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Tony's Chocolonely - Sklavenfreie Schokolade jetzt auch in Deutschland

| Marc Heiland | Für Gourmets

TonysBild1Seit Ende 2017 stellen wir bei inn-joy in unserer Rubrik „Kaffeewelten“ Spezialitätenröstereien in ganz Deutschland, Österreich und der Schweiz vor, die sich Nachhaltigkeit, Fairness, Transparenz und Qualität auf die Fahnen geschrieben haben. Doch während gerade im Bereich des Kaffees etliche Röstereien auf fairen Handel und Nachhaltigkeit setzen, sieht es in anderen Bereichen bislang eher dürftig aus. Vor allem die Süßwarenbranche behandelt das Thema eher stiefmütterlich. Mit einer Vorbildfunktion geht hier das niederländische Süßwarenunternehmen „Tony's Chocolonely“ voran. Zu den Grundsätzen des Unternehmens gehören nämlich die Herstellung und der Verkauf von Schokolade, die sich an fairem Handel und Nachhaltigkeit orientiert und die erste „sklavenfreie“ Schokolade auf dem Markt ist. Was man darunter versteht, wie das Unternehmen vorgeht und wie die Schokolade schmeckt, erfahrt ihr an dieser Stelle.

Ein kurzer Abriss der Firmengeschichte und des Vorhabens

Vor 18 Jahren, im Sommer 2001, unterzeichneten acht führende Schokoladenhersteller und NGOs ein Abkommen, welches sie verpflichten sollte, gegen Kinderarbeit innerhalb der Kakao- und Schokoladenindustrie vorzugehen. Doch leider blieben die Bekenntnisse zu einem „fairen“ Umgang mit den Arbeitern auf den Kakaoplantagen nichts weiter als Lippenbekenntnisse. Dieses unredliche Vorgehen empörte den niederländischen Investigativjournalisten

Teun van de Keuken. Als Zeichen gegen die Weigerung der Konzerne, das Abkommen auch in der Praxis einzuhalten, filmte sich der Journalist beim Verzehr von 17 Tafeln Schokolade. Anschließend zeigte sich van de Keuken aufgrund von „wissentlichem Kauf eines illegal hergestellten Produkts“ selbst an. Dieses Vorgang sorgte für die nötige Öffentlichkeit, um einen Schritt weiter zu gehen. Mit Unterstützung ehemaliger auf Kakaoplantagen an der Elfenbeinküste arbeitender Sklaven, die als Zeugen aussagen sollten, plante der Journalist einen öffentlichen Gerichtsprozess. Trotz (oder gerade wegen) aller medialer Aufmerksamkeit lehnte es der niederländische Generalstaatsanwalt ab, die Klage zum Prozess zu führen, mit der Begründung, die Klage befände sich nicht im Bereich seiner Zuständigkeit.

Da jedoch die Öffentlichkeit bereits durch diese Aktion aufmerksam geworden war, nutzte van de Keuken diese einmalige Chance, und brachte seine eigene, zu 100% „sklavenfreie“ Schokolade auf den Markt. Unter dem Namen „Tonys Chocolonely-Schokolade“ begannen er und sein Team mit der Produktion. Dennoch gab es für den Journalisten und seine Mitarbeiter Gegenwind. So warf man ihm beispielsweise im Jahr 2010 vor, für seine Haselnuss-Schokolade Nüsse einzusetzen, welche in der Türkei von Kindern geerntet würden. Van de Keuken reagierte prompt und bezog von nun an die Haselnüsse von einem örtlichen Anbieter. 2015 eröffnete das Unternehmen seine erste Niederlassung in Portland im US-Bundesstaat Oregon. In den vergangenen drei Jahren exportierte der Konzern seine Schokolade nach Belgien, Finnland, Dänemark, Schweden, die USA, Großbritannien und nach Deutschland. Mittlerweile beträgt der Anteil der eigenen Schokolade in den Niederlanden fast 20%, womit man vor den „Global Playern“ Nestlé und Mars liegt.

TonysBild2Fair, nachhaltig und wahnsinnig lecker

Um den selbst gesetzten Standards auch gerecht werden zu können, setzt man bei Tony’s auf insgesamt fünf überprüfbare Fakten („Zutaten“), aus denen sich die nachhaltige Schokolade (nicht nur symbolisch) zusammensetzt, wie uns die Homepage wissen lässt:

1. Zutat

rückverfolgbare Bohnen

Tony's Kakaobohnen (sowohl für Kakaomasse als auch für Kakaobutter) sind vollständig rückverfolgbar. Wir beziehen sie direkt von unseren Partnerkooperativen Kapatchiva, Ecojad, Socoopacdi und ECAM an der Elfenbeinküste und ABOCFA in Ghana. Das bedeutet, dass wir garantieren können, dass die Bohnen in unseren Tafeln von einer unserer Partnergenossenschaften stammen. Und das macht uns einzigartig. Die Mitglieder unserer Partnergenossenschaften haben die Kakaoproduktion seit Beginn unserer Bemühungen kontinuierlich gesteigert. Eine angemessene Planung und genaue Schätzung der benötigten Bohnenmenge sind sehr wichtig, um diese Steigerung zu erreichen. Und Tony's Beantracker sorgt dafür, dass wir genau wissen, wann unsere Bohnen transportiert werden und aus welcher Genossenschaft sie stammen.

2. Zutat

ein höherer Preis

Wir zahlen einen zusätzlichen Aufpreis für unseren Kakao. Das tun wir, weil der Preis, den die Bauern normalerweise für ihren Kakao erhalten, es ihnen unmöglich macht, der Armutsfalle zu entkommen. Sie verdienen nicht einmal genug, um ihre Ausgaben zu decken. Der „Tony's-Aufpreis“ macht den Unterschied aus. Wir glauben, dass die Kakaobauern in der Lage sein sollten, ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Mit anderen Worten: Das Netto-Haushaltseinkommen sollte allen Mitgliedern eines durchschnittlichen Haushalts einen respektablen Lebensstandard bieten.

Tony's-Aufpreis

Die Bauern erhalten den „Tony's-Aufpreis“ in Form von Direktzahlungen und in Form einer allgemeineren Unterstützung für ihre Genossenschaft. Im vergangenen Jahr betrug unser Aufpreis (einschließlich des Fairtrade-Aufpreises von 200$ (umgerechnet ca. 170€) pro Tonne mindestens 375$ (ca. 320 €) pro 1.000kg Kakao. Das ist ein Aufschlag von etwa 20% auf den Preis ab Hof. Mit Hilfe von True Price haben wir errechnet, dass es notwendig war, zusätzlich 175$ (ca. 150€) zum Fairtrade-Aufpreis hinzuzufügen, damit die Bauern ein angemessenes Einkommen erzielen können. Heißt das, dass die Bauern dann oberhalb der Armutsgrenze leben? Nicht unbedingt. Wie bereits gesagt: alle 5 Zutaten werden benötigt. Lies weiter, um mehr über die nächste Zutat zu erfahren.

3. Zutat

starke Bauern

Wir investieren in die Genossenschaften, mit denen wir zusammenarbeiten und helfen, sie stärker zu machen. Wir zeigen ihnen, wie sie als Organisation professioneller arbeiten können, helfen ihnen, Skaleneffekte zu erzielen, und schaffen Engagement und Vertrauen unter den Bauern. Starke Genossenschaften bieten den Bauern viele Vorteile. Sie können einen besseren Preis aushandeln, wenn sie Produktionsmittel gemeinsam kaufen. Bauern, die nicht Mitglied einer Genossenschaft sind, haben oft weitaus mehr Schwierigkeiten. Wir sind stolz auf das Engagement der Bauern, mit denen wir zusammenarbeiten. Bei den Jahreshauptversammlungen in Ghana und an der Elfenbeinküste gibt es immer eine sehr hohe Beteiligung. Wir reden von einem vollen Haus! Wir sorgen dafür, dass auch Bevollmächtigte von Tony's anwesend sind, damit wir die Bauern noch besser kennenlernen und sehen können, dass unser Aufpreis sinnvoll genutzt wird.

4. Zutat

langfristige Sichtweise

Wir arbeiten mindestens 5 Jahre lang mit den Bauern zusammen. Denn so wissen sie, dass sie für die kommenden Jahre den Aufpreis von Tony's für ihre Ernte erhalten. Das gibt ihnen die Möglichkeit, langfristig in ihre Farmen zu investieren. Sie können zum Beispiel neue Kakaopflanzen für eine bessere Ernte kaufen oder in landwirtschaftliche Geräte oder Ausbildung investieren. Dank unseren langjährigen Beziehungen sehen wir, dass die Bauern sich den Folgen von Kinderarbeit jetzt stärker bewusst sind. Mittlerweile gibt es Projekte, die sich mit Themen wie Kinderarbeit und Bauernrechten befassen. Zum Beispiel das „Child Labor Monitoring and Remediation System“ (CLMRS), das die Genossenschaften befragt und zur Verbesserung der Lebensbedingungen der Bauern beiträgt. Bevor wir anfangen können, über die Beseitigung von Kinderarbeit oder Sklaverei zu sprechen, ist es notwendig, unterstützende Bedingungen in der Gemeinschaft zu schaffen.

5. Zutat

höhere Qualität und Produktivität

Nicht nur der Kakaopreis muss höher sein, sondern auch die Produktion. Jeder muss Verantwortung übernehmen, damit unser Rezept funktioniert. Ein guter Bauer, der von einer professionellen Genossenschaft unterstützt wird, die Skaleneffekte erzielt, sollte in der Lage sein, 800 Kilo Kakao pro Hektar zu produzieren. Viele Bauern produzieren jedoch nur 30 bis 40% dessen, was wir für möglich halten. Das bedeutet, dass sie Einkommen verpassen. Außerdem ist die Qualität der Bohnen nicht immer ausreichend. Manche Bohnen schaffen es gar nicht bis zum Export. Der Tony's-Aufpreis ermutigt die Bauern, ihre Ernte zu verbessern. Wenn ihre Farmen profitabler werden, steigt auch ihre Motivation. Eine Win-Win-Situation! Es ermöglicht ihnen auch, in Produktionsmittel wie besseren Dünger zu investieren, ihre Bäume zum richtigen Zeitpunkt zu beschneiden und neue Kakaobäume zu pflanzen. Das erhöht die Qualität ihrer Bohnen und kann ihre Produktivität verdoppeln. Natürlich sind wir realistisch genug, um zu erkennen, dass dies zwar relativ schnell geschehen kann, jedoch nicht über Nacht. Deshalb arbeiten wir mindestens 5 Jahre lang mit den Bauern zusammen.

Kurzum, motivierte Bauern mit einer Grundausbildung, und der Bereitschaft zu kooperieren und mehr Zeit in ihre Farmen zu investieren, können leicht 800 Kilo pro Hektar ernten, während sie derzeit 350 bis 550 Kilo ernten. (© tonyschocolonely.com)

Aktuelles Angebot von „Tony's Chocolonely“ und Geschmackserfahrungen

Aktuell (Stand 05/2019) bietet das Unternehmen – wie bereits erwähnt – insgesamt sechs verschiedene Schokoladen im Onlineshop und in verschiedenen Geschäften an. Hierbei handelt es sich um „Vollmilchschokolade“, „Vollmilchschokolade mit Karamell und Meersalz“, „Vollmilchschokolade mit Nougat“, „Zartbitterschokolade mit Mandel und Meersalz“, „Vollmilchschokolade mit Haselnuss“ und „Dunkle Vollmilchschokolade mit Brezel und Toffee“. Jede Sorte gibt es wahlweise als ganze Tafel mit einem Gewicht von 180g oder als „Riegel“ mit einem Gewicht von 50g, quasi zum probieren. Die Sorte „Brezel und Toffee“ erhaltet ihr allerdings ausschließlich als Tafel. Geschmacklich können alle Sorten absolut überzeugen. Die Schokolade ist sehr cremig und der Geschmack intensiv. Uns hat sie besser geschmeckt als von den bislang uns bekannten großen Firmen. Die Haselnuss-Sorte überzeugt durch die frischen Nüsse, die Sorte mit Meersalz überrascht auf angenehme Weise, da sie natürlich zunächst ein wenig extravagant schmeckt, aber wunderbar harmonisch abgestimmt ist und auch gut zum Grillfest passt. Richtig toll ist die Sorte mit Brezel. Muss man probiert haben. Unser absoluter Liebling innerhalb der Redaktion (den wir auch sofort erneut gekauft haben!) ist jedoch die Vollmilchschokolade mit Nougat. Die cremige, fein abgestimmte, zart auf der Zunge schmelzende Sorte ist purer Genuss und erfüllt die Sinne mit einem absoluten WOW-Erlebnis. 32% Nougat sprechen hier für sich. Einfach nur toll!

 

Fazit: „Tony's Chocolonely“ ist ein tolles Projekt, das sich für sklavenfrei produzierte Schokolade einsetzt und daher auch absolut zu unterstützen ist. Denn in Zeiten der Globalisierung, die häufig auf dem Rücken der Armen ausgetragen wird, ist es wichtig zu schauen, wie die Lebensmittel, welche man verzehrt, hergestellt werden. Dass die Schokolade dann auch noch besser schmeckt als die der Mitbewerber, macht das Ganze „rund“ und lässt 10uns gerne und ruhigen Gewissens ins Regal greifen. Unser Apell: Wenn ihr Schokolade verschenken möchtet oder euch für den Eigenbedarf kauft, greift zu den Sorten von „Tony's Chocolonely“!

Die inn-joy Redaktion vergibt 10 von 10 Punkten.

Die inn-joy Redaktion bedankt sich bei „Tony's Chocolonely“ für die zur Verfügung gestellten Testexemplare.

M. Heiland

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