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Ghostwire: Tokyo | Review (PS5)

| Marc Heiland | Konsolen
GhostwireBild1Als Entwickler Tango Gameworks 2019 sein neustes Spiel „Ghostwire: Tokyo“, das exklusiv für die PS5 und den PC veröffentlicht wird, erstmals der Weltöffentlichkeit präsentierte, waren die Fragezeichen in den Köpfen der Gamer-Community groß. Was um alles in der Welt haben uns die Entwickler dort gezeigt? Handelt es sich beim neusten Spiel der „Evil Within“-Produzenten um ein Action-Adventure? Oder soll es ein RPG werden? Warum ist die Millionencity Tokio in diesem Spiel menschenleer und wieso gibt es stattdessen nur Geister und mythische Wesen, die durch die Häuserschluchten der Metropole ziehen? Welche Aufgabe werden wir als Spieler haben, wer sind wir überhaupt? Und: Wer bitteschön ist dieser ominöse Mann mit der bösen „Hannya“-Maske aus dem japanischen Nō-Theater?
 
Bereits eine Woche vor dem Release, am 25.03.2022, hatten wir die Möglichkeit, ins virtuelle Tokyo einzutauchen und herauszufinden, was es mit dem ganzen geheimnisvollen Geisterspektakel in „Ghostwire: Tokyo“ auf sich hat.
 
Nachhilfe in japanischer Mythologie
Die Japaner haben eine lange und vielschichtige Historie, die voller urbaner Mythen, Legenden und Geheimnisse ist. Geister und Fabelwesen gehören zu Japan ebenso dazu, wie Sushi, das Nō-Theater und eine gewisse distanzierte Höflichkeit. 
Der Glaube an die Geister und übernatürlichen Wesen der japanischen Mythologie ist es auch, was die Basis von „Ghostwire: Tokyo“ bildet. Wer sich auf diesem Gebiet ein wenig auskennt, wird hier jede Menge bekannter „Charaktere“ wiederfinden. Diese „Yokai“ genannten Fabelwesen sind alle herrlich grotesk gestaltet und teilen sich in unterschiedliche Klassen ein. So gibt es beispielsweise kopflose Geister, die in Schuluniform auftauchen und mit schnellen Attacken versuchen, euch nach dem Leben zu trachten. Die Besucher sind Wesen, die mit Regenschirmen ausgestattet sind und euch frontal angreifen. Wieder eine andere Figur, die aus „The Ring“ stammen könnte, sieht aus wie eine Hexe und greift mit großen explosiven Feuerbällen an. In der Luft hängen Geister, die euch von oben mit Geschossen jagen, während eine Frau mit riesiger Schere in der Hand euch mit dieser angreift.
„Wie kann man sich denn gegen diese teilweise recht starken Gegner seiner Haut erwehren?“ mögt ihr euch da fragen. Die Antwort ist einfach und ebenfalls recht surreal: Ihr seid von einem Geist-Jäger „besessen“. Dieser hat nach einem Unfall, den euer Alter Ego Akito hatte, Besitz von eurem Körper ergriffen und euch so die Chance auf ein Weiterleben gegeben. Dies geschah allerdings ohne, dass Akito darum gebeten hatte. Und nun muss Akito mit KK, seinem „neuen Ich“ klarkommen. Dass das Ganze nicht immer einfach ist, könnt ihr euch denken. Aber ohne KK wirkt Akito gegen die Gegner ziemlich blass. Die Stärke der Fähigkeiten von KK haben die Entwickler auch wunderbar über das Feedback des DualSense-Controllers und den 3D-Sound wiedergegeben. Doch dazu später mehr. 
 
GhostwireBild2Metropole Tokio
Wie der Titel des Spiels es bereits erahnen lässt, ist die Story in Tokio angesiedelt. Die Millionenstadt wurde dabei als offene Spielwelt konzipiert. Dabei ist sie nicht gleich von Anfang an zugänglich, sondern muss erst freigeschaltet werden. Dies geschieht immer dann, wenn wir so genannte „Tori“ reinigen. Hierbei handelt es sich um große Tore, die meist zu einem Schrein oder Altar führen. Jedes Mal, wenn solch ein Portal gereinigt wurde, lichtet sich – im wahrsten Wortsinn – der Nebel, in den die Stadt verhüllt wurde und ihr kommt wieder ein Stück weiter voran. Denn Akito und KK können dem Nebel von sich aus nichts anhaben, da dieser den beiden Lebensenergie abzieht.
Um sich gegen die zahlreichen Geister zur Wehr zu setzen, spendieren euch die Entwickler (neben dem Schleichen) verschiedene Elementzauber wie Luft-, Wasser- und Feuerzauber, die ihr auf Gegner abfeuert. Um sie im Laufe des Spiels stärker zu machen, müsst ihr Seelen von verstorbenen Bewohnern der Millionenmetropole Tokio einsammeln. Abgeliefert werden sie an einer Telefonzelle. Dort werden sie dann in Lebenspunkte und Erfahrungspunkte eingetauscht. Klingt komisch? Ist aber ebenso passend wie der Rest des Titels. Ziel der Kämpfe mit den übersinnlichen Charakteren ist es, ihren „Kern“ freizulegen, der uns weitere Erfahrungspunkte und vor allem Energie für unsere Elementarzauber bietet. Schützen könnt ihr euch mit Talismanen, die verschiedene Aufgaben haben sowie Glaubensketten, die eure Zauber verstärken können. 
 
Neben diesen Zaubern (hier: „Ätherisches Weben) kann Akito auch seinen Bogen nutzen und blocken. Beides funktioniert (wie auch das Weben) sehr gut und die Steuerung insgesamt geht leicht in Fleisch und Blut über. Die Navigation durch das virtuelle Tokio funktioniert jedoch nicht nur zu Fuß und auf dem Boden, sondern auch in der Luft. Hier hakt ihr euch bei Falken ähnlichen Vögeln ein und lasst euch auf das nächste Dach ziehen. Auch kleinere Sprünge über einige Sekunden und somit größere Abstände sind möglich. Um die Geister schneller zu finden, gibt es die „Geistersicht“. Missionsziele und Nebenaufgaben zeigt euch die übersichtlich gestaltete Karte an. 
Heiltränke und Pfeile könnt ihr in den Arealen finden oder bei Händlern, den sogenannten „Nekomata“ (zweischwänzige Katzen) bekommen. Ab und an müsst ihr für verschiedene Items den Händlern auch Gefallen tun. Wichtig ist auch der Kontakt zu Hunden, die euch gegen ein wenig Hundefutter nützliche Tipps geben oder auch mal Geld ausbuddeln. Dies findet ihr auch immer wieder in den Gebieten ebenso, wie magische Gegenstände, die euch neue Elementarpunkte oder Essen geben. 
 
Story hui, Kämpfe – naja
Die Geschichte von Akito ist gelungen und wird im Laufe der recht kurzen Kampagne die – je nach Schwierigkeitsgrad – nur 8 bis 10 stunden dauert (wenn ihr nur die Hauptmissionen spielt), immer interessanter und persönlicher. Und auch KK hat eine spannende Hintergrundgeschichte spendiert bekommen, der er immer wieder in Dialogen mit Akito erzählt. Überhaupt haben sich die beiden Protagonisten einiges zu erzählen. Dabei erinnern Art und Weise, wie die beiden zu einem Team geformt werden und miteinander auskommen müssen, ein wenig an einen gewissen DC-Comic. Die deutsche Synchronisation bewegt sich durchweg auf gutem Niveau und der 3D-Sound kann überzeugen. Regen kommt hier ebenso „von oben“ wie Feinde von allen Seiten her. Gelungen ist ebenfalls der Soundtrack, der mit sphärischen und melodiösen Klängen aufwartet und immer wieder sentimentale Musikstücke zu bieten hat. Dadurch wird die Atmosphäre wunderbar getragen. 
Wie bereits erwähnt kämpft ihr in „Ghostwire: Tokyo“ recht viel, könnt theoretisch aber auch einigen Kämpfen entgehen. Da Akito jedoch relativ schnell so stark ist, dass die Gegner ihm nicht mehr viel anhaben können (zumindest auf „leichtem“ Schwierigkeitsgrad) und ihr zusätzlich die Feinde automatisch anvisieren könnt, sind die Kämpfe nicht allzu herausfordernd. Schade ist hierbei, dass die Anzahl an Gegnertypen recht überschaubar sind und die Kämpfe nach dem immer selben Schema ablaufen. Dass repetitive Gameplay ist eine der wenigen Schwachstellen des Spiels. 
 
Ist das nun „Next Gen“?
Da „Ghostwire Tokyo“ aktuell ausschließlich auf der PS5 und dem PC erhältlich ist (vermutlich dürfte nach dem Kauf von Bethesda durch Microsoft der Titel nach Ablauf des Exklusivdeals mit Sony im kommenden Jahr erscheinen, was jedoch mangels immersivem Controller mit deutlichen Abstrichen der Fall sein wird), könnte man ja eigentlich davon ausgehen, dass Tango Gameworks hier die Kraft der Sony-Konsole voll ausnutzt. Dem ist allerdings nicht ganz so. Zwar sieht das stets in Dunkelheit und immer wieder auch in Regen getauchte Tokio richtig gut aus und wer schon einmal vor Ort war, der dürfte sich wohl auch hier schnell zurechtfinden. Darüber hinaus überzeugt das Spiel mit seinen wunderbaren Licht- und Schatteneffekten und dem tollen Geisterdesign. Doch es gibt auch einige Schwächen, die „Ghostwire: Tokyo“ nicht verbergen kann. So wirkt der Regen alles andere als zeitgemäß, die Charaktere etwas hölzern animiert und die Mimik hinkt deutlich hinter Titeln wie „Horizon: Forbidden West“ hinterher. Dass die Entwickler mit viel Nebel die grafische Darstellung drosselt und immer nur einen kleineren Teil darstellen muss, ist geschickt gelöst, passt aber natürlich zur Story. Die Texturen sind stellenweise etwas verwaschen und die Fauna wirkt stimmig aber nicht over the top. Das gilt dann auch für die Effekte der Zauber, die ordentlich sind, denen es aber – im Gegensatz zum Effekt des Reinigens der Tore – deutlich an „Wumms“ fehlt. Auch wenn Tokio alles andere als schlecht aussieht, gleichen sich die Straßen in ihrer Leere, den überall zu findenden Regenschirmen, den parkenden Autos und LKW zu sehr. Auch hier arbeiten andere Entwickler besser die Glaubwürdigkeit einer abwechslungsreichen Metropole heraus, wenngleich die markanten Stellen und POI da positiv hervorstechen.
 
8Fazit: „Ghostwire: Tokyo“ überzeugt durch eine tolle, wenngleich recht kurze Story, eine gute Vertonung, interessante Geister und Fabelwesen und eine interessante Symbiose zwischen Akito und KK. Gleichzeitig mangelt es dem Spiel an Abwechslung, sowohl bei den Kämpfen als auch den Gegnertypen, von denen es leider viel zu wenige gibt. Gelungen sind die kleinen Schockmomente, die sich allerdings auch nur auf die erste Hälfte des Spiels beschränken und vor allem die musikalische und klangliche Untermalung. Dennoch können wir den Ausflug ins verregnete Tokio empfehlen. 
 
Die inn-joy Redaktion vergibt 8 von 10 Punkten.
 
Die inn-joy Redaktion bedankt sich bei Bethesda für das zur Verfügung gestellte Rezensionsexemplar.
 
L. Zimmermann
 

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