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| Marc Heiland | Kaffeewelten

KaetheBootsmannEs gibt Kaffees, die man trinkt – und solche, die man erlebt. Letztere begegnen einem selten, und wenn, dann hinterlassen sie einen Eindruck, der weit über das Aroma hinausreicht. Genau so ein Erlebnis verspricht „Käthe“, die kleine, charakterstarke Kaffeerösterei aus Oldenburg, deren Bohnen nicht nur wachmachen, sondern Geschichten erzählen. Geschichten von Reisen, Begegnungen, Leidenschaft und der Suche nach dem perfekten Geschmack. Wer einmal eine Tasse Käthe-Kaffee in der Hand hält, merkt schnell: Hier steckt mehr dahinter als nur eine Röstung. Hier steckt ein Lebensweg in jeder Bohne.

Die Geschichte von Käthe beginnt nicht in Oldenburg, sondern auf einem Feld irgendwo in Indien. Dort begegnete Achim Barghorn im Jahr 2010 zum ersten Mal einer Kaffeepflanze – ein unscheinbarer Moment, der sich als Wendepunkt entpuppen sollte. Fasziniert verfolgte er den Weg der roten Kirschen bis hin zur fertigen Bohne und tauchte tief ein in die Welt des Kaffeeanbaus, der Ernte, des Handels und der Röstung. Nur wenig später führte ihn seine Reise in die vielleicht lebendigste Kaffeeszene der Welt: Melbourne. Zwischen Baristi, die ihren Beruf wie eine Kunst verstanden, und Röstereien, die neue Maßstäbe setzten, sprang der Funke endgültig über. Der erste Workshop war nur der Anfang. Zurück in Deutschland merkte Achim rasch, dass der Qualitätsanspruch des Specialty Coffee hier noch kaum präsent war – eine Lücke, die er unbedingt schließen wollte. Als seine Großtante Käthe ihm 2013 ein kleines Erbe hinterließ, fiel alles an seinen Platz: Der Name, die Vision, die Gelegenheit. Im selben Jahr feierte „Käthe Kaffee“ sein Debüt – mit einem improvisierten Ausschank vor dem Ulenspegel in der Oldenburger Altstadt, begleitet von den legendären Keksen nach dem Rezept der Großtante. Ein mobiler Tresen folgte und eröffnete die Möglichkeit, auf Veranstaltungen und Feiern präsent zu sein. Kurze Zeit später bekam Achim im Kulturhaus Staublau die Chance, ein festes Café zu betreiben – der erste echte Standort in einer wachsenden Reise. 2015 ging es zurück auf die Straße: Mit einem liebevoll restaurierten VW T2 Bulli.

Während der Bekanntheitsgrad und das Interesse an der Third-Wave-Kaffeephilosophie stiegen, entstanden parallel erste Barista-Workshops für Neugierige und Profis gleichermaßen. Als Hauke Joseph einlud, sich seine Ladenfläche zu teilen, fand sich die perfekte Symbiose: Seit Ende 2015 werfen sich Design und Kaffee im sogenannten „Kaiserkiez“ gegenseitig die Bälle zu – und der Bulli blieb weiterhin das treue Aushängeschild für Einsätze draußen. Mit der Zeit wurde die Vision größer. 2020 gründete Achim gemeinsam mit Marcel Hackler die Käthe Kaffeerösterei GmbH. Nur wenige Monate später startete im Johann Jacobs Haus in Bremen die eigene Röstproduktion – ein bedeutender Meilenstein. Parallel ging es 2021 in Oldenburg mit einem weiteren Marktstand im CORE weiter, auch wenn dieses Kapitel pandemiebedingt kürzer ausfiel als geplant. Doch Rückschläge bremsten die Entwicklung nicht: 2022 wurde ein eigener Röster angeschafft, eine passende Fläche gefunden und der Weg in Richtung Unabhängigkeit geebnet. Im selben Jahr trat Käthe dem Verbund Roasters United bei, um direkten, fairen und partnerschaftlichen Handel mit Kooperativen zu ermöglichen – ein Kernpunkt der eigenen Philosophie. Nach intensiven Umbauarbeiten folgte schließlich 2024 das bislang größte Kapitel: die Eröffnung der eigenen Rösterei in Jaderberg. Ein Ort, an dem all die Jahre voller Leidenschaft, Neugier und Handwerk zusammenfließen – und an dem genau jene Kaffees entstehen, die heute begeistern.

Übersicht über das Sortiment

Das Angebot der Kaffeerösterei Käthe im Onlineshop bietet euch eine interessante Auswahl an Kaffees. So gibt es (Stand November 2025) 12 Filterkaffeesorten und 11 Espresso-Sorten, darunter „moderne“ und traditionelle Röstungen, sprich: dunkler und heller geröstet, aber auch mit ganz verschiedenen Geschmackseindrücken und Kaffee von Microlots. Was uns gefällt ist, dass man bei der Kaffeerösterei Käthe nicht die 08/15-Kaffees im Sortiment hat, sondern ausgefallenere Sorten. Die Kaffees werden in Standbeuteln abgefüllt und sind in den Größen 250g, 500 g (nicht alle Sorten) und 1kg (Espresso) sowie in Probiertütchen zu 80g erhältlich. Angeboten wird der Kaffee ausschließlich in Ganzer Bohne, um die Frische zu erhalten. Hier setzt man sich eindeutig von den allermeisten Röstereien ab. Zwar können sowohl Filterkaffee als auch Espresso gemahlen auf Anfrage gelierfert werden. Allerdings ohne Garantie, dass die Parameter auch passen, da Mühlen bekanntlich immer anders mahlen und das Ergebnis nicht exakt sein kann. Über diese Aussage kann man natürlich streiten. Dies soll jedoch nicht Bestandteil dieses Tests sein, auch wenn wir aus Sicht des Kunden auf das Ganze blicken. Wichtiger ist – und hier wird es interessant – wie es um die von uns in jedem Test zugrundeliegenden Aspekte „Transparenz“, „Qualität“, „Fairness“ bestellt ist.

Auf den Verpackungen finden wir die Schlagwörter „Nachhaltig angebaut und gehandelt“, sowie „100% Direct, Fair und Friendly“, was auch immer der letzte Begriff bedeuten soll. Doch wir wollen uns nicht von Marketingsprüchen blenden lassen, sondern hinter die Fassade blicken. Schauen wir also zuallererst auf die Informationen, welche uns die Kaffeerösterei zum Ursprung des Rohkaffees bietet. Hier gibt es bei einigen Sorten mehr Informationen, wie beispielsweise beim „Rutas del Inca“-Microlot, ein anderes Mal weniger Auskünfte, wie bei den Kooperativen-Kaffees „Brasilien Coopfam“, dem „Taramesa“ aus Äthiopien oder auch dem „Italienisch Freundchen“. Während beim Peruaner Infos zur genauen Herkunft, zur Aufbereitung, Anbauhöhe, der vorliegenden Varietät oder auch den Farmern zu finden sind, fehlen diese Informationen bei den beiden anderen genannten Sorten komplett auf den Packungen. Immerhin sind das Röstdatum und das MHD aufgeführt. Wie gesagt: An den Verpackungen alleine können die Schlagwörter „nachhaltig, fair und friendly“ nicht festgemacht werden.

KaetheInkaWas sagt uns denn der Shop? Nehmen wir also beispielsweise den eben angesprochenen Espresso „Italienisch Freundchen“. Hier haben wir – neben den Angaben, die wir bereits auf der Verpackung finden – noch weitere Auskünfte, wie die vorliegenden Varietäten (in diesem Fall sind es unter anderem Catuai. Pache und Maragogype), die Aufbereitungsarten, die etwas genauere Herkunft (Minas Gerais, eines der größten Anbaugebiete Brasiliens) oder auch den Importeur, nämlich den Roastery United, einer renommierten Direkthandelsgenossenschaft. Ebenfalls nicht zu unterschätzen ist der SCA Score, der die Qualität des Rohkaffees nach international festgelegten Vorgaben festlegt. Hier haben wir einen Score von 84. Die SCA (Speciality Coffee Association) teilt Kaffees in einer Punkteskala von 0-100 ein. Kaffees mit einer Bepunktung jenseits der 80 Punkte gelten als Spezialitätenkaffee. Bei 80-84 Punkten haben wir sehr guten Kaffee, Alles darüber ist ausgezeichneter und extrem außergewöhnlicher Kaffee, der den allerhöchsten Ansprüchen gerecht wird. Wozu wir allerdings gar nichts erfahren, ist der „social impact“. Also: Was wird vor Ort für die Bauern getan? Wie werden Gelder verwandt? Sind die Margen höher bzw. wie steht es um die Nachhaltigkeit? Hier wären noch mehr Informationen toll! Aber – und hier muss man natürlich auch fair bleiben: All diese Auskünfte erhalten wir, wenn wir auf die Seite von „Roasters United“ gehen. Dort werden verschiedene Vor-Ort-Aktionen, Projekte etc. vorgestellt. Zur Qualität des Kaffees lässt sich sagen, dass das Bohnenbild / Röstbild der getesteten Sorten sehr homogen ist. Defekte sind nur wenige zu finden.

Für unseren Test hat uns die Kaffeerösterei Käthe den Weihnachtskaffee „Heidewitzka! Der Weihnachtet sehr“, einen Omniroast mit Bohnen aus Äthiopien und Peru, „Äthopien Taramesa“, den Microlot-Filterkaffee „Rutas del Inca“ aus Peru, den traditionellen Espressoblend „Italienisch Freundchen“, einen Filterkaffee von Combrifol aus Honduras, den Kooperativenkaffee „Coopfam“ aus Brasilien sowie den „Bootsmann“, einen Arabica-Blend aus Brasilien und Peru, zur Verfügung gestellt. Zubereitung Für den Test haben wir den Espresso in der „Model 1“ von MARO (mit klassischem 9bar-Profil, Handhebelprofil und längerer Preinfusionszeit) zubereitet. Gemahlen wurden die Sorten in der DF 64. Die Filtervariante wir mit dem V60-Dripper und der Chemex zubereitet. Geschmacklich konnten uns alle Sorten überzeugen. Der Bootsmann durch seine kräftig-rauchigen Noten, der fruchtige „Taramesa“, bei dem man – ähnlich dem Weihnachtskaffee, die Anteile aus Äthiopien, die häufig sehr fruchtig ausfallen können, deutlich herausschmecken kann. Besonders beeindrucken konnte uns das Microlot-Kaffee „Rutas del Inca“. Der Geisha wurde anaerob 72 Stunden lang fermentiert und gewaschen und besticht durch eine enorme Aromenkomplexität. Diese reicht von floralen Obertönen, einer Basis von Kakao und Obst bis hin zu einem angenehmen Abgang mit recht langem Nachhall. Alles ist absolut top aufeinander abgestimmt, nichts tritt zu dominant in den Vordergrund. Ein wirklich spannender Filterkaffee, der vielleicht nicht unbedingt die breite Masse anspricht, Kenner aber überzeugen wird. Ebenfalls sehr spannend ist der natural aus Honduras von Combrifol, der mit Catimor, Catuai, Bourbon, Geisha und Pache einen spannenden Varietätenmix bietet und auch dementsprechend facettenreich schmeckt. Dunkle, nussige Schokoladen-Noten dienen als Basis, Beeren setzen sich filigran darauf. Ein Filterkaffee, den ihr euch nicht entgehen lassen solltet!

Zusammensetzung der Gesamtbewertung:

Qualität: 9 von 10 Punkten

9Fairness und Nachhaltigkeit: 8 von 10 Punkten

Geschmack: 9 von 10 Punkten

Transparenz: 8 von 10 Punkten

Wir bedanken und bei Marcel und Achim für die zur Verfügung gestellten Testsorten. Zu unserer Transparenz: Als Vorlage zur Geschichte der Kaffeerösterei Käthe haben wir uns den Informationen der Rösterei-Webseite bedient. Der weitere Text stammt von uns. Gleiches gilt für die Fotos. Das Copyright liegt hier bei der Kaffeerösterei Käthe.

M. Heiland, D. Stappen

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