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Vorstellung und ausgewählte Sorten im Test: Kaffeerösterei Bad Saarow

| Marc Heiland | Kaffeewelten

BadSaarowBild1Der Beruf des Kaffeerösters wird leider noch immer von Männern dominiert. Unter den Spitzenröstern findet man nur wenige Frauen. Eine von ihnen ist Katja Straube. Gemeinsam mit ihrer Mutter, Diplomökonomin Heike Straube, die das Rösten ebenfalls seit Jahren betreibt und vor mehr als 10 Jahren die Rösterei eröffnete, führt die gelernte Restaurantfachfrau die „Kaffeerösterei Bad Saarow am Scharmützelsee“, einer Gemeinde in Brandenburg. Katja Straube ist – trotz ihres jungen Alters von 29 Jahren – bereits Barista und Coffeologin/SCAE-II Zertifiziert (SCAE = Speciality Coffee Association of Europe). Damit steht sie ein Level unter dem „Master Barista“, von dem es weltweit nur eine Handvoll gibt. Natürlich haben wir uns ganz besonders gefreut, von ihr selbst geröstete Kaffeesorten und Espressi verkosten zu dürfen. Unseren Erfahrungsbericht hierzu, lest ihr im Folgenden.

Klein aber fein

Im beschaulichen Städtchen Bad Saarow haben die beiden Damen einen kleinen Laden, in dem ihr nicht nur Kaffee kaufen, sondern euch auch auf einen gemütlichen Plausch treffen und die Zeit um euch herum vergessen könnt. Darüber hinaus bietet Katja Straube auch andere Getränke, die „irgendwie mit Kaffee, Tee, Schokolade oder anderen Genüssen zu tun haben“, so die Coffeologin auf ihrer Homepage. Neben den allgemeinen Öffnungszeiten (Montag – Samstag 10 Uhr – 19 Uhr Sonntag 13 Uhr – 18 Uhr) bietet Katja Straube jeden letzten Donnerstag im Monat von 19 Uhr – 20:30 Uhr Kaffeeverkostungen an. Mutter Heike Straube röstet – was heutzutage eine wirkliche Seltenheit ist – den Kaffee noch von Hand und verzichtet bewusst auf den Einsatz von moderner Computersoftware, mit der sie nahezu sämtliche Komponenten des Röstvorgangs maschinell beeinflussen kann. So bleiben Herz und Seele des Rohkaffees erhalten.

Für diejenigen, die nicht wissen, was eine Coffeologin auszeichnet, erklärt Straube ihren Beruf: „Die Ausbildung erfolgt an Europas größtem Schulungs- und Ausbildungscenter, dem Coffee-Consulat in Mannheim. In den Meisterklassen lernt der angehende Coffeologe die gesamte Wertschöpfungskette kennen. Die klassische Theorie vermittelt alles über Botanik, Anbau, Anbaugebiete, Aufbereitung, Handel, Lagerung, Röstung, Zubereitung, Verkostung und Brühmethoden und den Kaffeemarkt. Die Praxis lehrt verschiedene Mühlentechniken, Kaffeemaschinen, Zubereitungsarten, LatteArt, Kaffee als Bargetränk, und als Frozen-Drink.“ Man merkt: Die Frau hat enorm viel Ahnung von dem, was sie tut...

Im Sinne der „Third Wave Coffee“-Bewegung achtet Katja Straube auch darauf, dass die von ihr vertriebenen Sorten aus dem Direktimport stammen, also keine Zwischenhändler (oder sogar die Kaffeebörse) in der Kette vom Strauch bis zur Tasse mit beteiligt sind und so mehr Geld beim Kaffeebauern ankommt. Auch Nachhaltigkeit und Qualität werden groß geschrieben.

Ausgewählte Sorten in der Vorstellung und im Geschmackstest

Für unseren Test hat die Kaffeerösterei Bad Saarow freundlicherweise fünf ausgewählte Sorten zur Verfügung gestellt. Dieses sind die Espressi „Bunbury Bay“ und „Kenobia Mondooned“ sowie die Filterkaffee-Sorten „Ethiopia Yirgacheffe“, „Indonesia Java Blawan“, „Nicaragua Limoncillo“.

Alle Sorten kommen in einer optisch schlichten Verpackung mit Vakuumventil und seitlichem Zip-Verschluss daher. Schön: Dank eines Standbodens könnt ihr die Verpackungen hinstellen, um die gewünschte Kaffeebohnenmenge bequem zu entnehmen. Auf jeder Verpackung sieht man auf der Vorderseite den Namen und das Logo der Kaffeerösterei und ein kurzes, stichwortartiges Tasenprofil. Auf der Rückseite finden wir unter „Notizen der Rösterin“ den vorliegenden Mahlgrad für die unterschiedlichen Zubereitungsarten oder ganze Bohne, das Röstdatum, eine Empfehlung, ab wann der Kaffee „trinkreif“ ist, und einige Infos zum Unternehmen. Angaben zum Röstgrad, Angaben zum Bezug (Plantage), Angaben zur Aufbereitung sowie zu den vorliegenden Varietäten finden sich ebenso.

Zubereitung

Gemahlen haben wir die Sorten – wie immer – mit unserer Comandante C40 MK3 Nitro Blade und der Baratza Sette 270W für die Espressi. Zubereitet haben wir die Sorten im Hario V60 Handfilter, in der French Presse, dem Siebträger, im Kaffeevollautomaten, in der SoftBrew-Kanne, im Cafflano für unterwegs, in der Madame Solo, der Chemex und in der AeroPress.

Das Bohnenbild der verschiedenen Sorten ist sehr homogen, was von einer sehr guten Qualität und einer feinen Röstung auf hohem Niveau zeugt. Bohnenfehler sind kaum auszumachen.

Der „Nicaragua Limoncillo“

Dieser Kaffee stammt aus Nicaragua, genauer gesagt aus der Region Matagalpa von den Plantagen „El Limoncillo“ des legendären Erwin „Doc“ Mierisch. Die im Jahr 1908 gegründeten Fincas, die mittlerweile bereits in der vierten Generation im Familienbesitz geführt werden, bieten Rohkaffees der höchsten Kategorie und gewannen nicht umsonst mehrfach – zuletzt in diesem Jahr – den „Cup of Excellence“, der als internationaler und renommierter Wettkampf im Spezialitätenkaffeesektor gilt.

Die Familie Mierisch ist bei allen Kaffeegourmets weltweit ein Begriff. Aus diesem Grund werden die Ernten der Nicaraguanischen Kaffeefarmer auch nicht einfach nur verkauft. Sie werden regelmäßig versteigert. Mit teilweise enormen Verkaufserfolgen, sodass viele Kaffeeröster meist nur kleinere Chargen einer Ernte erhalten. Für Erwin Mierisch steht das Motto „Klasse statt Masse“ in bester Familientradition über allem. Er legt viel Wert auf nachhaltigen und umweltverträglichen Anbau des Rohkaffees. Dies bedeutet für ihn, möglichst natürliche Bedingungen zu schaffen, ohne dabei die Natur auszubeuten.

Nachhaltigkeit und soziales Engagement sind für die Mierischs keine Marketingschlagwörter sondern gelebte Kultur. Schädlingsbefall an den Kaffeebäumen wird durch gezielte Aufzucht von entsprechenden Schattenbäumen vorgebeugt. Sollte es doch zu einem Befall kommen, werden mit Lockstofffallen die Schädlinge bekämpft. Wo immer möglich werden die Abfälle recycled. Die Farm beherbergt neben einer Schule für die Kinder der Arbeiter auch einen Supermarkt, damit sich die Mitarbeiter vor Ort mit allem Wichtigen des täglichen Bedarfs versorgen können.

Der Kaffee wird auf einer Höhe von ca. 1100m angebaut und liegt in der Varietät „caturra“ vor. Er wird „washed“ aufbereitet. Als Tassenprofil wird „Kandierte Orange, Honig und Walnuss“ bei milder Stärke angegeben.

Unser Eindruck: Den Beweis, dass Mierisch so etwas wie ein „Kaffeekönig“ ist, haltet ihr mit diesem Produkt in Händen. Veredelt durch die Maschinen und das große Wissen der Kaffeerösterei Bad Saarow und seiner Röstmeisterin Katja Straube, ist ein unglaublich toller Kaffee entstanden. Da nähert man sich als einfacher Redakteur mit Bescheidenheit und Demut der Verkostung. Die Aromen sind beim ersten „Erschnuppern“ vor allem von Honig und Frucht, aber auch von Zartbitterschokolade getragen. Beim Trinken kann man nur sagen: „Wow!“ Der volle Geschmack, welchen der Filterkaffee bietet, ist sensationell. Im Mund tun sich verschiedene Aromen auf. Im Abgang erinnert der Kaffee an Grand Marnier. Auch wenn er als „mild“ angegeben wird, macht er durchaus Eindruck. Der Kaffee ist UTZ zertifiziert. Das Zertifizierungssystem basiert auf den hauseigenen Standards, kontrolliert durch lokale und internationale Zertifizierungspartner. Schwerpunkte sind nachhaltige, transparente Landwirtschaft sowie Rückverfolgbarkeit (quasi vom Strauch bis zur Tasse).

Der Indonesia Java Blawan

In der Kaffeewelt genießen indonesische Kaffees aufgrund ihrer hohen Qualität, ihres feinen Geschmacks und ihrer breit gefächerten Aromenvielfalt einen exzellenten Ruf. Doch der Anbau von Arabica Kaffee war nicht immer Standard. 1877 zerstörte der Kaffeerost nahezu alle Plantagen. Danach suchten die Farmer Alternativen zu den alten und anfälligen Arabica Pflanzen und begannen überwiegend Robusta Kaffees anzubauen. Dieser Trend hat sich aber wieder gewendet. Heute werden hauptsächlich Arabica Pflanzen in Indonesien angebaut.

Der Java Blawan wird im östlichen Teil der Insel Java, auf dem Ijen Plateau angebaut. Durch den besonders fruchtbare Vulkanboden und den reichliche Regen herrschen hier die beste Anbaubedingungen für Arabica Kaffees. Auf kleinen Plantagen wird der Java Blawan, eine Typica Varietät, sorgsam angebaut. Nach der manuellen Ernte, zwischen Mai bis September, wird der Kaffee nass aufbereitet und in der Sonne getrocknet.

Unser Eindruck: Der Java Blawan begeistert uns durch seine feinen, facettenreichen Aromen. Sein kraftvoller und würziger Körper gepaart mit einer intensiven Zartbitterschokoladennoten und Muskatnuancen überzeugt auf ganzer Linie. Last but not least verfügt er über eine äußerst zurückhaltende Säure.

Der Kenobia Monsooned

Bei diesem Espresso handelt es sich um „eine kraftvolle Mischung aus Kenya Arabica Gachami Estate, Kolumbia Arabica und indischem Monsooned Robusta“, so lesen wir auf der Homepage des Unternehmens. Wie bei den meisten Kaffeeröstereien, werden auch hier keine genauen Informationen zu den Farmen, auf denen die Sorten angebaut werden, genannt. Dies ist schon ein wenig schade.

Unser Eindruck: Ach ja. Der gute alte Malabar aus Indien. Mit diesem „Kaffee“ (eigentlich handelt es sich ja nur um die Aufbereitungsart) wurden wir in den vergangenen Jahren als potentielle Käufer regelrecht überschwemmt. Jede Rösterei, die etwas auf sich hält, bietet diese Sorte an. Dem Einen gefällt Kaffee, der auf diese Weise aufbereitet wird, der Andere findet es recht uninteressant. Ich persönlich stehe da irgendwo zwischen den Stühlen. Die leichte Säure des Kaffees ist angenehm, der Kaffee im Geschmack recht stark und die schokoladigen, ein wenig erdigen Noten wissen zu gefallen. Gemischt mit den würzigen Varietäten aus Kolumbien und den nussigen Beinoten aus Kenia, kann er allerdings als Espresso überzeugen. Ihn jedoch mit einem „Segelkaffee“ zu vergleichen (wie wir ihn schon bei Slokoffie oder Grano Moreno für euch getestet haben), halte ich dann allerdings schon ein wenig für überzogen.

BadSaarowBild2Der Ethiopia Yirgacheffe (Grade 2)

Afrika, genauer gesagt Äthiopien, gilt als Wiege des Kaffees. Das Land besitzt nicht besonders viele Kaffeeplantagen, die unter anderem als „Garten“ bezeichnet werden. Dennoch leben von der Aufzucht bis zur Ernte des Rohkaffees etwa 15 Millionen Menschen vom Produkt Kaffee. Meist wächst der Kaffee wild (heirloom-Sorten). Äthiopien besitzt eine einzigartige Vielfalt an Arten und Sorten. Besonders die Varietät „Geisha“ konnte sich zum heimlichen Star des Landes mausern. Der Kaffee wird in Höhenlagen von rund 1200m – 1900m angebaut. Die bekanntesten (und besten) Anbaugebiete Äthiopiens sind Sidamo, Yirgacheffe, Limu und Harar.

Der vorliegende Kaffee aus der Region Yirgacheffe wird im Süden des Landes angebaut. Das kleine Gebiet liefert einige der edelsten äthiopischen Kaffees, nicht zuletzt, weil nahezu keine chemischen Mittel zu Anbau und Pflege genutzt werden.

Unser Eindruck: Wer mit floralen (blumigen) Kaffees und fruchtigen Sorten („fruit punch“) nicht viel anfangen kann, der wird mit diesem Kaffee nicht glücklich. Typisch für Kaffees aus Äthiopien sind die blumig-fruchtigen Aromen, die auch hier deutlich zum Vorschein kommen. Die „obstigen“ Noten der Limette und der Schwarzen Johannisbeere sowie beim Aufbrühen Anklänge von Melone, fallen deutlich auf. Die floralen Noten bleiben im lange stehen. Durchaus interessant, eben ein typischer Kaffee aus der Region Yirgacheffe, aber wohl für die breite Masse der Kaffeeliebhaber hierzulande etwas zu blumig.

Der Espresso Bunbury Bay

„Durch die besondere Bohnenmischung und Langzeitröstung, ist hier ein idealer Allroundespresso für jeden Kaffeevollautomaten. Er bietet einen feinwürzigen vollen Geschmack bei allen Tassenlängen. Die Bohnen sind so fein und präzise abgestimmt, dass ein perfektes Espressoergebnis bei einem zu erwarten ist. Der Bunbury Bay Espresso stammt von ausgewählten Plantagen und entspricht höchsten Qualitätsanforderungen. Alle Sorten werden als „Spezialitäten“ eingekauft. Eine strenge, sorgfältige Auswahl garantiert uns die besten auf dem Markt verfügbaren Kaffeesorten und durch die „Kunst des Röstens“ erlangt jede Mischung ihr unverwechselbares Aroma, außerdem bildet er eine wunderschöne haselnussbraune stabile Crema.“

Unser Eindruck: Die oben angeführten Aussagen stammen von der Röstmeisterin selbst. Unterm Strich haben wir hier einen reinen Arabica, dessen Varietäten allerdings nicht bekannt sind (ebenso wie die exakten Anbaugebiete und Farmen). Der Blend besteht aus Rohkaffee Indiens, Kolumbiens und Indonesien. Während die beiden erstgenannten Länder und der Bohnen nach zu urteilen auch die Kaffeesorten, dem „Kenobia“ entsprechen, ergänzt sich dieser Blend noch durch Rohkaffee aus Indonesien (Sulawesi). Hierdurch erhält die Mischung eine herzhafte Beinote und eine dichte Textur sowie eine geringere Säure. Dieser Kaffee wird vermutlich „nass“ oder „giling basah“ aufbereitet. Geschmacklich mit ordentlichem Körper, geht der Kaffee stark „nach vorne“. Leichte Röstaromen begleiten ihn bis hin zum langen Abgang.

Fazit: Mit Leidenschaft, Liebe und viel Herzblut auf höchstem Qualitätsniveau per Hand geröstet, dabei mit dem Blick auf Nachhaltigkeit, Fairness und Transparenz – soweit dies möglich und machbar ist. Dies könnte man als Motto der Kaffeerösterei „Bad Saarow“ ausgeben. Denn genau das macht den Kaffee von Heike und Katja Straube aus. Man kann sagen: Wo „Kaffeerösterei Bad Saarow“drauf steht, ist erstklassige Spitzenqualität drin! Die von uns getesteten Sorten spielen ganz oben mit und können rundum überzeugen. Ein in allen Belangen absolut tolles Beispiel, wie hochwertig Spezialitätenkaffee sein und angeboten werden kann. Top!

Die inn-joy Redaktion vergibt 10 von 10 Punkten.

Zusammensetzung der Gesamtbewertung:

Qualität: 9 von 10 Punkten

10Fairness und Nachhaltigkeit: 9 von 10 Punkten

Geschmack: 10 von 10 Punkten

Transparenz: 8 von 10 Punkten

Die inn-joy Redaktion bedankt sich bei Katja Straube von der Kaffeerösterei „Bad Saarow am Scharmützelsee“ für die zur Verfügung gestellten Testexemplare.

Bilder: Firmenfoto (c) Bad Saarow 24+, Produkt: (c) inn-joy, Text: D. Stappen

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