Uncharted 4: A Thief's End | Review (PS4)
| Marc Heiland | Konsolen

Ein ungleiches Brüderpaar
Seit Nathans Drakes erstem Abenteuer sind nun schon fast zehn Jahre - und in der virtuellen Welt von Uncharted sogar noch mehr – vergangen. Und die zahlreichen Reisen, die Nathan zusammen mit seinem alten Kumpel Sully hinter sich gebracht hat, sind an beiden Charakteren sowohl optisch, als auch seelisch nicht spurlos vorüber gegangen. Und so wundert es nicht, dass sich Nathan nun in seinem Ruhestand mit zahlreichen Gelegenheitstauchgängen, bei denen eher Kupferleitungen als große Schätze an der Tagesordnung stehen, über Wasser hält und versucht, sich gegen seinen tristen Alltag zu stemmen. Denn tief in ihm steckt natürlich noch immer der Abenteurer, den ihr aus den drei Vorgängern kennen und lieben gelernt habt. Nun jedoch ist er sesshaft geworden und lebt sein Leben gemeinsam mit seiner mittlerweile angetrauten Elena, die ihr ebenfalls aus den Vorgängern kennt, ein beschauliches Leben. Dies ändert sich jedoch urplötzlich, als Nathans verstorben geglaubter Bruder Sam Drake auftaucht und dem überraschten Nathan mitteilt, dass er in Schwierigkeiten ist. Klar, dass der jüngere Bruder seine Hilfe anbietet und so finden sich beide schon bald auf einem letzten großen Abenteuer wieder. Mit dabei ist natürlich noch einmal Nathans Freund Sully. Da dieser als „Dienstältester“ des Trios jedoch nicht mehr so ganz die Kraft und Energie vergangener Tage hat, seid ihr mit Nathan und Sam unterwegs, während Sully oft den Überblick über die Lage zu behalten versucht. Eure Reise bringt euch unter anderem nach Schottland, Italien oder auch Madagaskar. Mehr soll an dieser Stelle nicht verraten werden.

Alles bekannt oder neue Ansätze im Gepäck?
Trotz der Charakterstudien und des „neuen“ Duos Nathan und Sam, ist auch Teil vier im Grunde dasselbe Spiel, wie die Vorgänger. Noch immer klettert ihr durch abwechslungsreiche Kulissen, aktiviert Schalter, löst kleinere und größere Rätsel und kämpft gegen Horden von Gegnern. Neu ist die aus Naughty Dogs zweitem Blockbuster „The Last of Us“ bekannte Räuberleiter und das Herablassen von echten Leitern. Eine weitere Neuerung ist das Rutschen über Abhänge, um weiter entfernte Gebiete zu erreichen. Dies wird meiner Meinung nach schon in den ersten drei Spielstunden zu sehr überstrapaziert. Das Inventar von Nathan, in welches nach wie vor die unterschiedlichsten Waffen aufgenommen werden, wurde um einen Greifhaken erweitert, mit dem ihr euch an Wänden hoch zieht, über Abgründe gelangt oder – wie mit der Seilwinde des Jeeps in der bekannten Madagaskar-Szene – Gegenstände ziehen könnt. Und obwohl der Kern des Spiels nicht viel Neues gibt, fesselt auch Uncharted 4 vor die Konsole, wie kaum ein anderer Titel des Genres.

Da unser Held als Hobby-Archäologe und Schatzsucher unterwegs ist, könnt ihr auch im neusten Ableger wieder viele Schätze finden. Diese dürft ihr nach wie vor näher betrachten und drehen. Einen Mehrwert für die Geschichte hat das Ganze allerdings nicht.
Eine phänomenale Liebe zum Detail
Dass Naughty Dog seit Jahren für grafische Feuerwerke bekannt ist und die PlayStation-Architektur beherrscht und ausreizt, wie kaum ein anderes Studio, ist bekannt. Doch was die Entwickler in Uncharted 4: A Thief’s End bieten, habt ihr definitiv so bislang noch nicht gesehen. Denn jede kleinste Textur ist knackscharf, jede Levelecke mit Details ausgestattet und alles wirkt glaubwürdig und bietet enorm viele „Wow“-Momente. Egal ob das ein Zitronenhain in Italien ist, wunderbar stimmungsvoll ausgeleuchtete Höhlen in Schottland oder ein Korallenriff, das eine phantastische Flora und Fauna bietet. Es ist einfach unglaublich, wie viel aus der Sony-Konsole heraus zu holen ist und wie detailverliebt und realistisch ausschauend die Level sind. Wer seinen Freunden demonstrieren will, was die aktuelle Konsolengeneration zu leisten im Stande ist, der muss Uncharted 4 zeigen. Mit Worten lässt sich das kaum beschreiben. Doch mit der Landschafts- und Levelgestaltung hört es ja noch nicht auf. Auch die Mimik der Figuren ist unglaublich echt in Szene gesetzt worden, die Physik ein Traum und die Explosionen sind beeindruckend. Unterstützt wird der fabelhafte Eindruck von hervorragenden Sprechern, einem tollen Soundtrack, der unter anderem das bekannte Thema der Reihe vielfach variiert und ein bombastischer 5.1-Surround Sound, der mit einer enormen Feindetailwiedergabe, einem voluminösen Klang und einem stellenweise brachialen Subwoofer-Einsatz glänzt.
Wer die Story beendet hat und gerne online spielen möchte, dem bietet Naughty Dog einige coole Features. So könnt ihr unter anderem im Multiplayer „Mysticals“ aus früheren Uncharted-Ablegern einsetzen, um euch beispielsweise als Djinn zu teleportieren. Klingt seltsam, macht aber eine Menge Spaß. Auch andere KI-Begleiter können euch unterstützen und gehen dabei ähnlich gut wie in der Kampagne vor. Im Laufe der Zeit – so hat Naughty Dogs es versprochen – soll der tolle Multiplayer sogar noch ausgebaut werden. So wird uns das Spiel auch noch lange nach dem Durchspielen des Singleplayers an den Bildschirm fesseln.

Die inn-joy Redaktion vergibt 9 von 10 Punkten.
Die inn-joy Redaktion bedankt sich bei Sony für das zur Verfügung gestellte Rezensionsmuster.
S. Pieper