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Rustler | Review (PS5)

| Marc Heiland | Konsolen
RustlerBild1Wenn sich ein junges, ambitioniertes Entwicklerstudio an einem der größten und wegweisendsten Videospiel orientiert, um ihm mit seinem eigenen Spiel ein Denkmal zu setzen, dann horcht die Spielerwelt auf. Die Rede ist von „GTA 2“, jenem Spiel, dass erstmals (trotz der Vogelperspektive) in 3D modelliert wurde und somit zum Maßstab für unzählige folgende Spiele avancierte. Der Rest ist Geschichte.
Und während heutzutage die Spiele immer aufwendiger und komplexer werden, gehen die Entwickler von Jutsu Games genau den anderen Weg und schließen mit „Rustler“ (oder auch „GTA Horse“) an die „guten alten Zeiten“ Ende der 1990er- / Anfang der 2000er-Jahre an. Wir durften den Titel zum Release am 31.08.2021 dank Abwärtkompatibilität auf der PS5 testen und verraten euch, ob der Charme des alten GTA gut eingefangen wurde, der Titel genug Eigenständigkeit besitzt, um Spaß zu machen und zu motivieren und ob sich der Kauf lohnt.  
 
Play it like it’s 1999!
Nachdem „Rustler“ im Early Access startete, wurde der Titel bereits von vielen Fans gelobt. Doch es gab auch noch einiges zu tun. Vor allem die Steuerung und die Übersicht waren bei den Nutzern ein Thema. Gelobt wurde hingegen der tolle Humor sowie das „GTA-Gefühl“, welches der Titel aus jeder einzelnen Animation versprüht. Ganz klar: Das hier ist eine Hommage an „GTA 2“! Und so wundert es auch nicht, dass bereits kurze Intro des Titels anders ist, als das Meiste, was ihr in den vergangenen Jahren zu Gesicht bekommen habt. Und auch der Held, Guy mit Namen, ist ein Rauf- und Trunkenbold allererster Güte. Ganz im Stile des großen Vorbilds, steht hier die komplette Überzeichnung im Vordergrund. 
Doch nicht nur der Anfang des Spiels ist ein wenig „anders“. Auch das Setting verwundert ein wenig. Denn „Rustler“ spielt nicht in der Gegenwart oder der nahen Vergangenheit. Stattdessen streift unser Held durch klassische Mittelalter. Historisch haben sich die Entwickler natürlich große Freiheiten genommen, um ihren Fantasien freien Lauf zu lassen. Aber vieles von dem, was da über den Bildschirm flimmert, könnte auch in ähnlicher Form tatsächlich geschehen sein. Natürlich gab es damals keine Gesetzeshüter, die mit Blaulicht hinter euch hergejagt sind. Aber die Helfer des Gesetzes verfolgten Räuber, Diebe und Halunken in ähnlicher Manier, wie es hier dargestellt wird. Die Referenz zu „GTA 2“ liegt dann aber nicht nur darin, dass hier die Polizei mit Blaulicht unterwegs ist, sondern auch darin, dass ihr sie mit einem Ritt durch „Pimp my horse“ abschütteln könnt. Denn mit einem „umlackierten“ Pferd (Keine Angst, liebe PETAs: Bei „Rustler“ ist kein Tier zu Schaden gekommen!!) seid ihr für den Arm des Gesetzes quasi unsichtbar. Wer diese Anlehnungen an das geistige (und spielerische) Vorbild mag und auf Fäkalhumor (in Englisch mit deutschen Textboxen) steht, wird „Rustler“ durchaus etwas abgewinnen können. Auch Zartbesaitete sollten einen Bogen um den Titel machen, da hier (stufenweise einstellbar) während der zahlreichen Kämpfe Blut vergossen wird.
 
Abgesehen vom Mittelalter-Setting und den Anleihen an „GTA 2“ ist „Rustler“ ein klassisches Top-Down-Abenteuer mit kleiner Geschichte. Gesteuert wird mittels DualSense-Controller (oder wahlweise dem „normalen“ Controller auf der PS4), der allerdings die Features des Controllers nur rudimentär nutzt. Bei der Steuerung tauchen allerdings einige Schwächen auf. So gelangten wir während eines schnellen Ritts häufiger zu Beginn auf die Taste, die die Map aufruft. Derjenige, der sich dazu RustlerBild2entschieden hat, die Map auf die Steuerungstaste zu legen, gehört in klassisch-mittelalterlicher Art und Weise geteert und gefedert! Hinzu kommt, dass die Pferde nicht immer besonders elegant geführt werden können und so hier und dort schnell mal hängen bleiben. Dann muss man immer wieder rückwärts reiten, was hingegen gut funktioniert. Aufgrund der etwa schwierigen Ansicht geht auch die Übersicht schon mal verloren, was vor allem beim Ritt durch die Städte von Nachteil ist.  Eurer virtuellen Haut erwehrt ihr euch mit Bögen, Armbrüsten, Schwertern oder auch Speeren. Im Nah- und Fernkampf könnt ihr eure Attacken auch durch einen Skilltree verbessern. Auch Blocken ist möglich. Neben den eigentlichen Missionsaufgaben gibt es kleinere Nebenaufgaben zu erledigen. So müsst ihr beispielsweise für eure Mutter den Acker pflügen, einen Barden von A nach B bringen, eine Kutsche stehlen, euch mit zwielichtigen Drogendealern und korrupten königliche Wachen auseinandersetzen uvm. Apropos Barden: Ein nicht zu vernachlässigender Aspekt in „GTA“ waren stets die unterschiedlichen Radiosender, die euch unterhielten. Auch „Rustler“ kommt nicht ohne sie aus. Da wir uns jedoch im Mittelalter befinden, stehen hier Barden zur Verfügung. Diese nehmt ihr auf eurem Pferd mit, um euch unterhalten zu lassen. Eine sehr coole Idee, wie wir finden! 
 
Schönes oder dunkles Mittelalter?
Grafisch ist „Rustler“ ein zwieschneidiges Schwert. Man merkt schnell, dass hinter dem Titel ein Team steckt, welches zwar mit Herzblut und Leidenschaft an der Erschaffung der Spielwelt dabei war, da hier viele wunderbare Details zu finden sind, die eine Referenz an GTA, an die Popkultur und sogar an Monty Pythons Film „Die Ritter der Kokosnuss“ zu finden sind. Dennoch sind hier immer wieder schlecht aufgelöste Texturen, Kantenflimmern etc. zu finden. Die Charaktere sind recht grob designt und wirken eher wie schemenhafte Gestalten denn „echte“ Figuren. Dennoch passt dieser eigentümliche Charme irgendwie in die Welt von „Rustler“. Richtig ärgerlich ist hingegen, dass selbst auf der leistungsstarken PS5 „Rustler“ irgendwie nicht zu Ende gedacht zu sein scheint oder aber man hat die Hardware nicht in den Griff bekommen. Alle drei Sekunden gibt es ein leichtes aber auffälliges Ruckeln, das wie ein Schluckauf wirkt.
Beim Sounddesign bewegt sich der Titel ebenfalls auf ähnlichem Niveau: die Vertonung bietet – ähnlich wie bei „Die Sims“ – ein unverständliches Gebrabbel, bei dem lediglich besagte Boxen die Dialoge anzeigen. Das hat natürlich wiederum den Vorteil, dass es keiner Synchronisationsarbeit bedurfte und der Titel sich schnell in andere Sprachen übersetzen lässt. 
 
Fazit: Selten tuen wir uns in der Redaktion derart schwer mit einer abschließenden Beurteilung, wie bei „Rustler“. Man möchte dem Entwicklerteam eigentlich ein großes Lob dafür aussprechen, dass es eine Hommage an die alten „GTA“-Titel erschaffen hat, die einen zwar prolligen, aber dennoch guten Humor besitzt, viele Anleihen an die Popkultur bietet und generell das „GTA“-Gefühl von damals gut eingefangen und aufs Mittelalter portiert hat. Doch dann kommen so Dinge wie die absolut 6bescheuerte Entscheidung, die Einblendung der Map auf den Stick zu legen, Unzulänglichkeiten bei der Steuerung, die gerade in den Gefechten für unnötigen Stress sorgen und Patzer bei der Grafik, sodass am Ende die Enttäuschung größer ist, als die Freude. Da bleibt nur zu hoffen, das künftige Patches die Fehler beheben, damit „Rustler“ doch noch ein rundum ordentlicher Titel werden kann. Das Potential ist in jedem Fall vorhanden. 
 
Die inn-joy Redaktion vergibt 6 von 10 Punkten.
 
Die inn-joy Redaktion bedankt sich bei den Entwicklern für das zur Verfügung gestellte Testmuster.
 
U. Sperling
 

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