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Maneater | Review (Xbox One)

| Marc Heiland | Konsolen
ManEaterBild1Haie haben ja prinzipiell innerhalb unserer Gesellschaft ein eher schlechtes Image. „Stumpfsinnige Killermaschinen“, „brutale Einzelgänger“, „Kampfmaschinen“ und „unberechenbare Monster“, sind nur einige Phrasen, die man im Zusammenhang mit Haien im Internet findet. Dabei geht es zum einen um Vorurteile, die Menschen gegenüber den Meeresbewohnern haben. Zum anderen um einige der wenigen Attacken von – in der Regel weißen – Haien gegenüber Menschen, die sie mit Robben oder ähnlicher Nahrung verwechseln und die dann in den meisten Fällen für die Menschen tödlich enden. Dieses Image, das allerdings meist ausschließlich auf den weißen Hai zutrifft, wurde nicht zuletzt in den 1970er Jahren durch die gleichnamigen Filme von Starregisseur Steven Spielberg aufgebaut. Dass jedoch der Großteil der Haie eher friedliebende Wesen sind und Menschen eigentlich eher aus dem Weg gehen bzw. überhaupt nicht in ihre Nähe kommen, fällt meistens unter den Tisch.
Und dennoch geht von Haien – mögen sie noch so gefährlich sein oder wirken – eine enorm große Faszination aus. Möglicherweise, weil sie alle anderen Lebewesen seit Jahrmillionen überdauert haben. Möglicherweise aber eben auch aufgrund des Bildes der ewigen „Kampfmaschine“ oder weil Fossilien und Funde auf imposante Weise zeigen, wie gefährlich sie sein könn(t)en. Wie dem auch sei: In die Haut eines Hais zu schlüpfen und daraus sogar ein Videospiel zu machen, muss auf die Entwickler des gerade erschienenen „Maneater“ eine ungeheure Faszination ausgeübt haben, da bislang niemand auf die Idee gekommen ist. Wir haben uns anhand der Xbox One-Version ein Bild vom Leben als virtueller Hai gemacht und verraten euch, ob es Spaß macht, auf der anderen Seite zu spielen und wie das Leben des Hais überhaupt umgesetzt wurde. 
 
Auch Haie haben es nicht leicht
Man mag es kaum glauben, aber „Maneater“ stellt nicht (nur) den Hai als „Fressmaschine“ dar, sondern spendiert dem Hai und seinem Leben vom Neugeborenen bis zum erwachsenen Tier sogar eine Story. Diese ist zwar ziemlich klischeebeladen, setzt aber das Verhältnis zwischen Gut und Böse in ein gewisses Licht, sodass das Töten von Menschen zwar nicht gutzuheißen ist, aber nachvollziehbar wird. Ob das Ganze in Ordnung geht, muss natürlich jeder Spieler für sich entscheiden. Andererseits: Ist es in Ordnung, in unzähligen Spielen Menschen zu erschießen?
 
Doch genug der moralischen Komponente. Beantworten wir zunächst einmal die Frage, worum es in „Maneater“ überhaupt geht. Das Spiel beginnt mit einem erwachsenen Bullenhai-Weibchen. Dieses dürft ihr in den ersten Spielminuten übernehmen, um euch an die Steuerung des Hais zu gewöhnen. So lernt ihr, wie ihr den Hai durchs Wasser bewegt, auf- und abtaucht, mit eurer Schwanzflosse Gegner betäubt oder Boote beschädigt, aus dem Wasser springt, nach Gegnern schnappt bzw. diese auffressen könnt, dass es für Haie nicht sonderlich gesund ist, länger an Land zu bleiben (hier nimmt zuerst die Sauerstoffanzeige ab, während im zweiten Schritt, falls ihr noch immer nicht rechtzeitig ins Wasser abgetaucht seid, die Gesundheitsleiste sich einem bedrohlichen Bereich nähert) und wie ihr euren Hai in verschiedenen Evolutionsstufen „verbessert“. So können beispielsweise der Kiefer des Hais und seine Zähne verbessert werden, das Sonar und weitere Körperteile. Hierfür benötigt ihr allerdings verschiedene Nährstoffe und DNA, die ihr durch das Fressen von kleinen und großen Fischen, Alligatoren oder auch Menschen sowie das Aufspüren von Nährstoffkisten an gewissen Orten erhaltet. Zwischen Storymissionen gibt es zahlreiche Dinge zu finden und Nebenmissionen zu bewältigen. All das ist auf einer Übersichtskarte der Areale zu finden. Während man sich relativ leicht an die Steuerung gewöhnt, sind die Kämpfe einerseits recht spannend inszeniert und wirken natürlich. Andererseits gibt es immer wieder Probleme mit der Kamera, da sie nicht dynamisch mitschwenkt, was gerade in umfangreichen und komplizierten Kämpfen gegen mächtige Alligatoren, Barrakudas, große Fische oder auch Jäger schon mal zum Nachteil werden kann. 
 
Warum ihr überhaupt kämpfen müsst, erfahrt ihr innerhalb der Story. Denn nach wenigen Spielminuten taucht euer eigentlicher Feind auf. Hierbei handelt es sich um einen Fischer und Jäger, der es – aus zunächst noch unbekannten Gründen – auf euch als Haiweibchen abgesehen hat. So jagt er euch unbarmherzig, fängt euch und schlitzt dem Haiweibchen schlussendlich den Bauch auf. Das Ganze wird recht brutal dargestellt (wie auch die Haiattacken nicht mit Blut geizen) und rückt somit den Hai ins positive, den Menschen hingegen in negatives Licht. Denn natürlich ist das Haiweibchen trächtig. Gerade in dem Moment, als der Fischer auch das Haibaby töten möchte, setzt sich dieses allerdings um sein Leben kämpfend zur Wehr und reißt dem menschlichen Feind den Arm ab. Mitleid mit dem Jäger empfindet man in diesem Augenblick tatsächlich nicht. Von diesem Moment an schlüpft ihr in die Rolle des Haibabys, das auf Rache am Tod seiner Mutter sinnt und alles dransetzen wird, den Killer seiner Mutter aufzuspüren und zu Fischfutter zu verarbeiten. 
 
ManEaterBild2Bis es soweit ist, müsst ihr fressen und euren Hai verbessern. Dass das gar nicht so einfach ist, erkennt ihr schnell. Denn wenn die ersten Jäger, die immer dann auftauchen, wenn ihr in ihren Gewässern auf die Jagd nach Menschen geht, euch erst einmal im Visier haben, werdet ihr schneller erschossen, als ihr denkt. Also heißt es zunächst, den Feinden aus dem Weg zu gehen und zu wachsen und stärker zu werden. Generell gilt, wie einst bei „Assassin’s Creed“: Leg dich nicht mit Gegnern an, die eine höhere Stufe haben als du! Denn diese Kämpfe könnt ihr zunächst nicht für euch entscheiden. Doch wenn ihr dann die gleiche oder eine höhere Stufe erreicht habt, kann der Gegner meist in einem kurzen aber intensiven Kampf besiegt werden. Euer Vorteil: Sollte euch mitten im Kampf einmal die Lebensenergie zur Neige gehen, unterbrecht ihr ihn einfach durch eine schnelle Flucht, fresst ein paar Fische und regeneriert euch somit, um dann erneut in den Kampf einzutreten. Euer Gegner kann dies nämlich praktischerweise nicht.
Seid ihr dann ein ausgewachsenes Tier, könnt ihr neue Areale durch verschlossene Gitter erobern, die ihr mit der nötigen Attacke aufbrecht. Hier gibt es weitere Aufgaben und Gegner. Um dann in der Evolution voranzuschreiten, und irgendwann eurem „Erzfeind“ entgegenzutreten, müssen vorab weitere „Jäger-Meister“ erledigt werden. Diese treten immer dann auf den Plan, wenn ihr den Menschen im Wasser und an den Stränden den Garaus macht. Die Zwischengegner haben eine ganze Kohorte an Jägern mit im Schlepptau, die ihr möglichst schnell eliminieren solltet, damit nicht noch mehr Nachschub mit Booten und Schiffen ankommt. Das Ganze Unterfangen wird von Stufe zu Stufe schwerer, kann also auch nur mit einem weiter „aufgelevelten“  Hai funktionieren. Jede Evolutionsstufe wird in den Höhlen, in welchen euer Hai Schutz sucht und die als Speicherpunkt dienen, vollzogen werden. Zu diese Höhlen dürft ihr euch jederzeit (außer im Kampf) per Schnellreise-Funktion zurückziehen. 
 
Sarkastisch, zynisch und doch interessant und kritisch zugleich
Begleitet wird euer Tun stets von einem Off-Kommentar, der zum einen eine Menge Wissen rund um Haie vermittelt, und bei seinen Kommentaren ein wenig an legendäre BBC-Dokumentationen erinnert, zum anderen aber auch mit sarkastischen und zynischen Sprüchen selten spart. Wer allerdings meint, hier nur Trash und Gewaltorgien vorzufinden, der irrt. Denn abgesehen vom virtuellen Rachefeldzug nehmen die Entwickler auch das Thema Umweltverschmutzung bewusst mit auf die Tagesordnung und zeigen anhand verschiedener Areale, was der Raubbau der Natur mit unserer Umwelt so alles anstellt. Wenn ihr durch verdreckte Anlagen schwimmt, das Thema radioaktive Verseuchung und Mutation immer wieder erwähnt wird und hier und dort gesellschaftskritische Töne anklingen, kommt man auch mitten im Spiel schnell ins Grübeln. 
Grafisch und akustisch wurde „Maneater“ erstaunlich gut umgesetzt. So stehen die virtuellen Fische und Haie ihren realen Vorbildern in nichts nach, sehen die Areale sehr detailliert aus und vor allem die Höhlen glänzen mit einer tollen Gestaltung. Hinzu kommen ein einzigartiges Licht- und Schattenspiel und verschiedene Tageszeiten, die dem Szenario einen einzigartigen Look verleihen. Selbiges gilt für den Sound. Während eure Gegner fauchen und glaubwürdige Laute von sich geben, wirkt unter Wasser alles ein wenig gedämpfter. Was ein wenig seltsam wirkt, sind die Rufe der Menschen und der Jäger. Diese sind – im Gegensatz zum Rest des Spiels – nicht eingedeutscht worden und wirken daher ein wenig wie Fremdkörper im Spiel. 
 
Fazit: Über die moralische Komponente, Menschen zu fressen, mag man geteilter Meinung sein. Dennoch ist „Maneater“ ein wirklich gelungenes Spiel geworden, das vor allem aus den Möglichkeiten, den Hai zu entwickeln und der Motivation, den Killer der Mutter zum Schluss dingfest zu machen, sein Potential zieht. Da verzeiht man dem 8Spiel auch kleinere Macken, wie die Kameraführung in Kämpfen und die doch recht eintönigen Nebenmissionen. Wer mal ein ganz anderes Szenario jenseits aller Mainstream-Spiele erleben möchte, sollte hier zugreifen. Zartbesaitete sind bei „Maneater“ jedoch an der falschen Stelle.
 
Die inn-joy Redaktion vergibt 8 von 10 Punkten.
 
Die inn-joy Redaktion bedankt sich bei Koch Media für das zur Verfügung gestellte Testexemplar.
 
U. Sperling
 

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