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Vorstellung und ausgewählte Sorten im Test: Kaffeerösterei SCHÖN

| Marc Heiland | Kaffeewelten
KaffeeroestereiSCHOENBild1Schaut man sich in der deutschen Kaffeeröster-Szene um, entdeckt man zwei sehr auffällige Dinge: Erstens sind in den vergangenen 10 Jahren unglaublich viele, facettenreiche und auf „Third Wave“ setzende Kaffeeröstereien auf den Markt getreten. Zweitens werden viele (von diesen) Röstereien von noch recht jungen Kaffeeröstern geleitet, die aber ein unglaubliche Niveau und ein hohes Potential haben, die „für ihr Alter“ auch ein großes Knowhow besitzen und viel Mut zum Risiko haben, um gerne mal neue Wege zu beschreiten und „den Großen“ das Fürchten zu lehren. Dies finden wir absolut begrüßens- und unterstützenswert. Eine solche Kaffeerösterei ist die von Daniel schön 2017 gegründete Kaffee Spezialitätenrösterei „SCHÖN“ in Burgebrach bei Bamberg im schönen Oberfranken.
 
SCHÖNer Kaffeetrinken – Die Testsorten im Überblick
Schauen wir uns jetzt einmal die Verpackungen an, bevor wir von unseren Geschmackseindrücken berichten. Die Beutel bestehen aus einer Kunststoffverpackung mit wiederverschließbarem Zip-Verschluss an der vorderen Seite. Jede Verpackung kommt mit einem Standboden daher, sodass die Verpackung bequem hingestellt werden kann, um den Kaffee portionsweise entnehmen zu können. Das Kunststoffventil (Vakuumventil) ist natürlich mit dabei. Wie viel Wert auf Nachhaltigkeit Daniel Schön bei den Verpackungen legt, beschreibt er selbst so: „So gut wie möglich und so umweltfreundlich wie möglich.Bei unseren Aromaschutzverpackungen setzen wir auf die Öko-Line der Firma Ströbel – Made in Germany und ohne Aluminium. Die Tüten bestehen aus Kraftpapier außen und einer Barrierefolie im inneren. Wir versenden übrigens, wenn möglich, in gebrauchten Kartons. Dies dient nicht der Kostenersparnis, sondern ist eine Maßnahme zur Schonung von Ressourcen und der Umwelt.“ Kompliment dafür!
 
Auf der Vorderseite der Verpackung finden wir den Namen der Rösterei und den Namen des Kaffees bzw. Espressos, die Varietäten und die Aufbereitungsart sowie den Hinweis, dass es sich um „direct trade“-Kaffee handelt. Die Rückseite bietet weitere, ergänzende Informationen wie das Tassenprofil, den Mahlgrad, den exakten Ursprung des Rohkaffees inklusive Farmnamen und Anbauhöhe, einen Tipp zur Trinkreife (was kaum ein Röster macht, aber gerade für Neulinge in der Kaffeeszene durchaus wichtig ist) sowie die Kontaktdaten, das Röstdatum, Mengenangaben und das MHD. Mehr kann man nicht verlangen. Wir finden sogar, dass sich rund 90% der am Markt befindlichen Kaffeeröstereien sich hier eine ganz dicke Scheibe in Sachen Transparenz abschneiden können!
Zur Qualität des Kaffees lässt sich sagen, dass das Bohnenbild / Röstbild der getesteten Sorten sehr homogen ist. Defekte sind nur wenige zu finden.
 
Zubereitung
Für unseren Test haben wir den Kaffee mit unserer Comandante C40 MK3 Nitro Blade für den Hario V60 Handfilter bzw. die Chemex und der Baratza Sette 270Wi für den Siebträger bzw. die Aero Press gemahlen.
 
Die Test-Sorten: Beschreibung und Geschmackstest
Für unseren Test hat uns Daniel Schön einen großen Querschnitt aus seinem Portfolio zur Verfügung gestellt. Dies sind die Filterkaffee-Sorten „Cafe da Casa“ aus Brasilien, „Plantation B“ aus Indien, „Kangocho AA“ aus Kenia, „La Cristalina“ aus Kolumbien und „El Pino“ aus Honduras sowie die Espressi „Pachamama“ aus Peru, „Cafe da Casa“, „Blend No.1“ und „Plantation B“. 
 
Der „Cafe da Casa“
Unser erster „Testkandidat“ ist ein Kaffee, der aus Brasilien von der Farm Sítio Córrego Do Cavalo stammt. Dort wird er in einer Höhe von rund 1100m angebaut und natural aufbereitet. Der Rohkaffee liegt in der Varietät „Yellow Catuai“ vor. 
 
Unser Eindruck: Auf der Verpackung hat Daniel Schön „sehr süß“ für diesen Kaffee deklariert. Nun muss man hier unterscheiden zwischen „sehr süß“ eines Kaffees aus Afrika und „sehr süß“ aus Lateinamerika. Denn wer als Laie an den Kaffee geht wird vielleicht ein wenig zurückschrecken bei diesem Begriff. Doch die Sorge ist absolut unbegründet. Denn während Süße bei afrikanischen Kaffees teilweise wörtlich zu nehmen ist und man einen wahren tropischen Fruchtcocktail vorfindet, sind die Aromen hier dezenter und filigraner aufgebaut. Zwar schmeckt man deutlich zum Beginn die Erdbeere heraus und auch die Kirsche kommt gut durch. Allerdings bleibt das Ganze immer noch im Rahmen. Der schokoladige Grundton trägt die Aromen sehr gut und macht sich angenehm im Mund breit. Eine feine Säure umspielt das Bouquet und der recht lange, saubere Abgang schließt einen insgesamt tollen Eindruck ab. Wirklich ein sehr toll gerösteter Kaffee.
 
KaffeeroestereiSCHOENBild2Der „Plantation B“
Hierbei handelt es sich um einen Kaffee, dessen Bohnen in der indischen Provinz Coorg im Bundesstaat Karnataka in einer Höhe von 1000-1300m in der Varietät „S 795“ angebaut und semi washed aufbereitet wird. Die südindische Region Karnataka produziert etwa die Hälfte des indischen Kaffees, davon 70% Robusta. Kaffee hat dort eine über 400jährige Tradition. Der Kaffee wird unter Schatten neben anderen Früchten wie Pfeffer, Kardamom, Ingwer, Nüssen etc. häufig angebaut.
 
Unser Eindruck: Bei der Verkostung dieses Kaffees erinnerte uns der Kaffee an einen Besuch auf der Kirmes. Der Duft von gebrannten Mandeln und Früchten in Schokolade kam uns in den Sinn. Denn Nussschokolade dominiert hier den Geschmack. Dank des kräftigen Körpers hat der Kaffee ordentlich Kraft und wird von einer tollen aber nicht zu dominanten Würze unterstützt. Da möchte man mehr von…
 
Der „Kangocho AA“
Weiter geht es auf unserer kleinen „Kaffee-Weltreise“ nach Afrika, genauer gesagt, nach Kenia. Dort wird der Rohkaffee für die vorliegende Sorte angebaut. Da die meisten Kleinbauern Kenias ihren Kaffee (der hier in den Varietäten „SL-28“ und „SL-34“ vorliegt) nicht selbst weiterverarbeiten können, geschieht dies über so genannte „Washing Stations“. In diesem Fall zeichnet die „Kangocho Factory“ verantwortlich, die auch für den Vertrieb zuständig ist. Der gewaschene Kaffee hat einen Cupping Score von 88 Punkten. 
 
Unser Eindruck: Aus Kenia kommen zweifelsfrei einige der aromatischsten und säurereichsten Kaffees der Welt. Der Geschmack variiert je nach Region, die meisten Kaffees bieten komplexe Frucht- und Beerennoten, sind zitrig und haben eine saftig-volle Textur. So auch dieser Kaffee. Neben der Zitrone, die hier recht auffällig dominiert, sind auch einige Noten dabei, die den typischen „Fruit Punch“ ausmachen und für eine tolle Lebendigkeit im Mund sorgen. Der lange Abgang trägt dazu bei, dass man sich – im wahrsten Sinne des Wortes – eine Zeit an den Kaffee „erinnert“. Vor allem im Sommer als Cold Brew macht der Kaffee mit Sicherheit unwahrscheinlich viel Spaß…
 
Der „La Cristalina“
Der nächste Kaffee in unserer „Probierrunde“ stammt aus Kolumbien. Produzenten sind Maria Mercedes Grajales, Alberto Grajales, German Grajales. Der Kaffee wird in einer Höhe von 1450m in der Region Quimbaya, Quindio angebaut und natural aufbereitet. Er liegt in der Varietät „Castillo“ vor.
 
Unser Eindruck: Ein toller, typisch kolumbianischer Kaffee. Voll und körperreich, süß, fruchtig (fast wie kenianische Kaffees) und schokoladig und grandios im Mundgefühl mit einem tollen Nachhall und einer ganz fragilen Säure. Unglaublich spannend. Vielleicht nicht unbedingt für die breite Masse gedacht, aber als Überraschung am Sonntag oder toller „Terrassenkaffee“ fast unschlagbar. 
 
Der „El Pino“
Ein weiteres Highlight erwartet euch mit diesem Filterkaffee aus Honduras. Der in der Varietät „Catuai“ vorliegende Rohkaffee wird in Intibuca/Pozo Negro von Hernán Gomez in einer Höhe von 1700m angebaut und gewaschen aufbereitet. Der Rohkaffee stammt aus einem Microlot und hat einen Cupping Score von 86 Punkten. 
 
Unser Eindruck: Bereits beim Öffnen verströmt der Kaffee ein intensives Schokoladenaroma mit Toffeenoten, die beim Aufbrühen verstärkt werden. Die saftige Fülle im Mund gepaart mit Zitrone ist spannend. Da tut sich eine Menge. Am Gaumen schmeichelt der Kaffee ungemein und im Abgang besitzt er einen feinen Nachhall. 
 
Der Espresso „Blend No 1“
Kommen wir nun zu den Espressi aus dem Sortiment von „SCHÖN“. Der erste hört auf den recht unspektakulären Namen „Blend No 1“. Dahinter verbirgt sich eine Mischung aus dem Peru PachaMama und dem Cafe da Casa aus Brasilien. Die ungewöhnliche Kombination überzeugt durch eine für einen Espresso recht einmalige Süße und einen recht ordentlich fruchtigen Anteil und einer tollen Crema. Mit Milch ein Hit! Die Anklänge von Nussschokolade runden den einzigartigen Geschmack ab.  
 
KaffeeroestereiSCHOENBild3Der Espresso „Pachamama“
Der Rohkaffee für diesen Espresso stammt aus Peru und ist ein SHB, der in einer Höhe von 1320-1720m unter Schatten angebaut wird. Er liegt in den Varietäten „Caturra“ und „Catuai“ vor. Das Röstprofil lässt Fruchtnoten erkennen, Zartbitterschokolade als Grundton ist ein wunderbarer Träger. In jeder Form mit Milch konnte uns der Espresso ebenfalls begeistern, da die Aromen hier sehr gut getragen werden und nicht – wie vor allem bei dunkel gerösteten Espressi – schnell mal „zum Absaufen neigen“. 
 
„PachaMama“ – Den Namen kennen wir doch…
Aufmerksame Leserinnen und Leser unserer „Kaffeewelten“ kennen bereits das Projekt. Dennoch soll es an dieser Stelle noch einmal durch Daniel Schön selbst erläutert werden:
„Das Projektziel ist, die ideelle und finanzielle Förderung der Asociación und deren Kleinbauern um das Dorf Miguel Grau. Es soll geholfen werden, nachhaltige, effektivere und demokratischere Farmen aufzubauen. Des Weiteren wird darauf geachtet, dass der Rohkaffee fair gehandelt wird, aus biologisch-organischem Anbau stammt, von Hand geerntet und schonend auf natürliche Weise aufbereitet wird. Die kleinbäuerlichen Strukturen mit fairen Marktpreisen sollen ausgebaut werden, um eine weitere Landflucht in die Slums der Großstädte zu verhindern. Wichtig ist, dass alle Lebensbereiche der Familien, wie Bildung, Entwicklung, Gesundheit und Wirtschaft gefördert werden.
 
Direct Trade "Kaffee direkt vom Bauernhof"
Das Projekt "PachaMama" definiert gemeinsam mit Röstereien und Experten "Direct Trade" nach strengen Kriterien: Wir schalten die Zwischenstufen beim Handel aus. Das Geld wird den Bauern direkt und leistungsgerecht ausbezahlt, das bedeutet, wir erwarten hochwertigen Kaffee (wir nehmen nur höchste Qualität von gesunden, gepflegten, natürlich gedüngten Pflanzen). Dafür bezahlen wir deutlich mehr als den aktuellen Marktpreis direkt an die Bauern und ermöglichen ihnen so einen angemessenen Lebensstandard.
"PachaMama"-Kaffee kommt auf dem kürzesten und transparentesten Handelsweg sozusagen "direkt vom Bauernhof".“
 
Unser Eindruck: Der Espresso bietet euch einen vollmundige Geschmack mit leichter Würze. Die „obstigen“ Noten erinnern an Sommerfrische, gemischt mit Anklängen an Schokolade ergänzt sich hier eine wunderbare Komplexität im Mund mit einigen Überraschungen. Auch hier ist die Milch – wie bereits erwähnt - eine willkommene Ergänzung.
 
Der Espresso „Cafe de Casa“
Hier haben wir noch einmal den „Cafe de Casa“. Dieses Mal allerdings als Espresso-Röstung, die dunkler geröstet wurde. Nach Angaben von Daniel Schön erwartet uns „ein super süßer Espresso mit sehr feinen Fruchtnoten. Besonders die Erdbeere schmeckt man sehr deutlich. Außerdem gibt es noch etwas Himbeere und eine reife Ananas. Begleitet wird die Frucht von einer schön schokoladigen Kakaonote. Die Säure ist nicht zu dominant.“
 
Unser Eindruck: Wow! Ein wirklich toller Espresso. Waren wir schon vom Filterkaffee begeistert, so kann der Espresso das Geschmackserlebnis noch einmal optimieren. Die fruchtigen Noten werden noch feiner und eleganter herausgearbeitet. Der Yellow Catuai kommt wunderbar zur Entfaltung. Mit Milch und einen Moment stehen lassen erfrischt und begeistert der Latte Macchiato. Die Kakao-Noten bieten eine solide Basis, auf der die fruchtigen Aromen fein aufgebettet sind. Ungewöhnlich für einen Espresso, aber dafür umso spannender. Auch als Cold Drip oder Cold Brew bestimmt interessant.
 
Der Espresso „Plantation B“
Last but not least haben wir die Espresso-Variante des „Plantation B“. Die von uns im Filter begrüßten Noten von „gebrannter Mandel“ sind jetzt noch präsenter. Trotz kräftigem Körper ist es kein „Hallo wach!“-Espresso. Die leichte Würze kommt nach hinten raus noch einmal zum Tragen. Die tolle Crema kann überzeugen. Ein „typischer“ Mainstream-Espresso im absolut positiven Sinne. 
 
Fazit: Daniel Schön bietet in seiner Kaffeerösterei „SCHÖN“ absolut tolle Kaffees mit facettenreichen Aromen und feinem Geschmack. Da ist für nahezu jeden Gaumen etwas mit dabei. In Punkto Qualität, Transparenz, Nachhaltigkeit und Fairness geht kaum noch mehr. Das beginnt bereits bei den zahlreichen Informationen auf den Verpackungen, geht weiter über eine hohe Transparenz auf der Homepage und endet (hoffentlich noch lange nicht) bei der Unterstützung der Kleinbauern und sozialer Projekte wie beispielsweise „Pachamama“. Aufgrund all dieser einzelnen Aspekte können wir euch die von uns getesteten Sorten absolut empfehlen.
 
Die inn-joy Redaktion vergibt 9 von 10 Punkten.
 
Zusammensetzung der Gesamtbewertung:
Qualität: 9 von 10 Punkten
9Fairness und Nachhaltigkeit: 9 von 10 Punkten
Geschmack: 9 von 10 Punkten
Transparenz: 9 von 10 Punkten
 
Die inn-joy Redaktion bedankt sich bei Daniel Schön von der Kaffeerösterei „SCHÖN“ für die zur Verfügung gestellten Testexemplare.
 
D. Stappen
 

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