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Vorstellung und ausgewählte Sorten im Test: Wildkaffee

| Marc Heiland | Kaffeewelten

Wildkaffee1Aus dem schönen Garmisch-Partenkirchen kommen nicht nur einige prominente Sportler. Was wohl nur die „Einheimischen“ und „Experten“ wissen: Schon seit 1892 (!) wird die Tradition des Kaffeehandels (damals noch in Partenkirchen) hochgehalten. In diesem Jahr gründet Leonhard Panholzer mit seiner Frau Maria in der Herbststraße 5 in Partenkirchen am Alten Bahnhof einen Lebensmittelladen mit Molkereibetrieb. Doch es blieb nicht bei heimischen Spezialitäten, sondern auch Kaffeesahne wurde eigenhändig hergestellt und Kaffee von einer kleinen Hamburger Kaffeerösterei eingekauft und vor Ort vertrieben. Kenner wissen: Damals war man in Deutschland noch meilenweit von eigenen Kaffeeröstereien entfernt. Somit kann sich das Unternehmen als echter Pionier in der Kaffeeszene verstehen.

Doch während im Laufe der Zeit viele Röstereien nach Leonhard Panholzer öffneten und wieder schlossen, blieb die Kaffeerösterei bestehen. Mittlerweile wird sie vom Urgroß-Enkel Leonhard Wild, genannt Hardi, als 1. Kaffee-Rösterei in Garmisch-Partenkirchen unter dem klingenden Namen „Wildkaffee“ fortgeführt. Auf der Homepage der Rösterei kann man zur Geschichte und zum Wesen der Rösterei Folgendes lesen: „(...) Gemeinsam mit Joseph Staltmayr verarbeitet er hochwertigen Rohkaffee, der zum größten Teil direkt von bekannten Kaffeebauern eingekauft wird. Hardi unternimmt immer wieder Reisen zu den Kaffeeplantagen um die guten Beziehungen zu den Kaffeebauern zu pflegen und um die Qualität des Rohkaffees direkt vor Ort zu kontrollieren. Bei der Verarbeitung des Kaffees legen die beiden dann ein großes Augenmerk darauf, dass sich die für das Herkunftsland charakteristischen Eigenschaften eines Kaffees immer herausschmecken lassen und ihre regionalen Besonderheiten perfekt zur Entfaltung kommen.

Die Kaffeebauern, von denen Wildkaffee seinen Rohkaffee bezieht, gehen verantwortungsbewusst mit Ihrem Boden um und liefern nur ihre besten Rohkaffees. Selbstverständlich reicht das aber noch nicht aus, um Ihnen die gewohnt exklusive Qualität von Wildkaffee zu liefern. Ständige Fortbildungen des gesamten Teams und hochwertige Technik verbunden mit der Leidenschaft zum Kaffee führen zu der herausragenden Beschaffenheit unserer Kaffeebohnen. Hardi ist Mitglied der Deutschen Röstergilde und ist somit immer auf dem aktuellsten Stand bezüglich neuer Technologien und Röstverfahren.

Wir freuen uns, dass wir mit dem was wir machen, Menschen etwas Gutes tun können: den Kaffeebauern gegenüber mit einem fairen und freundschaftlichen Umgang und unseren Kunden gegenüber mit exzellenten Genusserlebnissen. Ihre Bestellungen sind unser Antrieb – Vielen Dank hierfür.

Natürlich wollen wir Sie auch direkt an unserer Leidenschaft teilhaben lassen. Deswegen haben wir seit Juni 2014 unser Cafe im Herzen von Garmisch-Partenkirchen für Sie geöffnet. Hier können Sie sich von unseren selbstgerösteten Kaffees und hausgemachten Köstlichkeiten verwöhnen lassen. Selbstverständlich können Sie unsere Kaffees und Zubehörteile hier auch direkt beziehen damit Sie zu Hause den Wildkaffee Genuss erleben können.“

Natürlich könnt ihr den Kaffee und Espresso nicht nur vor Ort testen und ausprobieren, sondern auch den Röstern über die Schulter blicken und euch in Barista-, Brew- und Latte Art-Kursen Fachwissen aneignen oder euer Kaffeewissen vertiefen.

Wildkaffee2Ausgewählte Sorten der Rösterei „Wildkaffee“ in der Vorstellung und im Geschmackstest

Für unseren Test hat uns „Wildkaffee“ die Sorten „Brasil Bio Sitio Tres Barras Microlot“, „Brasil Vargem Grande Microlot“, den „Hausespresso“, den Guatemala „Los Amigos“ und den „Wilderer Espresso“ zur Verfügung gestellt.

Die Filterkaffees haben wir mit der Comandante C40 MK3 Nitro Blade, die Espressi mit der Baratza Sette gemahlen. Zubereitet haben wir die Testexemplare im Hario V60-Handfilter, in der Chemex-Karaffe, in der Softbrew-Kanne, dem Siebträger, im Kaffeevollautomaten, der Herdkanne, der French Press, der AeroPress, der Madame Solo und im Cafflano für unterwegs.

Der „Hausespresso“

Bei diesem Espresso handelt es sich um einen Blend mit Bohnen aus Brasilien, El Salvador und Guatemala. Während vielen Kaffeeröstereien gerade bei Blends ziemlich zurückhalten sind, was die genauen Herkunftsorte / Farmen ihrer Kaffeesorten betrifft, gehen die „Wilden“ ganz offen und im Sinne der „Third Wave Coffee“-Bewegung damit um. Nachzulesen ist, dass der Brasilianer aus der

Region Cerrado Mineiro von der Farm Fazenda Capim Branco (Ismael José de Andrade) kommt. Dort wird er in einer Höhe von ca. 1100m angebaut und nach der Ernte „natural“ aufbereitet. Die für den Blend genutzte Varietät ist „Yellow Catuai“. Die Bohnen aus El Salvador stammen aus der Region Buenos Aires, Santa Ana von der Farm Las Nubes. Sie werden in einer Anbauhöhe von 1450-1500 m gepflanzt, gepflegt und abgeerntet, die Kaffeebohnen werden „natural“ aufbereitet. Die genutzte Varietät ist „Kenya“. Die dritte Blend-Bohne im Bunde stammt aus Guatemala Alejandrina, genauer gesagt aus der Region Huehuetenango, wo sie in einer Höhe von 1891m angebaut wird. Als Aufbereitungsart wird „gewaschen“ genannt, als Varietäten „Caturra“, „Pache Rojo“ und „Pache Verde“.

Unser Eindruck: Der Espresso ist nicht ganz so stark, wie befürchtet (der „typische Italiener“), verfügt aber dennoch über einen vollen Körper, ist cremig, besitzt schokoladige Noten, Anklänge von Karamell und ein wenig Zitrus in den Obertönen und eine für Espressi typische Würze.

Der „Wilderer“

Woher der Name „Wilderer“ stammt, dazu äußert sich „Wildkaffee“ so: „Es gibt viele Sagen um den Wilderer. Stark und kräftig soll er gewesen sein. “Stolz in seinen schönsten Jahren“, so wird der Wilderer Jennerwein beschrieben. Aus diesen Gründen haben wir diesem Blend den Namen „Wilderer“ gegeben.

Bereiten Sie den „Wilderer“ als Cappuccino oder Latte Macchiato zu. In Verbindung mit Milch kommt der kräftige, schokoladige Geschmack des Wilderer‘s perfekt zur Geltung.“

Hier muss man feststellen, dass die beiden Röstmeister leider sich komplett in Schweigen hüllen, was die Herkunft der Bohnen, die Varietäten und die Aufbereitungsart anbelangt. Auch auf der Verpackung ist leider nichts zu finden. Da sollte - im Sinne der Transparenz - nachgebessert werden!

Unser Eindruck: Ein rundum gelungener, ziemlich kräftiger und würziger Espresso, der ordentlich nach vorne geht mit Noten von Zartbitterschokolade und ein wenig Nuss. Etwas rauchig im Mund und lang im Abgang. Hat was!

Der „Sitio Três Barras Microlot“

Im Gegensatz zu großen Kaffeeplantagen, die ihren Kaffee eher industriell anbauen handelt es sich bei Microlots um kleine, meist nur wenige Hektar große Plantagen. Diese werden meist von einer Familie bewirtschaftet. So entsteht eine enge Bindung des Kaffees zu dem Farmer, anders als bei Großplantagen. Daher sind Microlot-Kaffees auch häufig von besonders hoher Qualität und in den Punkten Nachhaltigkeit und Fairness zu loben. So auch die Microlots von „Wildkaffee“. Bei diesem Kaffee handelt es sich um einen Kaffee mit Bohnen aus Brasilien. Sie stammen aus der Region „Corrego Fortaleza“ von der Finca Sitio Três Barras (unter der Leitung von Farmer Reinaldo Garcia Santos). Dort werden sie in einer Höhe von 1000 - 1400 m angebaut und „natural“ aufbereitet. Die Bohnen liegen in der Varietät „Red Catuaí 785“ vor.

Angaben zur Herkunft erklärt „Wildkaffee“ so: „Die Finca Sitio Três Barras liegt in der Region Corrego Fortaleza, Luisburgo. Der Farmer Reinaldo Garcia Santos ist der erste in seiner Familie, welcher mit hochwertigem Rohkaffee handelt. Als Reinaldo mit der Produktion von Kaffeespezialitäten begann konzentrierte er sich ausschließlich darauf Natural aufbereiteten Kaffee zu produzieren. Im Jahr darauf schaffte er sich eine neue Maschine an, um Pulped Natural Kaffee herstellen zu können. Mit Erfolg, Reinaldo produziert seitdem ausgezeichnete Kaffeespezialitäten. Reinaldo`s Sohn interessiert sich ebenfalls für Kaffee und möchte gerne eine Ausbildung zum Q-Grader absolvieren. Bei seiner Ursprungsreise nach Brasilien hatte unser Röstmeister Josef die Chance außergewöhnliche Kaffees aus der neuen Ernte zu verkosten. Aus diesem Cupping haben wir zwei der besten Kaffees für unsere neuen Microlots ausgewählt.“

Der „Vargem Grande Microlot“

Als zweiten Microlot haben wir einen weiteren „Brasilianer“ im Test. Dieser stammt aus der Region Serra do Caparao von der Finca „Vargem Grande“ aus einer Anbauhöhe von 1200 - 1300 m. Als einer der wenigen Sorten von „Wildkaffee“ wurde die Varietät „Red Catuaí IAC 44“ „honey“ aufbereitet.

Zur Kaffeefarm erfahren wir: „Seit 1940 ist die Finca Vargem Grande im Familienbesitz der Familie Assumpção. Auf der 30 Hektar großen Plantage von Renato Assumpção werden seit 2010 nur noch spezialitäten Kaffees angebaut. Renato ist erst 25 Jahre alt, beschäftigt sich von klein auf mit Kaffee und mit 18 Jahren stieg er in den Familienbetrieb mit ein. Von Jahr zu Jahr verbessert er den Anbau der Kaffeepflanzen und hat sich darauf spezialisiert nur drei verschiedene Varietäten zu kultivieren. Jedes Jahr werden ca. 280 Säcke Rohkaffee produziert, die sich in verschiedene Microlots aufteilen. Bei seiner Ursprungsreise nach Brasilien hatte unser Röstmeister Josef die Chance außergewöhnliche Kaffees aus der neuen Ernte zu verkosten. Aus diesem Cupping haben wir zwei der besten Kaffees für unsere neuen Microlots ausgewählt.“

Unser Eindruck: Beide von uns getesteten Microlot-Kaffees sind typische Brasilianer. Sie besitzen ein wenig Süße mit milder Säure und mittlerer Textur wobei der Vargem Grande noch ein wenig filigraner im Handfilter aufgebaut wird. Beides sehr elegante und tolle Kaffees.

Der „Los Amigos“

Last but not least hatten wir noch den „Los Amigos“ von der Finca „La Labor“ der Familie Montenegro im Test. Die Kaffeepflanzen werden in einer Höhe von 1520 m angebaut und nach der Ernte „gewaschen“ aufbereitet. Die eingesetzten Varietäten sind „Bourbon“, „Catuai“ und „Typica“.

Die Infos zur Finca: „Die Finca La Labor wird seit 1920 von Familie Montenegro betrieben und seitdem von einer Generation zur nächsten vererbt. Francisco Quezada gehört damit bereits der fünften Generation an. Er und seine Familie kümmern sich um den Erhalt und den hohen Qualitätsstandard dieser außergewöhnlichen Farm im Herzen von Guatemala Stadt.“

Unser Eindruck: Irgendwie lässt mich diese Sorte nicht los. Sie wirkt wie ein wilder Mix aus allem, was die Kaffeeregion Guatemala zu bieten hat. Da wäre die leichte Kakaonote, ein wenig Zitrus in den Obertönen, eine knackige Säure und etwas florales scheint auch mit dabei zu sein. Eine wahnsinnig aufregende Mischung!

Fazit: Die Kaffees und Espressi von „Wildkaffee“ überzeugen sowohl von der Qualität als auch vom Geschmack her. In Sachen Nachhaltigkeit und Fairness wird eine Menge Arbeit geleistet. An der Transparenz (Infos nicht nur bei einem Kaffee auf die Verpackung für Kunden, die den Kaffee online bestellen und Infos zu allen Herkunftsländern etc.) kann noch gearbeitet werden.

Die inn-joy Redaktion vergibt 9 von 10 Punkten.

Zusammensetzung der Gesamtbewertung:

Qualität: 9 von 10 Punkten

9Fairness und Nachhaltigkeit: 9 von 10 Punkten

Geschmack: 8,5-9 von 10 Punkten

Transparenz: 8 von 10 Punkten (nicht immer exakt nachvollziehbar)

Die inn-joy Redaktion bedankt sich bei Patrick Festerling von der „Kaffeerösterei Wildkaffee“ für die zur Verfügung gestellten Testexemplare.

L. Zimmermann

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