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Vorstellung und ausgewählte Sorten im Test: Neues Schwarz

| Marc Heiland | Kaffeewelten

NeuesSchwarzBild1Wer an das Ruhrgebiet denkt, der denkt in erster Linie an stillgelegte Zechen, an ehemalige Hochöfen und Kokereien. Dann denkt er vielleicht an Currywurst, an Bier und in Sachen Kultur an das Gasometer, an das Bottroper Tetraeder, an die Extraschicht – die Nacht der Kultur, an Schalke 04 und Borussia Dortmund. Doch in den vergangenen Jahren ist noch ein weiterer Bereich dazugekommen: Der Kaffee made im Ruhrgebiet. Denn immer mehr Kaffeeröstereien siedeln sich im Gebiet zwischen Emscher und Ruhr, zwischen Lippe und Ennepe an. In unserer Rubrik „Kaffeewelten“ haben wir euch bereits diverse Röstereien aus dem Revier vorgestellt. Heute steht die Kaffeerösterei „Neues Schwarz“ im Fokus. Hierbei handelt es sich um eine inhabergeführte Kaffeerösterei mit angeschlossener Espresso- und Brewbar mit Sitz in Dortmund-Mitte. Da sich die Rösterei von Benedikt und Johannes Heitmann als „Teil der Third-Wave-Bewegung“ verstehen und wir gerade auf die „Pfeiler“ dieser Bewegung, nämlich „Transparenz“, „Nachhaltigkeit“, „Qualität“ und „Fairness“, bei unseren Tests ein Hauptaugenmerk legen, waren wir umso interessierter, als die Inhaber von Neues Schwarz sich bereit erklärten, uns mit ein paar Testmustern zu versorgen. Hier also unsere Unternehmensvorstellung mit „Geschmackstest“.

Vom Wasser mit Farbe zum hochwertigen Kaffee

Regelmäßige Leserinnen und Leser unserer Rubrik „Kaffeewelten“ wissen, dass wir selbst jahrelange (wie wohl die Meisten von euch auch) mit typischem Industriekaffee „ausgestattet“ waren. Bevor wir die Welt der hochwertigen Kaffees der vielen deutschlandweit vertretenen Kaffeeröstereien betraten, bestand unser Alltag aus „Wasser mit Farbe“, oder wie man bei uns im Revier sagt: „Schwatter Plörre“. So erging es auch Firmengründer Benedikt Heitmann. Vom industriell erzeugten Kaffee war er ebenso wenig begeistert und suchte nach Alternativen. Diese fand er in Nürnberg, wo ja bekanntlich einige sehr gute Kaffeeröstereien ansässig sind. Dort entflammte auch seine Leidenschaft für frisch gerösteten, qualitativ hochwertigen und geschmacklich facettenreichen Kaffee. Wie viele junge Röster ist auch Heitmann quasi ein Quereinsteiger, da er vor der Eröffnung seiner Rösterei rein gar nichts mit der „Szene“ zu tun hatte. Und so kam es, wie es kommen musste: Benedikt Heitmann stieg als Mitarbeiter der Rösterei in Nürnberg ein und sammelte fleißig Wissen über die Kunst des Kaffeeröstens. Zurück in Dortmund reiften seine Pläne, eine eigene Kaffeerösterei zu eröffnen. Dabei unterstützen ihn seit 2015 seine Frau und sein Bruder Johannes. Während sich sein Bruder um das Kaufmännische im Betrieb kümmert, ist seine Frau unter anderem für Design und PR zuständig. So ist die Kaffeerösterei Neues Schwarz – ganz im positiven Sinne – ein echtes „Familienunternehmen“.

Zu den Leitsätzen von Neues Schwarz erfahren wir: „Für uns gelten folgende Grundsätze:

Qualität

Unser oberster Grundsatz. Unsere Kaffeebohnen sowie alle angebotenen Getränke und Speisen sind sorgfältig ausgewählt und von höchster Qualität. Ständig sind wir auf der Suche nach den besten Rohkaffees des aktuellen Jahrgangs.

Transparenz

Wir kennen und schätzen die Herkunft unserer Bohnen. Die von uns gerösteten Kaffeebohnen stammen von kleinen, ausgewählten und gerecht bezahlten Produzenten. Wir sind bestrebt, langfristige Beziehungen zu unseren Produzenten aufzubauen und zu pflegen.

Handwerkliche Produktion

Geröstet wird ausschließlich bei uns im Laden an hochwertigen Maschinen. Wir nehmen uns viel Zeit für den Röstprozess und begleiten jeden Schritt persönlich. Bei Fragen zum Produktionsprozess stehen wir jederzeit zur Verfügung.

Röstverfahren

Wir rösten schonend und heller als industrielle Röstereien. Dadurch entwickeln unsere Kaffees eine große Geschmacks- und Aromenvielfalt. Regelmäßig finden Verkostungen, sog. „Cuppings“ in der Rösterei statt. Hierbei könnt ihr die Geschmacksvielfalt unserer Kaffees entdecken.

Frische

Die von uns verkauften und im Laden verarbeiteten Kaffees werden wöchentlich frisch geröstet und aromaschonend direkt in der Rösterei verpackt.

Einzigartigkeit

Mit unseren Qualitäts- und Produktionsansprüchen sind wir in der näheren Umgebung einzigartig.“

NeuesSchwarzBild2Soweit die Angaben des Unternehmens. Allerdings geht aus den Informationen nicht genau hervor, ob es sich um „direct trade“ Kaffee handelt und wie es vor Ort um die Bereiche Fairness (bei der Bezahlung) und Nachhaltigkeit (Einsatz von Chemie oder nicht, Unterstützung sozialer Projekte für die Kaffeebauern etc.) bestellt ist. Hier könnten noch weitere Informationen dem Interessierten gewährt werden.

Ausgewählte Sorten in der Vorstellung und im Geschmackstest

Für unseren Test hat uns Benedikt Heitmann freundlicherweise fünf ausgewählte Sorten zur Verfügung gestellt. Dieses sind die Espressi „Gorbota“, „Los Angeles“ und „Classic“ sowie die beiden Filterkaffee-Sorten „La Esperanza“ und „La Joya“.

Alle Sorten kommen in einer optisch schlichten Verpackung (Schwarz mit weißer Schrift bei den Espressi und Weiß mit schwarzer Schrift bei den Filterkaffee-Sorten) mit Vakuumventil und Zip-Verschluss daher. Gut gefällt uns nicht nur diese Lösung, damit man seinen Kaffee direkt aus der Verpackung mehrfach entnehmen kann, sondern auch die Tatsache, dass die Verpackung hingestellt und so der Kaffee vernünftig entnommen werden kann.

Auf jeder Verpackung befinden sich auf der Vorderseite das Logo von Neues Schwarz, der Name des Kaffees / Espressos, kurze Angaben zum Tassenprofil, Auskünfte zum Herkunftsland bzw. der Region, der Anbauhöhe, den vorliegenden Varietäten, der Aufbereitungsart, das MHD bzw. indirekt auch das Röstdatum (zurückzurechnen ein Jahr vom MHD) sowie Füllmenge der Verpackung und Kontaktinformationen. Darüber hinaus befindet sich auf dem Blend („Calssic“) noch die prozentuale Verteilung auf Arabica und Robusta. Bei den beiden übrigen Espressi handelt es sich um Single Origin-Sorten. Diese Informationen sind ebenfalls noch einmal auf der Homepage zu finden. Ebenfalls auf der Homepage (im Shop) gibt es noch Zubehör und Tee zu erwerben. Last but not least bietet der Internetauftritt von Neues Schwarz noch einen kleinen Blog.

Zubereitung

Gemahlen haben wir die Sorten – wie immer – mit unserer Comandante C40 MK3 Nitro Blade für die Filter-Kaffees und der Baratza Sette 270W für die Espressi. Zubereitet haben wir die Sorten im Hario V60 Handfilter, in der French Presse, dem Siebträger, im Kaffeevollautomaten, in der SoftBrew-Kanne, im Cafflano für unterwegs, in der Madame Solo, der Chemex, dem Syphon und in der AeroPress.

Geschmackstest

„La Esperanza“

Der erste Filterkaffee in unserem Test stammt aus Guatemala, genauer gesagt, aus Huehuetenango. In Guatemala finden sich die unterschiedlichsten Mikroklimata, von Berghängen bis zu Tiefebenen, die gemeinsam mit dem notwendigen Niederschlag und guten Böden für eine geschmacklich große Vielfalt sorgen. Insgesamt gibt es acht verschiedene Hauptregionen mit eigenem Geschmacksprofil. Ca. 270000 Hektar sind mit Arabica bepflanzt, im Südwesten gibt es Robusta-Anbau. Guatemala besitzt sowohl vom Regenwald geprägte Zonen, in denen der Kaffee so hoch angebaut wird, dass er oft in den tiefhängenden Wolken liegt, als auch vulkanische Bereiche mit trockenen Zonen im Südosten. Die nicht-vulkanische Hochebene von Huehuetenango (Departemento) ist die höchstgelegene Anbaufläche des Landes mit recht wenig Niederschlag und einer daraus resultierenden späten Ernte der Kaffeekirschen. Der dort geerntete Kaffee gehört mit zu den besten Sorten des Landes.

Der vorliegende Kaffee wird in einer Höhe von 1500m-1850m angebaut und „washed“ aufbereitet. Er liegt in den Varietäten „Caturra“ und „Bourbon“ vor.

Unser Eindruck: Der Espresso besticht durch seinen ausgeprägten Körper, seine feine, eine knackige Säure, fruchtige Beinoten und feine Anklänge von Milchschokolade. Im Abgang ist er angenehm und hallt recht lange nach. Ein toller Kaffee.

„La Joya“

Der zweite Filterkaffee stammt aus dem wunderschönen Costa Rica und dort aus West Valley von der Farm von Alexander Delgado Oviedo. Der Kaffee liegt in der Varietät „Catuai“ vor. Costa Rica verfügt über mehr als 50000 Kaffeeerzeuger. Rund 90% von ihnen sind kleine Farmer mit knapp fünf Hektar Land. In den vergangenen Jahren wurden in den Anbaugebieten viele Aufbereitungsanlagen („Beneficios“) errichtet, in denen einzelne Bauern oder auch kleine Gruppen / Kooperativen die eigene Ernte aufbereiten und auf diese Weise aufwerten lassen und selbst an Aufkäufer aus aller Welt verkaufen können. So werden vor allem die (kleinen) Familienbetriebe am Leben gehalten.

Unser Eindruck: Der Filterkaffee besticht durch eine komplexe fruchtig-süße Aromenstruktur kombiniert mit feiner Säure und einer sanften Textur. Er ist klar im Abgang und ist sehr gut trinkbar. Eine tolle und in sich stimmige Komposition und eine sehr harmonische Röstung.

„Los Angeles“

Die Bohnen dieses Espressos stammen ebenfalls aus Costa Rica, allerdings hier aus der sehr „prominenten“ Region Tarrazu. Die bekannteste Region des Landes steht für unter Schatten wachsenden Kaffee, der auf einer Höhe von 1200-1900m angebaut wird. Die dominierenden (und auch hier vorhandenen) Varietäten des „Red Honey“ aufbereiteten Arabicas sind „Caturra“ und „Catuai“. Die Ernte findet zwischen November und März statt.

Unser Eindruck: Für einen Espresso ist diese Sorte sehr fruchtig und besitzt auch eine gewisse komplexe Süße, die weit entfernt vom „klassisch“ italienischen Espresso entfernt ist, daher aber umso spannender daher kommt. Ein toller, nicht zu starker und im Nachhall sogar ein wenig filigraner Espresso, dessen Röstaromen sich dezent im Hintergrund aufhalten. Einfach nur top!

NeuesSchwarzBild3„Gorbota“

Espresso Nr. zwei in unserem Test ist der Single Origin aus Äthiopien und dort natürlich aus dem kleinsten aber besten Teil des Landes (was Kaffee anbelangt), aus Yirgacheffe. Der in der Varietät „Mixed Heirloom“ vorliegende Arabica wächst dort in 1900-2100m Höhe und wird „natural“ aufbereitet.

Unser Eindruck: Wie man es von einem Espresso aus der „Wiege des Kaffees“ erwartet, ist diese Sorte nicht nur „schokoladig“, sondern verfügt auch über fruchtige Noten. Wer es weniger floral mag, wie beispielsweise beim „Geisha“, der liegt hier genau richtig. Der Espresso ist wunderbar elegant und dennoch vollmundig im Geschmack, hat einen sauberen Abgang und liegt angenehm lange auf der Zunge. Ebenfalls ein top Produkt.

„Classic“

Als letzten Espresso haben wir den Klassiker im Test gehabt. Dieser setzt sich zusammen aus 30% Robusta aus Indien sowie aus 70% Arabica aus Brasilien. Während der Arabica in der Varietät „Yellow Bourbon“ „pulped natural“ aufbereitet wurde, ist der Robusta „washed“ aufbereitet. Beide Länder sind typisch für einen Espresso-Blend.

Unser Eindruck: Dieser Espresso geht stark nach vorne, besitzt einen kräftigen Körper, einen starken Geschmack, der an Nussschokolade erinnert und ist damit in der Tat ein „klassischer“ Espresso mit deutlichen, aber nie zu dominanten Röstaromen und einer schönen Crema.

Die uns zur Verfügung gestellten Kaffees und Espressi von „Neues Schwarz“ überzeugen allesamt durch sehr schöne und feine Röstprofile mit einem nahezu fehlerfreien Bohnenbild / Röstbild, tollen und abwechslungsreichen Geschmackserfahrungen und teilweise komplexen Aromastrukturen. Die Themen „Nachhaltigkeit“ und „Fairness“ werden eindeutig betont, aber nicht bis ins letzte Detail erläutert. So könnte auch in Sachen „Transparenz“noch ein wenig nachgebessert werden. Ansonsten können wir euch die Kaffeesorten und Espressi von „Neues Schwarz“ absolut empfehlen.

Die inn-joy Redaktion vergibt 9 von 10 Punkten.

Zusammensetzung der Gesamtbewertung:

Qualität: 9 von 10 Punkten

9Fairness und Nachhaltigkeit: 7 von 10 Punkten

Geschmack: 9 von 10 Punkten

Transparenz: 8 von 10 Punkten

Die inn-joy Redaktion bedankt sich bei Benedikt Heitmann von „Neues Schwarz“ für die zur Verfügung gestellten Testexemplare.

D. Stappen

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