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Watch Dogs: Legion | Review (Xbox One X)

| Marc Heiland | Konsolen

WatchDogsLegionBild1Eines muss man Ubisoft ja lassen: Der Konzern schafft es immer wieder, mit markigen Sprüchen und großem Werbetamtam seine Titel derart zu pushen, dass wir als Spieler gar nicht anders können, als gebannt zu schauen, was aus den Versprechen denn nun schlussendlich auch wird. Jüngstes Beispiel ist das eben erschienene „Watch Dogs: Legion“, der mittlerweile dritte Teil. Nicht nur, dass der Entwickler und Publisher sich zur Aufgabe gemacht hat, dass man im virtuellen London der nahen Zukunft jeden NPC ins eigene Team zu holen. Darüber hinaus versucht man auch in der Open World London ein nahezu perfektes Abbild der realen Hauptstadt Englands zu inszenieren und innerhalb dieser Millionenmetropole quasi jedem Charakter seine eigene Geschichte mitzugeben.

Zugegeben: Als wir hiervon in der Redaktion das allererste Mal gehört hatten, da mussten wir ob der Versprechen schon ein wenig müde schmunzeln, kennen wir doch alle mittlerweile die „Ubisoft-Formel“ nach welcher Spiele in offenen Welten seit Jahren beim französischen Spielekonzern funktionieren. Gleichzeitig wurde aber auch unsere Neugierde geweckt, ob Ubisoft überhaupt in Anbetracht der schier unglaublichen Rechenleistung, die so ein Projekt verschlingen müsste, das Setting auf den aktuellen Konsolen und dem PC zu realisieren. Klar: Mit der in den Startlöchern stehenden neuen Konsolengeneration, die ja bekanntlich diesen Monat endlich beginnt, dürfte das Unterfangen schon deutlich besser zu realisieren sein. Da aber Ubisoft verspricht, auch in der aktuellen Generation noch ein einzigartiges Erlebnis zu bieten, sind wir umso gespannter, was da umgesetzt werden konnte und wo vielleicht Abstriche gemacht werden müssen. Zwei Dinge sind bereits heute gewisse: Endes November wird es noch einen großen Patch geben, der diverse Schwächen ausbügeln soll. Und zum Start der beiden Next-Gen-Konsolen wird ein Upgrade kostenlos erhältlich sein. Da wir momentan noch keine Testmöglichkeit haben, stellen wir euch im Folgenden zunächst die Version der gegenwärtigen Konsolen, sprich der Xbox One X vor. Nach Release der Xbox Series X, werden wir diesen Test natürlich zeitnah um die Next-Gen-Verbesserungen erweitern und aktualisieren. Jetzt aber erst einmal zu dem, was ihr seit einigen Tagen spielen könnt und was euch im neuen „Watch Dogs: Legion“ so alles erwartet.

Der Hacker, der aus dem Dunkeln kam

Wer sich bereits mit den beiden Vorgängern auseinandergesetzt hat, der kommt bei „Legion“ recht schnell mit. Allen anderen wollen wir kurz die Grundströmungen der Reihe erklären. Innerhalb der Reihe sind wir bislang in die Rolle zweier Hacker geschlüpft. War dies in Teil eins noch Aiden Pearce, der mit seinem Smartphone Zugriff auf das CtOS (Central Operating System) hat und das er sich für seine Zwecke zu Nutze macht, um im Laufe der Story mit diesen technischen Mitteln den Tod seiner Nichte zu rächen, indem er die Drahtzieher der Tötung überführt, so schlüpften wir in Teil zwei in die Haut von Marcus Halloway. Dieser stand in den Diensten der Organisation DedSec, welche dem Überwachungssystem CtOS den Kampf ansagt.

Teil drei nun spielt im London der nahen Zukunft. Die Story spielt einige Jahre nach den Ereignissen von Watch Dogs 2. Wieder steht im Mittelpunkt die DedSec-Gruppe, die ihrerseits sich mit einer Gruppe namens „Zero Day“ befassen muss, da selbige das britische Parlament zu zerstören beabsichtigt. Dummerweise geht – wie sollte es auch anders sein – bei der Aktion, die Zerstörung des Parlaments zu verhindern, einiges schief und DedSec wird selbst zum Opfer des Angriffs. Auch hier steht erneut das ctOS mit seiner Überwachungstechnologie im Fokus. Dieses Mal gibt es jedoch nicht einen klassischen Protagonisten, der die ganze Zeit über gespielt wird. Stattdessen dreht sich alles um den Wiederaufbau von DedSec und die Rekrutierung neuer Mitglieder. Da es keine expliziten Vorgaben gibt, kann dies quasi jeder Bewohner des virtuellen Londons werden. Das Ziel bleibt jedoch dasselbe: Wir müssen herausfinden, wer die Anschläge tatsächlich verübt hat und DedSec neu aufbauen.

WatchDogsLegionBild2Eine Stärke, die auch eine Schwäche zugleich ist. Oder: Mehr Schein als Sein

Dass Ubisoft nicht zu viel versprochen hat, was das Rekrutieren neuer Mitglieder für DedSec betrifft, wird schnell deutlich. Denn tatsächlich kann jeder Charakter ins Team eingebunden werden. Egal wer – euch steht somit Tür und Tor offen. Um jedoch das Prozedere nicht allzu leicht zu gestalten, müsst ihr vor dem Anwerben eine Mission für die potenziellen Neulinge erfüllen. Diese sind recht vielseitig ausgefallen. Da jeder Einwohner seine individuellen Vorzüge besitzt, solltet ihr euch auch daran halten, die Wünsche zu erfüllen. Wer weiß, wann ihr die Fähigkeiten eurer neuen Rekruten benötigen werdet. Was in der Theorie einfach nur grandios klingt, entpuppt sich allerdings in kürzester Zeit als doch eher durchschnittliche Kost. Denn natürlich konnten die Entwickler von Ubisoft keine Millionenstadt wie London mit unzähligen Individuen erschaffen. Vielmehr begnügt man sich mit einer Handvoll verschiedener Spezialisten, die sich dann eher optisch voneinander unterscheiden oder eben andere Namen tragen. Der Glaubwürdigkeit schadet dies allerdings nicht unbedingt, da sich die unterschiedlichen Charaktere durch eben teilweise konträre Möglichkeiten auszeichnen, mit denen ihr vollkommen anders an eine Mission gehen könnt. So bleibt man neugierig und experimentiert auch häufiger. Das Hacken funktioniert ähnlich wie bei den Vorgängern. Allerdings wurden die Gimmicks, mit denen ihr arbeiten könnt und die Möglichkeiten des Hackens noch einmal erweitert. Schade ist da, dass die KI der Gegner so gar nicht zum ansonsten aufwendig inszenierten Agieren der eigenen Mitstreiter passen will. Denn die Gegner sind oftmals doch recht einfältig, in ihren Möglichkeiten beschränkt und agieren nicht sonderlich clever. Da hätten wir uns deutlich mehr gewünscht. Dies führt dann auch dazu, dass die Feuergefechte und der Nahkampf etwas monoton daherkommen. Ebenfalls nicht wirklich gelungen sind die Fahrten mit den zahlreichen Autos, die auf den Straßen von London unterwegs sind und von euch jederzeit übernommen werden können. Diese steuern sich oftmals schwammig und fühlen sich nicht allzu glaubhaft an.

Optisch mit Luft nach oben

Da wir aktuell noch nicht beurteilen können, wie sehr sich die Next-Gen-Version in Sachen Grafik von der Current-Gen-Fassung unterscheidet, können wir euch natürlich noch nicht für diese Version begeistern. Zwar dürfte die Bildrate stabiler sein und auch die Auflösung und die Ladezeiten sollten verbessert werden. Ob sich allerdings an den Charakteren, dem eher limitierten Mimikspiel und diversen 08/15-NPCs etwas zu wird, wagen wir mal zu bezweifeln. Denn so schick das virtuelle London auch ist und so unverkennbar, so monoton und trist sind besagte NPCs in ihrer Gestaltung ausgefallen. Dadurch wirken sie eher wie durch einen Editor gewolft und in die Spielwelt geworfen, was der Atmosphäre leider recht abträglich ist, da hier die Illusion, sich tatsächlich in einer Millionenmetropole zu befinden, recht schnell getrübt wird. Auch Ruckler, Pop-Outs und Fade-ins sollten nicht sein, da sie recht auffällig sind, können aber unter Umständen mit dem für Ende des Monats angekündigten Patch behoben werden. Hier sind wir aber auch auf die Leistung der XBSX gespannt, für die die technischen Unzulänglichkeiten wesentlich leichter zu stemmen sein sollte.

Ebenfalls ein dickes Minus gibt es dafür, dass London oftmals eher zur Staffage degradiert wird und ich als Handelnder viel zu selten die unzähligen Möglichkeiten, die mir das echte London bietet, wahrnehmen kann. Warum darf ich nicht jeden Laden zu jeder Zeit betreten? Warum kann ich nicht den Buckingham Palast in all seinen Facetten besuchen? Und warum ist an den von unzähligen Touristen in der Realität stark frequentierten Punkten im Spiel so wenig los?

Die Handlung ist eher Nebensache und beliebig

Das größte Manko von „Watch Dogs: Legion“ ist jedoch die rudimentär vorhandene und austauschbare Geschichte, die ja von keinem „festen“ Protagonisten vorgetragen wird bzw. diesen einbindet, sodass man als Spieler sich mit dem Handelnden identifizieren und sich emotional an ihn binden kann. Natürlich gibt es einige Figuren, die vom Spiel als „Fixpunkte“ vorgegeben sind. Doch all das, was mit den (austauschbaren) Neu-Mitgliedern von DedSec ausgetauscht wird, wirkt künstlich und wie durch einen Phrasengenerator gejagt. So wirkt vieles einfach seelenlos leer und beliebig, da auch die Sprecher auf ein Minimum an „Typen“ festgelegt sind. Dabei gäbe es gerade in diesem doch recht glaubhaften Szenario vieles tiefgründig zu erzählen. Hier hätten die Entwickler besser eine emotional packende und fein ausgearbeitete und differenzierte Story erzählen sollen, anstatt auf unzählige rekrutierbare NPCs zu setzen, und damit eine gewisse Beliebigkeit zu provozieren. Weniger wäre so mehr gewesen. Ein Sprichwort, welches leider auf viele Ubisoft-Spiele mit offener Spielwelt zutrifft.

7Fazit: Gut gemeint ist nicht immer gut gemacht. Zwar ist „Watch Dogs: Legion“ kein schlechtes Spiel und das virtuelle London wirkt recht stimmig inszeniert. Doch der Titel verliert sich dadurch, dass man jeden NPC in seine Mannschaft rekrutieren kann, in der Beliebigkeit, was viel Atmosphäre zerstört. Gerade dieses Setting hätte sich für eine emotionale Story geeignet, zumal die Idee in Anbetracht der stetig wachsenden Überwachung durch die „Big 5“ von Jahr zu Jahr größer wird. So bleibt unterm Strich erneut ein „typisches“ Ubisoft Open World-Spiel, das wieder einmal mehr will, als es dann in der Praxis zu halten vermag.

Die inn-joy Redaktion vergibt 7 von 10 Punkten.

Die inn-joy Redaktion bedankt sich bei Ubisoft für das zur Verfügung gestellte Rezensionsexemplar.

U. Sperling

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