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Vorstellung und ausgewählte Sorten im Test: Kaffeerösterei Bohnenschmiede

| Marc Heiland | Kaffeewelten

BohnenschmiedeBild1Was gehört eigentlich dazu, um einen perfekten Kaffee zu rösten? Gutes Equipment – ganz klar. Ein gewisses Talent am Röster – sollte ebenfalls vorhanden sein. Nur hochwertige Ware – versteht sich eigentlich von selbst! Was jedoch ganz fundamental ist, um nicht nur beste Qualität zu erschaffen, sondern den Beruf des Kaffeerösters auch über viele Jahre mit Spaß und mindestens auf gleichbleibend hohem Niveau durchzuführen, ist die Leidenschaft für den Beruf. Diesen sollte man niemals aus den Augen verlieren.

Und genau aus diesem Beweggrund hat auch Stefan Steidle sein Hobby zum Beruf gemacht und die Leidenschaft zur Kaffeebohne zu seiner täglichen Passion gemacht. Seit 2014 steht nun die Kaffeerösterei „Bohnenschmiede“ in Wehringen und sorgt für begeisterte Kunden. Da haben wir es uns natürlich nicht nehmen lassen, und bei Stefan Steidle angefragt, ob wir seine Bohnenschmiede vorstellen und ausgewählte Sorten testen können. Die Antwort blieb er uns nicht lange schuldig – Here we go!

Immer am Puls der Zeit

Wenn man heutzutage eine Kaffeerösterei eröffnet, dann muss man den Markt ganz genau beobachten. Denn die wichtigste Frage, die sich jedem Kaffeeröster-Meister stellt, lautet: „Was wollen meine Kunden?“ Während diese Frage vor einigen Jahren noch recht einfach beantwortet werden konnte, werden die Vorlieben immer komplexer. Denn während die einen ihren Kaffee und Espresso nach wie vor „klassisch“, als dunkel geröstet und mit Anklängen von Schokolade und eine gewisse Würze bevorzugen, lieben es die anderen eher floral oder fruchtig. Daher muss der Kaffeeröster stets ein breites Portfolio im Angebot haben, insofern er sich nicht eine Exklusivität hell gerösteter Kaffeesorten oder dunkler Sorten, Espressi „nach italienischer Art“ oder anderer Klassiker auf die Fahnen geschrieben hat.

Doch noch etwas muss der Inhaber einer Kaffeerösterei heutzutage beachten. Denn der kritische Kunde, von denen es Gott sei Dank immer mehr gibt, achtet heutzutage – ganz im Sinne der „Third Wave Coffee“-Bewegung auf Nachhaltigkeit, Fairness und Transparenz. Daher ist es unerlässlich, dem Käufer im Detail darzustellen, woher sein Kaffee kommt, ob die Kaffeebauern vor Ort „vernünftig“ (am besten über dem Fairtrade-Preis) entlohnt werden, ob eine gewisse Nachhaltigkeit herrscht und so fort.

Auch die Kaffeerösterei „Bohnenschmiede“ stellt sich diesen Fragen und beantwortet sie wie folgt:

Einkauf und Fairness:

Ein Großteil der Produkte wird direkt eingekauft, sodass keine Zwischenhändler und die Kaffeebörse in der Lieferkette beteiligt sind. Dadurch bleibt mehr Geld bei den Kaffeebauern. Jedes Jahr kommt ein weiterer Kaffee dazu. Da es Stefan Steidle sehr wichtig ist, dass die Kaffeebauern entsprechend entlohnt werden, ist die Entlohnung auch über den Börsenpreisen angesiedelt. Alle anderen "nicht-direct-trade" Sorten kauft das Unternehmen beim renommierten Kaffeehändler Rehm in Hamburg. Dort sind die Preise dann zwar nicht unmittelbar bis zur Kooperative nachverfolgbar, sondern nur bis zum Exporteur des jeweiligen Landes. Da Stefan Steidle auch bei Rehm nur Top-Qualitäten (Farmkaffees) einkauft, geht er davon aus, dass die Exporteure den Kaffeebauern auch mehr für diese bessere Qualität bezahlen. So wird es von Rehm kommuniziert. Um dies zu umgehen, werden die Sorten aber nach und nach direkt bezogen.

Nachhaltigkeit:

„Unsere Rösterei ist entstanden, weil wir die Idee, hatten einen Röster selber zu bauen. Von Anfang an haben wir daher viel selbst gebaut und wiederverwertet.“

Bei den Anschaffungen achtet man darauf, dass es sich überwiegend um gebrauchte Geräte handelt. Steidle weiter: „(...)und falls mal etwas defekt ist, reparieren wir das Meiste selbst.“ Die zum Einsatz kommenden Verpackungen werden in Kürze komplett auf Papier umgestellt. „(...) und wer möchte kann sich seinen Kaffee bei uns in eigene Gefäße abfüllen lassen. Kapseln oder Pads wird es bei uns nicht geben.“ Auch dies ist sehr zu begrüßen.

Ausgewählte Sorten in der Vorstellung und im Geschmackstest

Kommen wir nun zu dem Teil, der wohl die meisten von euch besonders interessiert – den „praktischen“ Teil.

Für unseren Test hat uns Stefan Steidle freundlicherweise drei ausgewählte Sorten zur Verfügung gestellt. Dieses sind die Espressi „Pure Verführung“ und „Singold Bohne“ sowie der Filterkaffee „Äthiopia Filter“.

Alle Sorten kommen in einer optisch schlichten Verpackung mit Vakuumventil und Zip-Verschluss daher. Gut gefällt uns nicht nur diese Lösung, damit man seinen Kaffee direkt aus der Verpackung mehrfach entnehmen kann, sondern auch die Tatsache, dass die Verpackung hingestellt und so der Kaffee vernünftig entnommen werden kann.

Auf jeder Verpackung befinden sich auf der Vorderseite das Logo der Kaffeerösterei Bohnenschmiede, der Name des Kaffees / Espressos und die Gewichtsangabe. Auf der Rückseite gibt es Informationen zum Herkunftsland (inklusive Region und Finca / Farm), zur Aufbereitungsart und zur Anbauhöhe der Pflanzen. Aussagen zu den Varietäten finden wir nicht. Last but not least gibt es eine kurze Tassenprofil-Beschreibung und das MHD.

Zubereitung

Gemahlen haben wir die Sorten – wie immer – mit unserer Comandante C40 MK3 Nitro Blade für den Filter-Kaffee und der Baratza Sette 270W für die Espressi. Zubereitet haben wir die Sorten im Hario V60 Handfilter, in der French Presse, dem Siebträger, im Kaffeevollautomaten, in der SoftBrew-Kanne, im Cafflano für unterwegs, in der Madame Solo, der Chemex, dem Syphon und in der AeroPress.

Geschmackstest

Die Texte zur Produktbeschreibung stammen von der Kaffeerösterei „Bohnenschmiede“ bzw. wurden von uns ergänzt. Die Geschmackseindrücke fassen wir kurz zusammen.

Pure Verführung

„Im Frühjahr 2016 wurden wir eingeladen, uns an der „Nacht der Verführung“ im Möbelhaus Bruckner in Schwabmünchen zu beteiligen. So haben wir es uns nicht nehmen lassen für diesen Abend eine eigene Mischung zu entwerfen und es entstand die „Pure Verführung“!“

Der Blend besteht zu 80% aus Arabica-Bohnen und zu 20% aus Robusta. Die Mischung enthält Kaffees aus Brasilien (pulped natural, Fazenda LaGoa), Guatemala (gewaschen, Plantation Pampojila), Äthiopia (natural, Direktimport Kooperative Anfiloo) und India Monsooned Robusta.

Unser Eindruck: Bei diesem Blend kommen die Bohnen aus den „klassischen“ Ländern für tollen Kaffee. Den kräftigen Körper verdankt der Blend seinem Anteil des indischen Monsoond und dem bodenständigen Kaffee aus Guatemala, die Schokolade kommt hinzu. Eine leicht spritzige Säure stammt aus Brasilien und die Beerennote aus dem äthiopischen Anteil. Ein wirklich schöner Espresso, der eine tolle Crema bildet und einen langen, intensiven Abgang besitzt.

Singold Bohne

„Mit der Singoldbohne haben wir eine besonders edle Röstung anlässlich der Eröffnung der Singold-Destillerie in Wehringen kreiert. Dieser gewaschene Kaffee ist ein Direktimport aus einem der besten Anbaugebiete der Welt im kleinsten Land Zentralamerikas: El Salvador. Die Bohne wird auf der Plantage Finca Argentina am Fuße des Vulkans Ilamatepec auf einer Höhe von 1.350 Metern angebaut.“

Unser Eindruck: Wer Kaffee aus El Salvador kennt, der weiß, was ihn hier erwartet. Denn Kaffeesorten aus den verschiedenen Regionen des Landes gehören ganz klar mit zu den aromatischsten Kaffees überhaupt. Dabei sind sie süß, cremig, oft mit Noten von Obst, Zitrusfrüchten, Schokolade und Toffee. Und genau diese tolle Kombination liegt bei diesem im Westen des Landes angebauten Kaffee vor. In der Region rund um die Departamentos Santa Ana, Sonsonate und Ahuachapan sind die klimatischen Bedingungen sowie die Bodenbeschaffenheit exzellent, was man dem Kaffee auch ansieht und schmeckt. Als Arabica-Varietäten dürften hier die typischen Pacamara vorliegen. Eine wunderschöne Kreation mit schokoladigen Noten, feine Struktur und eine tollen, nicht übertriebenen Süße, die Lust auf Mehr macht!

Athiopa Anfilo

„Diese Rarität stammt aus einer bergreichen Region von Wellega im Westen Äthiopiens. Dort wird Kaffee seit über 500 Jahren meist wild wachsend angebaut und sorgfältig aufbereitet.“ Der Kaffee wächst in einer Höhe von 1800m – 2200m und wird „washed“ aufbereitet.

Unser Eindruck: Der Geschmack des Filterkaffees ist sehr interessant, der er nicht unbedingt wie ein „typischer“ Kaffee aus Äthiopien schmeckt. Zwar bietet auch der „Anfilo“ die von vielen äthiopischen Kaffeesorten bekannten fruchtigen Noten, diese treten aber eher im Abgang deutlich auf. Im Mund selbst gibt sich eine betonte, aber nicht zu dominante Würze zu erkennen und auch die Honignote ist klar definiert. Der Kaffee bleibt eine gewisse Zeit im Mund stehen und ist klar im Abgang. Röstaromen sind angenehm zu erkennen, treten aber zu keiner Zeit der Verkostung nach vorne. Im Vergleich zum bekannteren Yirgacheffe oder zu Arabica aus Sidamo ist der Kaffee hier strukturreicher, süßer und „wilder“ im Geschmack. Optisch besticht der Kaffee durch ein saubere Bohnenbild, welches nur wenige Defekte aufweist.

Fazit: Schade, dass uns die Kaffeerösterei „Bohnenschmiede“ für den Test nur drei Sorten zur Verfügung gestellt hat. Denn wir hätten euch noch gerne weitere Sorten präsentiert. Die von uns getesteten Sorten konnten uns voll und ganz überzeugen. In Sachen Nachhaltigkeit und Fairness ist man auf einem guten Weg, der (ebenso wie die Transparenz) aber noch ausbaufähig ist. Somit ergibt sich folgende Gesamtbewertung:

Die inn-joy Redaktion vergibt 8 von 10 Punkten.

Zusammensetzung der Gesamtbewertung:

Qualität: 9 von 10 Punkten

8Fairness und Nachhaltigkeit: 8,5 von 10 Punkten

Geschmack: 9 von 10 Punkten

Transparenz: 7 von 10 Punkten (für den Kunden sowohl im Netz als auch auf der Verpackung nicht immer exakt nachzuvollziehen)

Die inn-joy Redaktion bedankt sich bei der Kaffeerösterei „Bohnenschmiede“ für die zur Verfügung gestellten Testexemplare.

D. Stappen

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