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| Marc Heiland | DVD-Reviews

GI272018 jährt sich zum 100. Mal das Ende des Ersten Weltkriegs. Aber ist der Krieg im November 1918 wirklich zu Ende? An der Westfront schweigen die Waffen, doch um einen Frieden muss erst noch gerungen werden. Im Osten gehen die Kämpfe weiter: Russland versinkt in einem blutigen Bürgerkrieg. Das von US-Präsident Wilson versprochene Selbstbestimmungsrecht der Völker erweist sich in vielen Regionen als neuer Konfliktherd.

Rezension: Während der erste DVD-Schulfilm zum ersten Weltkrieg „Ausbruch, Materialschlachten und Ostfront“ zum Gegenstand hatte und der zweite DVD-Schulfilm mit „Heimatfront, Revolutionen und Kriegsende“ thematisierte, geht es nun im dritten DVD-Schulfilm der Reihe „Geschichte interaktiv“ in Folge 27 um den „Versailler Vertrag und die Folgen“. Dies ist sehr zu begrüßen, da doch gerade dieses wichtige Dokument der deutschen Geschichte bislang recht stiefmütterlich in der Reihe behandelt wurde. Wenn man bedenkt, dass der Versailler Friedensvertrag nicht nur die Menschen der Weimarer Republik besonders belasteten und durch ihn erst die „Dolchstoßlegende“ blühen konnte, sondern er auch einer der Gründe ist, warum die NSDAP und Adolf Hitler einen so enormen Zulauf erhielten (die Revision des Vertrages war eines der obersten Ziele der NSDAP), dann kann man einschätzen, wie wichtig eine intensive Auseinandersetzung mit dem Vertrag ist.

Die DVD ist – wie immer – unterteilt in einen Hauptfilm und verschiedene Module, welche inhaltliche Schwerpunkte des Hauptfilms vertieft aufgreifen. Neben Originalaufnahmen und Darstellungen kommen bekannte Experten und Expertinnen wie Gerd Krumeich, Kerstin von Lingen und Jörg Baberowski zu Wort.

Für Folge 27 haben sich Anne Roerkohl und ihr redaktionelles Team einige Neuerungen ausgedacht. So gibt es das neue Format „Geschichte in Standpunkten“. Hier erläutern die Historiker und Historikerinnen verschiedene Schwerpunktthemen und bewerten diese. Ebenfalls neu ist das Filmformat „Geschichte im Fokus“, in welchem Hintergrundinformationen zu ausgewählten Themen gegeben werden, welche nicht in den Modulen vertieft werden können. Ein Beispiel ist das Schloss Versailles als geschichtsträchtiger Ort deutsch-französischer Geschichte, da dort nicht nur der Friedensvertrag unterzeichnet, sondern bereits 1871 das Deutsche Kaiserreich ausgerufen wurde. Auch neu sind „Geschichte in Karten“ und (eigentlich bekannt aber hier neu genannt) „Geschichte in Texten“. Die Erläuterungen sind wie immer sehr professionell und für Schülerinnen und Schüler gut zu verstehen. Neben bereits bekanntem Film- und Dokumentationsmaterial gibt es neues Material, das auch für Lehrer, die die älteren DVDs schon kennen, interessant sind. Hier ein Überblick über die einzelnen Module:

Die Pariser Friedenskonferenz und Wilsons 14 Punkte

Im November 1918 endet der Erste Weltkrieg. Doch der Waffenstillstand bringt noch keinen wirklichen Frieden. Der Hass, den die Kriegspropaganda gesät hat, sitzt tief und prägt die Friedenskonferenz, die im Januar 1919 in Paris beginnt. Im Osten geht die Gewalt weiter. In Russland tobt nach der Oktoberrevolution ein brutaler Bürgerkrieg. Für die Hoffnung auf einen fairen Frieden und das Selbstbestimmungsrecht der Völker steht US-Präsident Woodrow Wilson mit seinem 14-Punkte-Programm. Er bereitet auch den Weg für die Gründung des „Völkerbunds“, der dauerhafte Verständigung zwischen den Nationen bringen soll.

Die Revolution von 1918 und die "Schmach" von Versailles

Als Matthias Erzberger im November 1918 im Wald von Compiègne den Waffenstillstand unterzeichnet, steckt Deutschland mitten in einer Revolution. Philipp Scheidemann ruft die Republik aus, Kaiser Wilhelm II. dankt ab. Das Reich erhält nun eine demokratische Verfassung. Doch der Versailler Friedensvertrag wird die Weimarer Republik schwer belasten. Denn Deutschland muss große Gebiete abtreten, hohe Reparationen zahlen und die alleinige Kriegsschuld anerkennen. Der „Diktatfrieden“ von Versailles und der Wunsch der Deutschen nach Revision des Vertrages werden später den Aufstieg Hitlers befördern.

Geschichte in Karten: Das Ende der Vielvölkerstaaten

Das Großreich des russischen Zaren geht mit der Revolution von 1917 unter. Österreich-Ungarn und das Osmanische Reich zerfallen 1918 nach der Niederlage im Ersten Weltkrieg. Im Osten Europas entstehen auf dem Gebiet der Vielvölkerreiche viele neue Staaten. Sie alle berufen sich auf das Selbstbestimmungsrecht und wollen meist Nationalstaaten nur eines Volkes sein. Auf ihrem Gebiet leben aber oft noch andere ethnische Gruppen. Das führt zu heftigen Konflikten um die korrekte Grenzziehung und die Minderheitenrechte. In Vorderasien teilen die Kolonialmächte Großbritannien und Frankreich osmanische Territorien unter sich auf. Die Interessen der betroffenen Völker ignorieren sie.

Geschichte in Standpunkten: Experten zur Welt nach 1918

Im Rückblick erscheint der Verlauf der Geschichte oft zwangsläufig. Für die Zeitgenossen damals standen aber meist verschiedene Wege offen und manche Entscheidung hätte auch ganz anders ausfallen und die Geschichte in eine andere Richtung lenken können. Unsere Experten nehmen Stellung zu vier Fragen:

Waren die Menschen 1918 überhaupt zu einem echten Frieden bereit?

Welche Chance hatte der Völkerbund für mehr Verständigung zu sorgen?

Wie hat sich das Lebensgefühl der Menschen nach 1918 verändert?

Welche Folgen hatte der Zerfall der Imperien - damals und bis heute?

Geschichte im Fokus: Versailles - Polen - Friedenskonferenzen

Vieles in der Geschichte hat Bezüge, die in andere Epochen verweisen. In drei Kurzfilmen erklären wir solche Hintergründe für die Zeit um 1918/19:

Das Schloss von Versailles als Ort des Friedensschlusses hatte für die Franzosen hohe symbolische Bedeutung. Denn die Deutschen hatten hier nach einem Sieg über Frankreich 1871 ihr Kaiserreich gegründet.

Für die Polen endet 1918 eine lange Zeit der Unterdrückung ihrer Nation. Ihr Staat war 1795 von der Landkarte verschwunden.

Was ist besonders an der Pariser Friedenskonferenz? Wir vergleichen:

Wiener Kongress 1815 - Paris 1919 - Potsdamer Konferenz 1945

Geschichte in Texten: Der Erste Weltkrieg in der Literatur

Der Kriegsbeginn hatte 1914 bei vielen Menschen Begeisterung ausgelöst. Die Realität des Krieges vertrieb die Euphorie schnell. 1918 kehrten viele Soldaten tief traumatisiert in die Heimat zurück. Sie hatten unsagbare Grausamkeit erlebt. Manch einer zerbrach daran. Andere versuchten ihre Erlebnisse in literarischen Texten zu verarbeiten. Eine Theatergruppe aus Münster präsentiert vor Kriegerdenkmälern als Kulisse Ausschnitte aus diesen erschütternden Zeugnissen. Die Texte stammen aus den Romanen „Heeresbericht“ von Edlef Köppen, „Krieg“ von Ludwig Renn und „Im Westen nichts Neues“ von Erich Maria Remarque.

10Fazit: Wie kaum anders zu erwarten, besticht auch „Geschichte interaktiv Folge 27“ durch eine hervorragende Darstellung des Themas, durch gut zu verstehende Erläuterungen und setzt neue, interessante Impulse. Das didaktische Material wird bei Erscheinen im Januar 2018 von uns besprochen bzw. die Rezension ergänzt werden.

Die inn-joy Redaktion vergibt 10 von 10 Punkten.

Die inn-joy Redaktion bedankt sich bei dokumentARfilm für das zur Verfügung gestellte Rezensionsexemplar.

D. Stappen

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