pluspunkt! Laut Angabe auf der Verpackung des Kaffees, soll er honigsüß mit Aromen von Kakao, Toffee, Karamell sowie reifen, dunklen Früchten schmecken und „mittelkräftig“ sein. Auch dieser Kaffee überzeugt (wie auch die anderen Filterkaffee-Sorten) durch ein wunderbar-einheitliches Bohnenbild, eine gleichmäßige Röstung und ein schönes Profil. Mein erster Eindruck beim Öffnen der Verpackung und der Begegnung mit dem Kaffee war „Wald“, „holzig“ und „erdig“. Die angegebenen Noten kamen mir so gar nicht in den Sinn. Dies sollte sich erst mit dem Brühen im Handfilter ergeben. Denn da kamen Karamell und Kakao zum Tragen. Der Kaffee besitzt eine gewisse würzige Note und eine angenehme Schwere. Die leichte Säure hält sich im Hintergrund auf, ist aber durchaus zu erkennen. Auch dies ist ein sehr schmackhafter Kaffee.

LimoncilloDer Filterkaffee Finca „Santa Rosa“

Hierbei handelt es sich um einen ebenfalls „mittelkräftigen“ Kaffee aus El Salvador mit der Varietät Pacamara. An den Berghängen El Salvadors angebaut, kann die Kaffeekirsche sich aufgrund des Vulkanbodens und des milderen Klimas aromatisch „auftanken“. Der Kaffee besitzt ein sehr differenziertes Aromenbild und eine angenehme Fülle. Karamell, Toffee, Milchschokolade, Kakao, Honigmelone, Mandarine, Apfelsine und Nektarine sollen es sein, die hier als Aromen zu finden sind. Diese Aromenvielfalt macht sich mit einer angenehmen Dominanz in der Nase breit und will mit Nachdruck zubereitet werden. Die Schokoladennote und die Südfrüchte umschmeicheln die Nase auch während des Brühvorgangs, breiten sich jedoch noch weiter aus, nachdem der Kaffee sich ein wenig gesetzt hat. Im Mund bietet der Kaffee ein wahres Aromenfeuerwerk und man versucht, den Kaffee möglichst lang im Mund zu halten. Wow! Was da alles abgeht und das in einer einzigen Tasse. Unangenehme Röstaromen oder übertünchende Säure sind zu keiner Zeit auszumachen und im Abgang klingt der Kaffee angenehm nach. Für mich der geschmackliche Höhepunkt der Filterkaffeeverkostung. Kein Wunder, dass dieser Kaffee Gewinner des „Cups of Excellence 2017“ geworden ist. Uns hat er in der Redaktion ebenfalls restlos überzeugen können.

Der Filterkaffee Finca „Limoncillo“

Der letzte Filterkaffee (der Filterkaffee Limoncillo in der Varietät red bourbon) in unserer aktuellen „Testrunde“ stammt aus dem wunderschönen Nicaragua. Hier verspricht uns die Verpackung als Aromen Früchtebrot, Melasse, rote Trauben, Zartbitterschokolade, kandierter Apfel, Orange und Grand Marnier. Die Kaffeekirschen stammen von der Kaffeefarm des Erwin Mierisch. Für Kaffeefans ist Mierisch so etwas wie der Roland Trettl unter den Kaffeefarmern. Er gehört mit zu den Besten seiner Zunft, hat viele andere Kaffeefarmer inspiriert und ruht sich natürlich nicht auf seinen Erfolgen aus. Der Beweis, dass Mierisch so etwas wie ein „Kaffeekönig“ ist, haltet ihr mit diesem Produkt in Händen. Veredelt durch die Maschinen und das große Wissen der Ersten Tegernseer Kaffeerösterei, ist ein unglaublich toller Kaffee entstanden. Da nähert man sich als einfacher Redakteur mit Bescheidenheit und Demut der Verkostung. Die Aromen sind beim ersten „Erschnuppern“ vor allem von der Melasse und der Zartbitterschokolade getragen. Beim Trinken kann man nur sagen: „Wow!“ Der volle Geschmack, welchen der Filterkaffee bietet, ist sensationell. Im Mund tun sich verschiedene Aromen auf, die Herbstfrüchte sind teilweise gut zu erkennen, teilweise verstecken sie sich ein wenig. Der Grand Marnier ist zu erahnen. Für einen Filterkaffee hat diese Sorte ordentlich Power und überzeugt bis zum Schluss.

10Fazit: Nachdem wir uns ausführlich mit der Firmenphilosophie der Esten Tegernseer Kaffeerösterei befasst und die Kaffeesorten verköstigt haben, verstehen wir das Firmenmotto „Respect the bean!“ Denn das Unternehmen lebt den respektvollen Umgang mit dem Rohprodukt, den qualitativ hochwertigen Umgang mit der Verarbeitung und ein top „Endprodukt“, das jeden Kaffeefan nur begeistern kann. Daher vergeben wir auch die Höchstpunktzahl und eine uneingeschränkte Kaufempfehlung.

Die inn-joy Redaktion vergibt 10 von 10 Punkten.

Die inn-joy Redaktion bedankt sich bei der Ersten Tegernseer Kaffeerösterei für die zur Verfügung gestellten Testmuster.

U. Sperling, M. Heiland, D. Stappen

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