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Vorstellung und ausgewählte Sorten im Test: Grano Moreno

| Marc Heiland | Kaffeewelten

GranoMorenoBild1Manche Rösterei-Besitzer entstammen einer langen Familiendynastie. Manche jedoch – und von ihnen gibt es in den letzten 15 Jahren immer mehr – kommen eher wie die sprichwörtliche „Jungfrau zum Kinde“. Oft haben sie vor ihrer Betriebseröffnung „etwas Vernünftiges gelernt“, sind Quereinsteiger oder erfüllen sich einen Jugendtraum. So auch im Falle von Bernhard Burnickl, Inhaber der Kaffeerösterei „Grano Moreno“ aus Velburg bei Regensburg. Warum Burnickl trotz seiner eher technischen Ausbildung für uns mit zu den besten Röstern gehört, die wir in den vergangenen Monaten vorstellen durften, wo aber auch noch Verbesserungspotential liegt, verraten wir euch in unserem Bericht und Test.

Zur Geschichte

„Wie kommt ein studierter Maschinenbauer zu einer Kaffeerösterei? Zur Leidenschaft für die bittersüße Bohne und ihre Geheimnisse fand ich über die Wissenschaft. Für ein Seminar an der Technischen Hochschule Regensburg analysierte ich unter anderem die Thermodynamik von Espressomaschinen – was viele Kaffeeverkostungen mit sich brachte – und war sofort fasziniert. Der endgültige Aha-Effekt folgte dann bei einer Tasse langweiligem Industriekaffee in der Cafeteria: Die mittelmäßige Qualität nahm ich richtig persönlich. Mir wurde bewusst, wie komplex dieses Genussmittel ist, das wir so selbstverständlich jeden Tag zu uns nehmen, wie geschichtsträchtig, wie wandelbar. Das Kaffeefieber hatte mich gepackt. Und so schaute ich während des weiteren Studiums permanent (zu) tief in die Espressotasse: Während ich für meine Abschlussarbeit verschiedene chemische Prozesse bei der Verarbeitung und Verpackung der Bohnen untersuchte, machte ich gleichzeitig eine Barista-Ausbildung sowie eine Rösterschulung. Weil ich es nicht erwarten konnte, experimentierte ich nebenher bereits mit eigenen Mischungen. Mein Ziel war klar: eine eigene Spezialitätenrösterei für richtig guten, ehrlichen und ursprünglichen Kaffee.

Am Ende der Geschichte steht ein köstlicher Anfang: Bei GranoMoreno kehren wir der Industrialisierung des Kaffees den Rücken und setzen auf traditionelles Handwerk. Hinter unseren Produkten stecken Mythen und Menschen – aber ganz gewiss kein Mainstream. Wir setzen auf fair und mit Respekt vor den Erzeugern gehandelte Rohware sowie schonend geröstete Bohnen. Genießen Sie unsere Kaffees ganz nach Lust und Laune mal temperamentvoll, mal sanft – genau wie das Leben. Más café!

„GranoMoreno…más café!“ ist ein Name der seinen Ursprung in Süd - und Mittelamerika hat. GranoMoreno, wörtlich übersetzt „braune Bohne“ und más café im übertragenden Sinne für „mehr echtes Kaffee Erlebnis.“ Die Farben grün und braun symbolisieren den Veredelungsprozess des Röstens, wobei der grün schimmernde Rohkaffee durch die traditionelle schonende Langzeitröstung die typische Bräune bekommt. Bei dem Gesicht in der Mitte des Logos handelt es sich um die Azteken Gottheit XIPE TOTEC – seines Zeichens Gott der aufkeimenden Saat.“

Nun seid ihr also über den Werdegang und die Entstehung von Gran Moreno informiert. Normalerweise versuchen wir ja immer selbst ein paar nette Zeilen zu schreiben (nein, wir sind aufgrund des schönen Wetters nicht zu faul), aber in diesem Fall ist der offizielle Text so schön, dass man da gar nichts hinzufügen möchte.

GranoMorenoBild2Ausgewählte Sorten im Überblick und im Geschmackstest

Kommen wir also nun zu dem, was die Meisten von euch besonders interessieren dürfte: Den Kaffee-Sorten und Espressi von Grano Moreno. Für unseren Test hat uns Bernhard Burnickl sechs Sorten zur Verfügung gestellt.

Die Verpackungen sind etwas ganz Besonderes und in dieser Form haben wir bei bislang keiner weiteren Kaffeerösterei Ähnliches gesehen. Denn die wiederverschließbaren Verpackungen werden durch einen Zip-Verschluss an der vorderen Seite (und nicht wie üblich von oben) geöffnet. Dadurch fällt das Öffnen wesentlich leichter und ihr benötigt keine Schere. Da nur ein kleiner Teil der Verpackung geöffnet wird, könnt ihr die Bohnen je nach Bedarf sauber umfüllen und komplett verschließen. Zuerst denkt man, dass es sich um ein Doppelfach handelt. Doch schnell erkennt man die tolle Verschlusstechnik und ist begeistert. Da kann sich manch anderer Mitbewerber auf dem Markt eine Scheibe von abschneiden!

Die Kaffee-Sorten und Espressi gibt es in verschiedenen Größen: 250g, 500g und 1000g. Auf der Vorderseite der Verpackungen befindet sich das Logo des Unternehmens, eine sehr schön gemachte und ansprechende schwarz-weiß (Bleistift) Zeichnung, der Name des Kaffees / Espressos, das Tassenprofil, Angaben zum Geschmack, Vorschläge zur Zubereitungsmethode, das Herkunftsland, Angaben zu den eingesetzten Varietäten und die Kontaktdaten. Auch das MHD ist mit dabei. Zwei kleine Verbesserungsvorschläge hätten wir: Zum einen sollte das Röstdatum mit auf die Verpackung gedruckt werden. Zum anderen wäre die exakte Herkunft (Finca / Farm), die Aufbereitungsart (bei einigen Sorten) und Anbauhöhe auch schön. Vielleicht lassen sich ja Infos für die Kunden noch auf die Rückseite drucken. Doch das ist – verglichen mit manch anderem von uns getesteten Mitstreiter – Kritik auf hohem Niveau.

Die drei Espressi und Kaffee-Sorten haben wir wie immer mit der Baratza Sette 270W und der Comandante C40 MK3 Nitro Blade frisch gemahlen. Zubereitet haben wir die Sorten im Hario V60-Handfilter, dem Siebträger, der French Press, der Softbrew-Kanne, dem Syphon und der AeroPress. Hier also unsere Geschmackseindrücke:

GARRUDO – „der Kräftige“

Bei diesem Kaffee handelt es sich um einen BIO-Kaffee nach DE-ÖKO-037 Norm. Geeignet ist er für die Herdkanne bzw. Espressomethoden und Vollautomaten. Der Kaffee stammt aus Mexiko, genauer gesagt aus Chiapas (und da von der Finca de Flamingo), einer der beliebtesten und qualitativ besten Regionen des Landes. Über die Anbauhöhe erfahren wir (wie bereits erwähnt) nichts. Ebenso fehlen Angaben zur Finca, Nachhaltigkeit und Fairness. Der Arabica liegt in der Varietät „Caturra“ vor. Geschmacklich wird er beschrieben mit „schokoladig“.

Unser Eindruck: Wow! Was für ein Kaffee. Der Name ist hier tatsächlich Programm. Der kräftige Geschmack, die an dunkle Zartbitterschokolade erinnernden Noten – all das macht eine wunderbare Komposition aus diesem Kaffee. Mit dezenten Röstaromen und einem tollen Abgang weiß der GARRUDO voll und ganz zu überzeugen.

VELERO – der „Segelkaffee“

Auch dieser Kaffee ist ein nach DE-ÖKO-037 zertifizierter BIO-Kaffee. Der Kaffee hat seinen Namen vom Transport. Denn – wie der Name bereits verrät – der Transport der Kaffeebohnen erfolgt mit einem Segelschiff. Hierdurch können CO2-Emissionen verringert werden. Die Kaffeebohnen stammen aus dem Hochland Honduras. Mit dem Kaffee unterstützt das Unternehmen das „Slokokoffie“-Projekt für einen „guten Umgang mit unserer Umwelt durch gewissenhaften Konsum und eine nachhaltige Lebensweise.“ Die Geschmacksbeschreibung ist „Fruchtig, nussig“.

Unser Eindruck: Etwas eleganter, als der GARRUDO, aber nicht minder schmackhaft, ist der Segelkaffee. Die fruchtigen Noten kommen vor allem im Handfilter gut durch. Die Nussschokolade schwingt schön mit und im Abgang hallt der Kaffee eine gewisse Zeit nach. Diese Sorte kann man besonders gut jetzt im Frühling genießen.

TREMENDO – „der Teuflische“

Testkandidat Nummer drei ist „TREMENDO, der Teuflische“. Dieser Blend stammt aus Mexiko, Brasilien und Indien. Der Espresso soll ebenso gut mit Milch, als auch pur schmecken. Genauere Informationen zur Herkunft gibt es leider nicht. Hier besteht Verbesserungspotential!

Unser Eindruck: Der TREMENDO verfügt über eine milde Säure, mittlere Textur, geht dennoch gut nach vorne, ist dennoch recht harmonisch-ausgewogen und empfiehlt sich mit allen gängigen Milchkreationen.

AMANO – „Röster´s Liebling“

Dieser Espresso ist ebenfalls ein Blend aus 60 % Robusta aus Indien, 20 % Arabica aus Kolumbien und 20 % Arabica aus Brasilien. Somit will man einem italienischen Espresso mit Aromen von dunkler Schokolade näher kommen. Ob dies gelungen ist?

Unser Eindruck: Auch hier sind wir begeistert von der tollen Komposition des Blends. Dunkle „Herrenschokolade“, wie man die dunkle Zartbitter auch früher nannte, geht einem als erster Begriff durch den Kopf. Leicht erdige Noten, viel Körper und ein wunderbarer Abgang. Für uns mit Abstand der beste Espresso unserer Testreihe, der seinen Namen zurecht verdient hat.

ALMA NEGRA – „die schwarze Seele“

Der vorletzte Kaffee im Bunde ist der sortenreine ALMA NEGRA Kaffee. Dieser kommt aus Guatemala, und da aus der Region Alta Verapaz und Baja Verapas. „Im mittleren Norden von Guatemala, nahe der Hauptstadt Cóban, reift "El Jaguar" in unberührten Urwäldern wo der einheimische Jaguar und der Nationalvogel „Quezal“ leben. Der Kaffee besticht durch seine feine Würze und sein sehr kräftiges Aroma. Durch unsere schonende Langzeitröstung wird der Kaffee sehr bekömmlich und schmeckt einfach nur lecker - ein wirkliches Kaffeeerlebnis!“ Beschrieben wird er als „ausgewogen, mondän und mit rauchiger Note“.

Unser Eindruck: Sehr interessant! Dafür, dass viele Kaffees aus Guatemala eher süßlich oder floral geprägt sind, kommt dieser Kaffee verhältnismäßig kräftig daher. Und auch die Würze ist eher ungewöhnlich, aber – nicht zuletzt aufgrund der unerwarteten Überraschung – durchaus gelungen.

GranoMorenoBild3ABUELA BUENA - „Omas Bester"

Last but not least haben wir noch den Kaffee „ABUELA BUENA“. Vollmundige kolumbianische Stärke, gepaart mit mild nussiger brasilianischer Note. Unser ABUELA BUENA "Omas Bester", eignet sich bestens als schonender Filterkaffee und auch als wundererbarer Crema Kaffee für alle gängigen Vollautomaten. Mit Sicherheit Omas Lieblingskaffee!

Unser Eindruck: Last but not least haben wir hier wohl geschmacklich einen der Klassiker schlechthin, wie viele Deutsche ihren Kaffee lieben: Nussschokolade im Geschmack, recht mild und filigran in den Aromen. Ich persönlich würde dem Filter hier den Vorzug geben.

Fazit: In Sachen Qualität und Geschmack hat uns die Kaffeerösterei „Grano Moreno“ voll und ganz überzeugt. Auch wenn Testsiegel etc. eine Menge Geld kosten, wäre in Punkto Transparenz zu Fairness und Nachhaltigkeit noch mehr drin. Dennoch können wir den Kaffee und Espresso absolut empfehlen.

Eine Besonderheit, die wir so noch nicht gesehen haben, ist die interaktive Videoseite. Hier stellt sich Bernhard Burnickl nicht nur seinen potentiellen Kunden, Fans und Freunden des Unternehmens (noch einmal) persönlich vor, sondern bietet Interessierten auch noch die Möglichkeit, interaktiv zu schauen, welcher Lieblingskaffee nach welcher Zubereitungsmethode zu mir als Neuling passt und was man rund um das Unternehmen wissen sollte. Hierfür gibt es einen Extrapunkt, da wir diese Idee als besonders, ja fast schon wegweisend ansehen. Somit kommen wir abschließend zu folgendem Urteil:

Die inn-joy Redaktion vergibt 9 von 10 Punkten.

Zusammensetzung der Gesamtbewertung:

Qualität: 10 von 10 Punkten

9Fairness und Nachhaltigkeit: 7 von 10 Punkten (nicht genau nachvollziehbar bei manchen Sorten)

Geschmack: 10 von 10 Punkten

Transparenz: 8 von 10 Punkten (nicht immer genau nachvollziehbar)

 

Die inn-joy Redaktion bedankt sich bei der Kaffeerösterei „Grano Moreno “ für die zur Verfügung gestellten Testexemplare.

 

D. Stappen

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