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Vorstellung und ausgewählte Sorten im Test: Schramms Kaffeerösterei

| Marc Heiland | Kaffeewelten

Schramm1Die Stadt Speyer ist eine der ältesten Städte Deutschlands. Bereits die Römer siedelten im heutigen Rheinland-Pfalz. Im Mittelalter war Speyer eine der wenigen freien Reichsstädte und gehört im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation zu den tragenden Säulen der Macht. Hier steht die weltweit größte, noch erhaltene romanische Kirche, der „Speyrer Dom“ und hier gibt es eines der größten Technikmuseen. Was vielleicht eher die Rheinland-Pfälzer wissen, als der Rest der Republik, ist die Tatsache, dass aus Speyer auch sehr guter Kaffee kommt. Zu verdanken haben wir dies „Schramms-Kaffeerösterei“, einer Ladenrösterei mit Espressobar, die es seit 2005 in Mitten von Speyer gibt. Dort führen Silke Grun und Kai Schramm nicht nur ihren Laden, sondern rösten ihren Kaffee selbst. Natürlich werden die Kaffees nur in kleinen Mengen geröstet und im Sinne der „Third Wave Coffee“-Bewegung auch stark auf Nachhaltigkeit und Fairness Wert gelegt. Wir durften einige Kaffees und Espressi verkosten und berichten euch nun von unseren Geschmackserlebnissen mit „Schramms-Kaffeerösterei“.

Bei den von „Schramms“ angebotenen Sorten handelt es sich sowohl um Blends als auch um Sortenreine. Der Schwerpunkt im Bereich der Bohnen liegt hierbei bei Hochland-Arabicas in verschiedenen Varietäten und Aufbereitungsarten. Bei „Schramms“ versucht man möglichst viele Kaffees über Direkteinkauf („direct trade“) einzukaufen, um die Kaffeebauern noch besser bezahlen zu können. Besonders viel Wert legen die Rösterei-Inhaber darüber hinaus auf Fair Trade. Darüber hinaus reisen sie auch in die Herkunftsländer der Kaffees, um sich vor Ort von den Anbaumethoden und der Qualität des angebauten Kaffees zu überzeugen. Hierdurch können sie die Nachhaltigkeit und Fairness sowie die Transparenz („von der Pflanze bis zur Tasse“) garantieren. Die Röstergilde hat in den vergangenen Jahren diverse Sorten von „Schramms Kaffeerösterei“ prämiert. Ansonsten gibt es die „üblichen“ Zertifikate wie das „Bio“-Siegel und das Siegel für Nicht-EU-Landwirtschaft, dass allerdings nicht sonderlich viel über die Qualität des Kaffees aussagt, sondern darüber, dass auf den Plantagen vor Ort keine Pestizide etc. eingesetzt werden und auf bestmögliche Nachhaltigkeit gesetzt wird. 2014 wurde „Schramms Kaffeerösterei“ im Fachmagazin „Der Feinschmecker“ empfohlen. Eine schöne Idee sind die so genannten „Probiersets“, mit denen die Kunden sich zunächst ein Bild von den Kaffeesorten machen können. Auf der Homepage finden sich dann auch weitere Informationen zu den Plantagen und Finca-Besitzern, zum Anbau, zu den eingesetzten Varietäten und zur Aufbereitungsart.

Abgepackt werden die Kaffees und Espressi in schicken, schwarzen Tüten. Leider hat man sich für die „Spitztüten“ entschieden, die man erst nach hin und her probieren hinstellen kann. So muss man bei der Entnahme der Bohnen die Verpackung mit einer Hand festhalten und kann mit der anderen Hand füllen. Ein klein wenig umständlich. Dass die Bohnen in aromaversiegelten Verpackungen geliefert werden, gehört heute schon zum Standard. Auf den Verpackungen gibt es Angaben zum Produktnamen, zum Kaffee jedoch nur in eingeschränkter Weise, was ein wenig schade ist, erfährt der Käufer bei einem Spontankauf nicht, in welcher Varietät der Kaffee vorliegt und von welchen Plantagen er stammt. Auch die Aufbereitungsart fehlt. Die Aussage „Hochland-Arabica“ sagt zwar generell ein wenig über die Qualität, dennoch wären detailliertere Aussagen wünschenswert. Im Sinne der Transparenz sollte hier noch ein wenig optimiert werden. Was ebenfalls fehlt ist das Röstdatum. Das MHD ist hingegen vorhanden. Last but not least finden wir noch ein knappes „Tassenprofil“ auf den Verpackungen.

Schramm4Die Kaffees und Espressi - Vorstellung und Geschmackstest

Den Test haben wir in zwei Teile gegliedert. Zuerst folgt eine kurze Vorstellung der Produkte durch „Schramms Kaffeerösterei“ selbst. Danach geben wir einige kurze Eindrücke zu unseren Testerfahrungen wieder.

Für unseren Test hat uns die „Schramms Kaffeerösterei“ je drei Kaffees und drei Espressi zur Verfügung gestellt. Alle Kaffeesorten haben wir als Ganze Bohne getestet, um den Kaffee selbst mahlen zu können und die bestmögliche Frische zu erhalten. Den Kaffee haben wir sowohl per Hand mit der „Comandante C40 MK3 Nitro Blade“ als auch maschinell mit der Einsteiger-Maschine „Baratza Encore“ gemahlen. Getestet haben wir die Kaffees und Espressi in der FrenchPress, dem Handfilter Hario V60, dem Kaffeevollautomaten, im Siebträger, für unterwegs im Cafflano, in der Soft Brew-Kanne und im „Cafe Solo“. FrenchPress, Karlsbader- und Herdkanne haben wir außen vor gelassen, da die Zubereitungen doch recht ähnlich sind.

Java Natural

Der reinsortige Java Natural stammt aus Kolumbien und besteht aus der Varietät Java. Er ist trocken aufbereitet (Natural) und hell geröstet. Er sollte ausschließlich als Filterkaffee verwendet werden. Durch die helle Röstung hat er eine präsente Säure und Aromen von roten Beeren. Die Zucker sind noch nicht vollständig karamellisiert, so dass man in der Tasse eine ausgeprägte, mit der Säure harmonierende Süße registriert.

Die trockene Aufbereitung führt manchmal zu geschmacklichen Irritationen. Daher möchte ich Sie darauf hinweisen, dass solche Kaffees Aromen aufweisen, die auch als weinartig beschrieben werden können bzw. die entfernt an z.B. Cidre erinnern.

Unser Eindruck: Der „Java Natural“ ist der erste Kaffee, den wir getestet haben. Wir haben in im Handfilter und in der FrenchPress sowie in der Soft Brew-Kanne zubereitet. Vor allem im Handfilter besticht der Kaffee durch filigrane Beeren-Aromen. Geschmacklich ist der Kaffee schwierig zu beschreiben. Man hat das Gefühl, als gäbe es eine gewisse „Grundbasis“ und die Beeren-Noten setzen sich noch oben auf. Die leichte Säure ist – gemeinsam mit der leichten „Restsüße“ – eine sehr interessante Kombination. Im Abgang bleibt der Kaffee angenehm. Röstaromen sind keine auszumachen. Sehr interessant, vielleicht nicht jedermanns Sache, aber durchaus eine Überraschung, würde man einen solchen Kaffee unter Umständen doch eher bei einem Yirgacheffe oder anderen äthiopischen Kaffees vermuten, als bei einem Kolumbianer.

Schramm2Tunki Kooperative Cecovasa

Der Tunki ist einer unserer fair gehandelten Kaffees. Er stammt von der Genossenschaft CECOVASA aus dem Süden Perus. Jedes Jahr werden die Kaffees dieser Genossenschaft mit Preisen überhäuft, so dass man ihn als einen der bestprämiertesten Bio-Kaffees der Welt bezeichnen kann.

Der Tunki hat geschmacklich keine Spitzen. Für einen peruanischen Kaffee hat er eine komplexe Textur und dennoch eine klare Tasse. Säure und Süße sind ausgewogen und ergeben mit einer guten Fülle einen harmonischen Kaffee. Man findet leicht florale Noten und einen schokoladigen Abgang.

Unser Eindruck: Im Gegensatz zum ersten Kaffee, dem Java Natural, ist dieser (Micro-Lot) Kaffee ein wenig schwächer. Auch wenn die blumigen Noten durchaus überzeugen können, hat der Kaffee etwas „wenig auf der Brust“. Wer es eher leichter mag, greift zu. Ich würde nicht so weit gehen, den Kaffee als „langweilig“ zu bezeichnen. Doch wirkliche Highlights oder „Wow“-Momente sucht man beim „Tunki“ vergeblich.

Monsooned malabar indien Espresso

Der aus Südwestindien stammende Monsooned Malabar hat eine Besonderheit. Er wird während der Monsunzeit für einige Wochen in offenen Lagerhäusern dem Monsun, also Wind und Feuchtigkeit ausgesetzt. Dieses sogenannte „monsoonig“ führt zu besonderen Aromen, die man als schokoladenartig bezeichnen kann.

Gut geeignet als Kaffee im Vollautomat, gegebenenfalls auch als Espresso, aber auch als Filterkaffee.

Unser Eindruck: Ja. Der gute alte Malabar aus Indien. Mit diesem „Kaffee“ (eigentlich handelt es sich ja nur um die Aufbereitungsart) wurden wir in den vergangenen Jahren als potentielle Käufer regelrecht überschwemmt. Jede Rösterei, die etwas auf sich hält, bietet diese Sorte an. Dem Einen gefällt Kaffee, der auf diese Weise aufbereitet wird, der Andere findet es recht uninteressant. Ich persönlich stehe da irgendwo zwischen den Stühlen. Die leichte Säure des Kaffees ist angenehm, der Kaffee im Geschmack recht stark und die schokoladigen, ein wenig erdigen Noten wissen zu gefallen. Auch wenn er hier als Kaffee für den Vollautomaten vorgeschlagen wird, würde ich ihn als klassischen Filterkaffee empfehlen, da er so noch ein wenig feinere Aromastrukturen erhält.

Sao Silvestre Cafe do brasil

Der São Silvestre ist eine mild bis mittelkräftige Espressoröstung. Es ist ein reinsortiger, brasilianischer Spezialitätenkaffee von der Plantage São Silvestre, die mit über 1200 Metern eine der höchstgelegensten Kaffeeplantagen Brasiliens ist.

Unser Eindruck: Wer als Kaffee-Fan den Namen der Plantage hört, bekommt glänzende Augen. Denn die Plantage, die in rund 1200 Metern Höhe auf fruchtbarem Vulkanboden liegt, gehört Ismael Andrade. Andrade hat mit seinem Kaffee bereits den „cup of excellence“ gewinnen können und seine Kaffees gehören mit zu den besten Kaffees in ganz Brasilien. Ismael Andrade legt großen Wert auf Kaffeeanbau mit ökologischer Nachhaltigkeit. Das heißt, dass er auf chemische Düngung verzichtet und ein spezielles Aufbereitungsverfahren nutzt, welches wassersparend ist. Die Bohnen werden getrocknet und dann gewaschen, so dass sie ein einzigartiges Charakter bekommen. Mit dem Erlös werden soziale Projekte (Krankenhäuser, Fußballverein) in Brasilien unterstützt.

Geschmacklich ist der Espresso sehr fein, besitzt eine angenehme, geringe Säure, leichte Schoko- und Karamellnoten und einen harmonischen Abgang.

Santo chielo Espresso

Der Santo Cielo, ein mittelkräftig gerösteter Espresso, ist der einzige Kaffee mit einem Robustaanteil (20%). Er ist leicht würzig und nussig. Wir schenken ihn seit vielen Jahren in unserer Espressobar aus.

Unser Eindruck: Wenn auch hier ein klein wenig mit Informationen zu den Farmen, der Aufbereitung und den Varietäten gegeizt wird, kann der Espresso durch seinen vollen Körper, seine Würze und die nussigen Aromen überzeugen. Ich persönlich empfehle ihn eher für den Siebträger als für den Kaffeevollautomaten. Der „Santo chielo“ kann auch gut als „Cappuccino“ oder „Latte Macchiato“ genossen werden.

Regenwald Espresso

Der Regenwaldespresso, ein reinsortiger Kaffee, ist eine Besonderheit. Er wächst wild im Regenwald Äthiopiens, dem Ursprungsland des Kaffees. Er hat besondere Aromen, die man in anderen Kaffees nicht vorfindet. Er ist, wie der Java aus Kolumbien, ebenfalls ein Natural. Allerdings mit völlig anderen, wilden Aromen.

Der weltweit einzige Wildkaffee stammt aus den letzten Bergregenwäldern der uralten Region Kaffa im Ursprungsland des Kaffees Äthiopien. Die wilden Kaffeebäume wachsen dort an zum Teil sehr steilen Waldhängen des Bonga Forest. Im 16. Jahrhundert wurde der Kaffee aus der Region Kaffa von den Arabern in die Welt exportiert - daher der Name coffea arabica. Heute gibt es in Äthiopien Hunger und Krieg und die Bauern roden die letzten ursprünglichen Wälder, um Nahrung anzubauen. 'Orignal Food', 'Geo schützt den Regenwald e.V.' und andere Organisationen setzen sich mit ihrem Wildkaffee-Projekt für soziale und ökologische Nachhaltigkeit ein. Die äthiopischen Kaffeebauern bekommen einen guten Lohn, wenn sie die wildwachsenden Kaffeefplanzen erhalten und die Kaffeekirschen an den Hängen der Bergregenwälder sammeln.

Die außergewöhnlichen Bohnen dieses kräftigen Espressos entwickeln eine unglaubliche Fülle würziger, unvergleichlicher "wilder" Aromen.

Unser Eindruck: Wenn man als Kaffee-Liebhaber allein diese Informationen liest, so bekommt man eine gewisse Ehrfurcht vor dem Produkt. Denn wenn man sieht, wie schwer es gerade für die Kaffeebauern Äthiopiens teilweise ist, den Kaffee zu ernten und welche Umstände generell in dem eigentlich so wunderbaren Land herrschen, dann kann man nur staunend zurückbleiben, ob der Tatsache, dass es noch immer möglich ist, dort überhaupt so qualitativ hochwertigen Kaffee zu produzieren. Geschmacklich handelt es sich um einen sehr interessanten Kaffee, da er so absolut untypisch für einen äthiopischen Kaffee ist. Das Florale geht ihm nahezu komplett ab. Dafür überzeugt der volle Körper des Espressos mit einer tollen Würze. Man könnte leicht in Versuchung geraten hier zu meinen, der Espresso wäre zu stark geröstet. Doch dies sind in der Tat die „natürlichen Aromen“ der Kaffeekirsche. Ein beeindruckender Espresso, den man gerne seinen Freunden serviert.

Fazit: „Schramms Kaffeerösterei“ bietet qualitativ hochwertigen Kaffee, setzt auf Nachhaltigkeit und Fairness und überzeugt durch tolle Röstprofile. Ein Hauch mehr Transparenz hier und dort (und das Röstdatum auf der Verpackung!) – mehr geht kaum.

Die inn-joy Redaktion vergibt 9 von 10 Punkten.

Zusammensetzung der Gesamtbewertung:

Qualität: 9 von 10 Punkten

9Fairness und Nachhaltigkeit: 8 von 10 Punkte

Geschmack: 8-9 von 10 Punkten

Transparenz: 9 von 10 Punkten

Die inn-joy Redaktion bedankt sich bei „Schramms Kaffeerösterei“ für die zur Verfügung gestellten Testmuster.

D. Stappen

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