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Vorstellung und ausgewählte Sorten im Test:

| Marc Heiland | Kaffeewelten

WickednMellowWenn man sich heutzutage entscheidet, eine Kaffeerösterei zu eröffnen, dann benötigt man viel Leidenschaft für das Produkt, eine ordentliche Portion Mut, sich auf dem umkämpften Markt zu behaupten und gewisse Ideen, die einen von den Mitbewerbern abheben sowie natürlich erstklassigen Kaffee. Anderenfalls kann man schneller die Segel streichen, als man „Kaffee“ sagen kann. Umso höher ist es ihnen dann anzurechnen, wenn sich junge Unternehmerinnen und Unternehmer nicht vom eigentlich schon jetzt gesättigten Markt beeindrucken lassen, und „ihr Ding“ machen. Zu diesen Jungunternehmern bzw. Neuzugängen in der „Kaffeebranche“ gehört seit gerade einmal einem halben Jahr (unseren Glückwunsch nachträglich!) auch die auf den extravaganten Namen hörende Kaffeerösterei „Wicked'n'Mellow“, die sich im bayerischen Hallstadt / Bamberg niedergelassen hat.

Mit kleinen Schritten zum Erfolg

Ein altes Sprichwort heißt – nicht ohne Grund – „Vor den Erfolg haben die Götter den Schweiß gesetzt“. Dies dürfte zweifelsfrei auch für Rösterei-Inhaber Patrick Baer gelten. Denn nicht nur, dass er sich jetzt erst einmal in der Kaffee-Szene einen Namen machen muss (wobei wir ihm mit diesem kleinen Artikel gerne eine Hilfe leisten möchten), sondern auch im ganz kleinen Rahmen anfängt. Denn neben ihm zeichnet nur seine Partnerin und Ehefrau Sumire Nawano für die Geschäfte von „Wicked'n'Mellow“ verantwortlich.

Doch eines nach dem anderen. Wie kam Patrick Baer zur eigenen Rösterei? Eigentlich hatte der knapp über 30jährige Baer mit der Branche nicht viel am Hut. Denn bis vor einiger Zeit war er überall auf der Welt unterwegs. Seine Reisen führten ihn in diverse Länder, unter anderem nach Japan, wo er seine jetzige Frau kennenlernte. Auf seinen Reisen kam er mit verschiedenen Kulturen und der Kaffeekultur in Berührung und verliebte sich so nicht nur in Sumire Nawano, sondern auch in Kaffee. Kaum wieder in Deutschland angekommen, reiften erste Überlegungen, eine eigene Rösterei zu eröffnen. Doch so schnell sollte es dann doch nicht gehen. Denn zunächst mussten ja die Basics, also das Erlernen des Kaffee Röstens her. Diese Grundlagen holte sich Patrick Baer aus der Hansestadt Hamburg, genauer gesagt, von der dort ansässigen Kaffeerösterei „Quijote“. Ihre Zelte schlugen Patrick Baer und seine Frau dann in Hallstadt in der Nähe von Bamberg auf. Dort erwarben sie eine alte Motorradwerkstatt, die sie für ihre Zwecke um- und ausbauten. Geröstet wird sowohl hell, als auch dunkel, weil es seine Kunden gerne so mögen.

In seinem Shop bietet Patrick Baer aktuell (Stand 03/18) sieben Kaffees und vier Espressi an. Für drei Sorten („Omniroast“) empfehlen sie sowohl die Zubereitung im Siebträger, als auch im Handfilter. Darüber hinaus findet ihr im Shop noch diverses Zubehör der Marke Hario, einen Meßlöffel, Kännchen im Zweierset und ein Teekännchen (Myako). Außerdem bietet Baer aktuell Cuptasting (Verkostung) und ein Kaffeeseminar in seinem Café.

Den eher unkonventionellen Namen (der wohl die beiden Inhaber am besten charakterisiert) erklärt Patrick Baer so: „Was Wicked and Mellow bedeutet…ist nicht mit einem Wort zu beschreiben. Viel mehr ist Wicked frei zu übersetzten und bedeutet soviel wie , schick, geil, mega, und vielleicht doch ein bisschen böse. Mellow ist das smoothe Gegenstück dazu.“ Mal schauen, ob seine Kaffees dem Motto auch gerecht werden können.

Für unseren Test hat uns Patrick Baer drei Filterkaffees aus Panama, Ruanda und Sambia zur Verfügung gestellt. Interessant ist hierbei, dass Kaffees aus Sambia doch bei vielen Kaffeefans hierzulande eher unbekannt sein dürften. Ebenfalls mitgeliefert wurden drei Espressi aus Kolumbien, Peru und ein Blend mit Arabica aus Myanmar und Robusta aus Indonesien. Die Filterkaffees haben wir unter anderem im Hario V60-Handfilter und in der Soft Brew-Kanne zubereitet. Für die Verkostung der Espressi haben wir einen Siebträger, einen Kaffeevollautomaten und eine AeroPress genutzt. Gemahlen haben wir die Sorten mit der Commandante C40 MK3 Nitro Blade und der Baratza Sette.

Der Filterkaffee aus Ruanda

Der „Sake“ aus Ruanda ist ein fair gehandelter Kaffee, mit dem auch soziale Projekte unterstützt werden. Zum Beispiel gehört er zur „Sake Womens Washing Station“. Wir erfahren: „Hier werden während des gesamten Jahres auf den Farmen 65% Frauen eingesetzt um ihnen eine Einkunftsmöglichkeit und somit eine bessere Zukunft zu bieten.“

Der Kaffee stammt – wie bereits erwähnt – aus der Region Sake, wo er in einer Höhe von etwa 1100-1200m angebaut wird. Die „washed“ aufbereitete Varietät „Bourbon“ kommt hier zum Einsatz.

Unser Eindruck: Kaffees aus Ruanda sind im Allgemeinen für ihr ausgewogenes Aroma, ihren stark ausgeprägten blumigen und floralen Noten im Afrikanischen Osten bekannt. Ruanda ist – im Vergleich mit anderen Ländern – ein recht junges „Kaffeeland“, wurde der Kaffee doch erst im Jahr 1904 angepflanzt. In Ruanda gibt es rund 500.000 Kleinbauern, die sich mit dem Kaffeeanbau beschäftigen. Die alten Bourbon-Bäume in Ruanda bringen eine hervorragende Qualität mit sich.

Dies erkennt man auch am vorliegenden Kaffee. Er ist recht vollmundig und bietet einen echten „fruit punch“ und einige tolle blumige Obertöne, was ihn sehr schmackhaft macht, aber ebenfalls nicht den Mainstream treffen dürfte (und das ist auch gut so!) Im Abgang hallt er recht lang nach. Sehr gut geröstet!

kaffeesortimentwinmeDer Filterkaffee aus Sambia

Bei diesem sortenreinen Arabica handelt es sich um einen hell gerösteten Filterkaffee, der aus der Region Munali Hills stammt. Dort wird er in einer Höhe von rund 1600-2000m angebaut. Die Varietät „Arabica“, die hier vorliegt, wird „washed“ aufbereitet. Der mild tropische Klima sorgt für ideale Bedingungen.

Unser Eindruck: Wie schon auf der Homepage beschrieben, verfügt dieser Kaffee über eine sehr feine Säure, eine schöne Textur, obstige Aromen und einen fein ausgebildeten Körper mit weichem Abgang. Ein schöner Nachmittagskaffee zur Entspannung.

Der Filterkaffee aus Panama

Wer als Kaffeeliebhaber den Begriff „Geisha“ aufschnappt, der weiß ganz genau, was ihn erwartet. Denn diese Varietät des Arabica ist (im Vergleich zu anderen Varietäten) seltener und damit auch kostspieliger, entwickelt aber auch sehr komplexe Aromen, die oftmals recht floral und zugleich fruchtig daher kommen. So auch bei diesem Kaffee.

Die Bohnen, welche für diesen Filterkaffee verwendet werden, stammen von der Finca „Los Jurutungo“, die in der Region Boquet angesiedelt ist. Boquete ist das älteste und bekannteste Anbaugebiet Panamas. Das kühle und neblige Klima bringt viele prämierte und begehrte Kaffees hervor. Aufbereitet wird der in ca. 1800-2100m angebaute Kaffee „natural“.

Unser Eindruck: „Geisha“-Kaffees muss man wirklich mögen. Der blumige Geschmack ist nicht jedermanns Sache, auch wenn hier fruchtige Anklänge mitschwingen und eine subtile Säure das Ganze stützt. Da jedoch der Kaffee recht hell geröstet wird, kommt er ein wenig filigraner daher und sehr ausgewogen-harmonisch. Wer „Geisha“-Kaffee bevorzugt, sollte daher unbedingt diesen Kaffee ausprobieren.

Der Espresso Blend

Während die übrigen von uns getesteten Kaffees sortenreine Kaffees sind, handelt es sich hier um den einzigen Blend im Angebot der Rösterei. Zum Einsatz kommen je zur Hälfte Bohnen aus Myanmar und Indonesien. Schade, dass man keinerlei genauere Auskünfte erhält. Dies machen aber auch die „großen“ Kaffeeröstereien eher selten.

Unser Eindruck: Der Espresso ist eine interessante Mischung aus leichten Aromen aus Myanmar und nussigen Noten aus dem Robusta-Anteil aus Indonesien. Ein wirklich schön abgestimmter Espresso, der nicht ganz so extrem nach vorne geht, aber absolut als guter Espresso durchgeht.

Der Espresso aus Kolumbien

Der dunkel geröstete Espresso aus Lateinamerika stammt aus biologischem Anbau. Die Kaffeepflanzen wachsen in einer Höhe von 1400-1500m in der Region San Gil/Santander im Norden Kolumbiens unter Schatten auf der Hacienda „El Calapo“. Sie werden „washed“ aufbereitet. Für diesen Espresso liegen sie in den Varietäten „Castillo“, „Colombia“, „Caturr“ und „Geisha“ vor.

Unser Eindruck: Der Espresso ist ein typisch kolumbianischer Kaffee. Er ist vollmundig im Geschmack, besitzt einen ausgeprägten Körper, komplexe Aromen, ist süß, blumig-fruchtig und erinnert fast schon an einen exotischen Obstsalat. Ein Spitzenprodukt, dass vor allem am Nachmittag Lust auf Urlaub und Entspannung macht!

Der Espresso aus Peru

Unser letzter „Testkandidat“ stammt aus Peru, genauer gesagt, aus der Region: Chanchamayo. Hier wird er in 1200-1350m im nachhaltigen Verfahren auf gerade einmal 2ha angebaut und „washed“ aufbereitet. Die Varietäten dieses Espressos sind „Caturra“, „Pache“, „Typica“ und „Bourbon“.

Unser Eindruck: Der erdig-nussige Geschmack des Espressos, die ordentliche Würze und der volle Körper machen einen „typischen“ Espresso aus. Schmeckt gut – Punkt!

Fazit: In Sachen Qualität des Kaffees und Geschmack gibt es kaum etwas zu kritisieren. Dafür, dass es sich hier noch um ein so junges Unternehmen handelt, kann man nur sagen „Chapeau!“ Wir sind gespannt, wo die „Kaffeerösterei Wicked'n'Mellow“ da in einigen Jahren angekommen sein wird. Soweit es Patrick Baer (schon) möglich ist, hat er transparent dargelegt, wo der Kaffee her kommt und wie es um faire Bezahlung und Nachhaltigkeit bestellt ist. Hier kann dem Kunden künftig noch ein wenig mehr Auskunft im Sinne der „Third Wave Coffee“-Bewegung gegeben werden. Doch wie gesagt: Nach rund einem ½ Jahr am Markt bietet / leistet Baer schon wesentlich mehr, als manch anderes von uns getestetes Unternehmen nach Jahren oder Jahrzehnten! Dafür gibt es dann noch einen Bonus-Punkt (anstelle der eigentlichen 8 Punkte).

Die inn-joy Redaktion vergibt 9 von 10 Punkten.

Zusammensetzung der Gesamtbewertung:

Qualität: 9 von 10 Punkten

9Fairness und Nachhaltigkeit: 7 von 10 Punkten (nicht immer exakt nachvollziehbar)

Geschmack: 8,5 von 10 Punkten

Transparenz: 7,5 von 10 Punkten (nicht immer exakt nachvollziehbar)

Die inn-joy Redaktion bedankt sich bei Patrick Baer von der „Kaffeerösterei Wicked'n'Mellow“ für die zur Verfügung gestellten Testexemplare.

D. Stappen

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