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Vorstellung und ausgewählte Sorten im Test: Die Kaffeemänner

| Marc Heiland | Kaffeewelten
KaffeemaennerBild1Was braucht es eigentlich heutzutage, um aus der stetig wachsenden Riege guter Kaffeeröstereien hervorzustechen? Natürlich einen Spitzenkaffee. Dann eine gute „Visitenkarte“, sprich: eine auf den ersten Blick überzeugende Verpackung, ein Konzept, dass im Sinne der „Third Wave Coffee“-Bewegung auf Nachhaltigkeit, Qualität, Transparenz und Fairness setzt und am besten noch Inhaber, die einen gewissen Stil verkörpern, der nach außen hin ihr Gesamtkonzept widerspiegelt und hinter dem sie voll und ganz stehen. Treffen all diese Punkte zu, dann kann ja nichts mehr schief gehen, oder? Wir haben in unserer Redaktion dieses Mal die Kaffeerösterei „Kaffeemänner“ aus Aschersleben auf dem Prüfstand gehabt und klären im Test, wie wir das Gesamtkonzept beurteilen. Schnallt euch also an – es geht los!
 
Die Homepage oder: Wer sind die Kaffeemänner?
Schauen wir uns die Homepage der „Kaffeemänner“ an, so stellen wir fest, dass das Konzept hier schon einmal heißt: Schlicht und dennoch stylisch. Die Seite ist aufgeräumt und wirkt niemals überladen. Die einzelnen Kategorien sind übersichtlich gestaltet und die Übersicht ist jederzeit gegeben.
Auf der Startseite blicken uns die beiden Inhaber freundlich lächelnd an. Ein gewisses Charisma kann man beiden nicht absprechen. Endlich mal eine Rösterei, bei der die Fotos nicht so arg gestellt wirken! Schade: Der Link zu einem MDR-Fernsehbericht über die „Kaffeemänner“ funktioniert leider nicht. Sei’s drum.
 
In der Vorstellung erfahren wir, dass die beiden Kaffee anbieten, Kakao und Zubehör. Zu ihren Kunden zählen sie sowohl Privatkunden als auch Unternehmen. Neben dem Rösten des Kaffees geben sie Seminare und Workshops zu verschiedenen Themen rund um den Kaffee. Ihren Kaffee rösten Dominik und Thomas, die beiden Inhaber, auf Giesen-Röstern. Mit ihrem Unternehmen sind die beiden Mitglieder in der Deutschen Röstergilde. 
Schauen wir, was es sonst an interessanten Informationen rund um die beiden „Kaffeemänner“ zu erfahren gibt: Sie sind seit 2020 mit ihrer Kaffeerösterei am Start, also noch ein sehr junges Unternehmen. Die Kaffeesorten, die sie rösten, bzw. der Rohkaffee, stammt aus „nachhaltigem und transparentem Anbau“. Sie „setzen hierbei auf Direct Trade und suchen gezielt den Kontakt zu den Kaffeebauern.“
Im Sortiment befinden sich derzeit (Stand 01/22) zehn Filterkaffees und neun Espressi sowie Kaffeelikör und ein wenig Feinkost. Preislich startet das Sortiment bei 32 Euro je kg Kaffee und reicht bis zu 63,33 Euro je kg. Angeboten wird der Kaffee entweder zu je 250g oder 1kg. Unterstützt wird das treuen „Kaffeewelten“-Leserinnen und Lesern bekannte „Orang Utan Coffee“-Projekt, das mittlerweile von vielen Kaffeeröstereien supported wird. 
 
Die Kaffeesortenauswahl im Überblick
Was uns als allererstes bei einem Blick auf die uns für unseren Test zur Verfügung gestellten Kaffeesorten auffällt, ist, dass die „Kaffeemänner“ mit verschiedenen Farben bei ihren Kaffeeverpackungen arbeiten. So finden wir verschiedene Brauntöne bei den Filtersorten, weiß beim Projektkaffee, sowie braun oder auch schwarz für den Espresso. Die Tüten haben alle einen Standboden, sodass sie bequem hingestellt werden können, um den Kaffee portionsweise zu entnehmen. Der „Lawa Kaffee“ aus Costa Rica verfügt über einen Zip-Verschluss, während die anderen beiden Sorten mit einem Druck auf den Beutelrand geschlossen werden. Die Dose „Fruchtbombe“ ist mittels Deckel wiederverschließbar. 
Auf der Vorderseite der Verpackung fällt zunächst einmal auf, die unglaublich einfallsreich und kreativ die beiden Röster beim Design waren. Der rabenschwarze Kaffee besticht durch einen Monokel tragenden Raben mit Zylinder, während der „Café de la Muerte“ eine Hommage an den „Tag der Toten“ in Mexiko darstellt. Diese speziellen Bilder wurden von einem Künstler aus Chemnitz für die „Kaffeemänner“ angefertigt.
Der „Lawa Kaffee“ kommt ein wenig schlichter, aber nicht weniger interessant daher, fließen hier in das Bild doch ganz geschickt die ikonischen Figuren der „Kaffeemänner“ ein und die Zahlen 3 und 5, welche für die Kooperation mit der „Kaffeerösterei 3&5“ stehen. Diese Kooperation hört auf den Namen „X-Roast“. 
Unterhalb der beiden Bilder von „Der rabenschwarze Kaffee“ und „Café de la Muerte“ gibt es – passend als Totenkopf bzw. Rabe gehalten – eine Angabe zur Stärke des Kaffees und zur Frucht(igkeit). Auch ein Geschmacksprofil wird angegeben nebst einer Empfehlung für die unterschiedlichen Zubereitungsarten. Auf der Verpackung zum X-Roast fehlen diese Angaben jedoch komplett. 
 
Drehen wir die Verpackungen um, so erblicken wir recht allgemeine Angaben zum Ursprung (beim „rabenschwarzen Kaffee“ aber auch genauere Angaben beim „Café de la Muerte“. Bei den schwarzen Packungen handelt es sich um „Haussorten“. Ansonsten gibt es noch die Kontaktdaten, das Mindesthaltbarkeits- sowie das Röstdatum. Was fehlt sind – einheitliche – Angaben zum exakten Ursprung des jeweiligen Kaffee für eine Nachverfolgung vom Strauch bis zur Tasse, zur Aufbereitung (washed, natural, honey processed etc.) und zu den Varietäten. Auch die Homepage schweigt sich zu diesen wichtigen Informationen leider aus.
Bei der „Fruchbombe“, bei der sich der Kaffee in einer vakuumversiegelten Dose befindet, gibt man sich noch ein wenig geheimnisvoller mit den Informationen zum genauen Ursprung, erwähnt aber, dass es sich hier um fermentierten Kaffee handelt. 
Die Aussage, man sei Mitglied der Röstergilde, macht vielleicht Eindruck auf Kunden. Wer sich allerdings mit dem Thema Medaillen und gegenseitige Auszeichnungen etc. auseinandersetzt, der weiß, dass es hier bessere Auszeichnungen der Produkte gibt, wie beispielsweise den „Cup of Excellence“ etc. wenngleich die Anforderungen der Gilde an ihre Mitglieder gewisse Standards voraussetzt.
Zubereitung, Vorstellung und Verkostung
Kommen wir nun zum praktischen Teil. Gemahlen haben wir die Sorten – wie immer – mit unserer Comandante C40 MK3 Nitro Blade und der Baratza Sette 270Wi. Zubereitet haben wir die Kaffees im Hario V60 Handfilter, im Vollautomaten und im Siebträger. Das Bohnenbild der jeweiligen Sorten ist gut. Hier und da sind die Bohnen nicht ganz einheitlich geröstet und auch Bohnenfehler sind (allerdings in geringer Stückzahl) zu finden. Der allgemeinen Qualität tut dies jedoch keinerlei Abbruch. 
 
KaffeemaennerBild2„Café de la Muerte“
Bei uns wird im November mit den beiden Feiertagen „Allerheiligen“ und „Allerseelen“ den verstorbenen Heiligen und den Verstorbenen im Allgemeinen gedacht. An diesen Tagen ruht die Arbeit und viele von besuchen auf den Friedhöfen ihre verstorbenen Lieben. In Mexiko hingegen werden diese Feiertage vollkommen anders begangen. Am Tag der Toten, dem so genannten „Día de Muertos“, der für die Mexikanerinnen und Mexikaner einer der wichtigsten Feiertage ist, werden große Feierlichkeiten begangen, da nach dem mexikanischen Volksglauben die Seelen der Verstorbenen an diesen Tagen zu den Familien zurückkommen, um sie zu besuchen. Daher werden die Straßen aufwändig mit Blumen geschmückt, Skelette und Totenschädel in Fenster gelegt oder gestellt, ziehen maskierte Menschen als Skelette durch die Straßen und werden Totenschädel aus verschiedenen Zutaten von Konditoren im Land hergestellt. Das ganze Spektakel wurde zuletzt durch den 2017 erschienenen Animationsfilm „Coco – Lebendiger als das Leben!“ der Pixar Animation Studios einer breiten Öffentlichkeit bekannt gemacht.
 
Um ein Stück der Feierlichkeiten und des Spirits von Mexiko hier zu erfahren, haben die „Kaffeemänner“ den gleichnamigen Espresso kreiert. Der Rohkaffee stammt aus der bekannten Anbauregion Chiapas im Südosten des Landes und wird von der  Federación de Sociedades Cooperativas Cafetaleras de la Sierra Madre (FEDESI), die 2016 von sechs kleinen Kaffeegruppen gegründet wurde, angebaut. Kaffees aus Chiapas besitzen Steinfrucht- und Kakaonoten. Der tropische Dschungel im Südosten, an der Grenze zu Guatemala, ist das größte und beliebteste Kaffeeanbaugebiet Mexikos. Die dort geernteten Arabicas werden nahezu ausschließlich „washed“ aufbereitet und liegen häufig in den Varietäten „Bourbon“ und „Typica“ vor. Die Anbaugebiete erstrecken sich über eine Höhe von 400-900m über dem Meeresspiegel, einige werden seit ein paar Jahren auch in Höhenlagen von bis zu 1700m kultiviert.
 
Unser Eindruck: Beschrieben wird der Kaffee mit „feinen Karamelnoten und einem angenehmen Körper“ sowie einem „Hauch von Mandarine“. Allerdings lässt sich die Mandarine eher erahnen als tatsächlich gut herausschmecken. Anstelle von Karamell sehen wir eher leichte Noten von Zartbitter und eine gute Würze. Mit Milch schmeckt der Espresso ebenfalls gut, kann aber als Latte Macchiato geschmacklich ein wenig untergehen. Geschmacklich durchaus zu empfehlen für einen schönen Nachmittagsespresso in geselliger Runde.  
 
„Der Rabenschwarze“
Bei dieser Sorte handelt es sich um einen Blend (also einer Bohnenmischung) von Bohnen aus Kolumbien, Peru und Brasilien. Interessanterweise haben die beiden Röstmeister ausschließlich Arabica-Bohnen verwendet. Der Kaffee erhielt eine Goldmedaille beim Verkostungswettbewerb 2021 der Deutschen Röstergilde e.V. 
Beschrieben wird er von den „Kaffeemännern“ als „Kaffeeerlebnis mit wenig Säure und einem ausbalanciertem Aroma, welches an Mandel und Biskuit erinnert.“ Dem können wir absolut beipflichten. Geschmacklich geht er ungefähr in die Richtung, die die meisten von uns als „Mainstream-Kaffee“ bezeichnen würden. Ein ordentlicher Körper und ein recht langer Abgang. Die Cremebildung hält sich natürlich in Grenzen, da hierzu der Robusta-Anteil fehlt. Dies schmälert die Qualität überhaupt nicht. Ein gelungener Espresso, den wir weiterempfehlen können.
 
Der „Lawa Kaffee“
Unser dritter Testkandidat ist der „Lawa Kaffee“ aus Costa Rica. Er stammt von der Familie Zamora, die auf ihrer Farm, die in den Bergen des Landes liegt, in vierter Generation Kaffee anbaut. Der Kaffee wird per Hand gepflückt und gewaschen, meist im Yellow-Honey-Verfahren, auf Matten getrocknet. Familie Zamora besitzt eine kleine Mühle („micromill“), mit der sie selbst auf die Qualität während des Verarbeitungsprozesses Einfluss nehmen kann. Nach Deutschland gelangt der Kaffee hier über Waldemar & Leilah Keip von „LaWa Kaffee“. 
 
Unser Eindruck: Der „Lawa Kaffee“ ist geschmacklich sehr spannend. Bereits beim Öffnen der Verpackung nimmt man die Frische der Limette bei gleichzeitigem intensiven Schokoladenduft war. Während des Aufbrühens verstärkt sich dieser Eindruck. Im Mund macht sich ein interessantes Aromenspiel breit. Die Limette kitzelt fein an der Zunge, die leichte Schwere der dunklen Schokolade legt sich angenehm harmonisch als Basis darunter. Der lange Abgang sorgt für eine tolle Erfahrung bis zum Schluss. Lecker!
 
Die „Fruchtbombe“ – Brasilien Petunia
Bei unserem letzten Kandidaten im Test handelt es sich um einen Direct Trade Kaffee aus der Region um Petunia im Bezirk Sul de Minas Gerais, wo rund die Hälfte des brasilianischen Kaffees angebaut wird und ist ein so genannter „Cooperation Coffee“, wird also von Kaffeefarmern aus der gesamten Region geliefert. Etwa zehn Familienbetriebe stehen hinter der Kooperation. Der Rohkaffee wächst in einer Höhe von etwa 1.050 – 1.200m über dem Meeresspiegel und liegt in den Varietäten gelber und roter Catuaí sowie Mundo Novo vor. Die Aufbereitung ist „natural“, der Kaffee wird selektiert nach Farbe. Die Trocknung auf „Raised-Beds benötigt in etwa einen Monat. 
Der Rohkaffee, der für die „Fruchtbombe“ zum Einsatz kam, stammt speziell von einem Microlot und wurde fermentiert. Hierzu schreiben die „Kaffeemänner“: „(…) der Kaffee wurde über 48h aufgehäuft und mit einer Plane abgedeckt. Dadurch erhitzt sich der Kaffee und erreicht eine Temperatur von ca. 45 Grad. Durch diesen Vorgang wird die Fermentation beschleunigt und der Zucker wird schneller von Mikroorganismen abgebaut, und ein andere Stoffe/Enzyme umgewandelt. Diese werden dann wiederum während der Trocknung vom Kaffeesamen aufgenommen. Das Resultat sind komplexe Kaffee, fruchtig, mit einem guten Körper und Süße.“
 
Unser Eindruck: Würden wir in der Redaktion nicht wissen, woher der Rohkaffee stammt, könnte man ihn beinahe Richtung Afrika verorten. „Fruitpunch“. Diese Vokabel fiel mir beim Verkosten des Kaffees ein. Wer exotische Früchte mag, wird diesen Kaffee mögen! Dank des angenehmen Körpers kann der Kaffee auch an einem schönen Sonntagnachmittag auf der heimischen Terrasse genossen werden ohne sich allzu sehr breit zu machen. Hinzu kommen die Beinoten von Nussschokolade, die zu gefallen wissen. 
 
Fazit: Die Kaffeerösterei „Kaffeemänner“ bietet guten Kaffee mit facettenreichen Aromen und feinem Geschmack. Die Geschäftsleitung achtet – soweit möglich – auf Nachhaltigkeit und Fairness, indem z.T. versucht wird, auf Direktimport zu setzen. Auch werden diverse Projekte mit den Kaffees unterstützt. In Sachen Transparenz ist noch Luft nach oben. All das führt zu einer Kaufempfehlung unsererseits.
 
Die inn-joy Redaktion vergibt 8 von 10 Punkten.
 
Zusammensetzung der Gesamtbewertung:
Qualität: 8,5 von 10 Punkten
8Fairness und Nachhaltigkeit: 8 von 10 
Geschmack: 8 von 10 Punkten
Transparenz: 6 von 10 Punkten
 
Die inn-joy Redaktion bedankt sich bei Dominik Rider und Thomas Lothar Schatz von der Kaffeerösterei „Kaffeemänner“ für die zur Verfügung gestellten Testexemplare.
 
D. Stappen
 

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