MAHLKÖNIG X64 SD – Das Single-Dosing-Abenteuer, das zu Hause beginnt
Es gibt Momente, in denen man ein neues Produkt aus dem Karton hebt und sofort spürt, dass hier nicht einfach ein Produkt vor einem steht, sondern ein Versprechen. Ein Versprechen darauf, dass der eigene Kaffeealltag sich verändern wird, vielleicht subtil, vielleicht spürbar, aber auf jeden Fall nachhaltig. Genau dieses Gefühl begleitete mich, als ich die neue Mahlkönig X64 SD zum ersten Mal in den Händen hielt. Eine Mühle, die in einem Markt voller Modelle gerade deshalb auffällt, weil sie nicht versucht, laut zu sein, sondern präzise. Kein Digitalfeuerwerk, keine Überambition, kein Schnickschnack, sondern Schlichtheit und Klarheit. Denn mit der Single Dosing-Mühle bringt Mahlkönig die Qualität der Profimaschinen nun auch für den Hausgebrauch auf den Markt. Klar, dass wir uns diesen Schritt selbst anschauen und austesten wollten, wie gut die Mühle ist.
Single Dosing – ein Trend, der sich immer weiter durchsetzt
Im klassischen Gastrogewerbe und in Bars arbeitet man mit großen Mühlen, da hier viele Kilogramm Bohnen in kurzer Zeit gemahlen werden müssen. Auch die meisten Heimbaristi haben vermutlich daheim Mühlen mit einem größeren Bohnentrichter, der in der Regel 250-350g Bohnen fassen kann. Doch neben den klassischen Mühlen setzt sich mehr und mehr der Trend zu Single Dosing-Mühlen durch. Diese sind dazu konzipiert worden, meist Mahlgut für einen doppelten Espresso zu beziehen, der dann entweder direkt in den unter dem Auswurfschacht eingehängten Siebträger oder in ein kleines Gefäß fällt. Dadurch ist es möglich, schnell zwischen verschiedenen Sorten zu wechseln oder morgens einen normalen, abends hingegen mal schnell einen Decaf zu genießen. Ein weiterer Vorteil dieser Single-Dosing-Mühlen ist, der quasi nicht vorhandene Totraum, also jener Bereich, in dem altes Kaffeemehl hängen bleibt und entweder bis zur nächsten Komplettreinigung der Mühle, oder bis zum nächsten Mahlvorgang in der Mühle zurückbleibt und dann den Geschmack des Espressos verfälschen kann.
Und genau so eine Mühle ist die X64 SD aus dem Hause Mahlkönig. Das X im Namen steht dabei für die Möglichkeit, verschiedene Zubereitungsmethoden wie Kaffeemehl für Espresso, Filter und Co. zu produzieren. Die 64 bezieht sich auf die Größe der Mahlschreiben. Diese beträgt 64mm im Durchmesser.
Ein weiterer Vorteil der allermeisten Single Dosing-Mühlen ist der Preis. Auch wenn es Mühlen gibt, die jenseits der magischen Grenze von 1000 Euro rangieren, sind viele Vertreter dieses Mühlen-Genres deutlich unter der 1000-Euro-Marke angesiedelt. Bei der X64 SD ruft Mahlkönig knapp unter 400 Euro auf, was ein absolut bemerkenswerter Preis in Anbetracht der Qualität, der in Hamburg produzierten Mahlscheiben ist. Wie der Hersteller diesen Preis erzielt, dazu kommen wir gleich.
Zunächst einige Worte zum Design der X64 SD. Die Mühle wirkt auf den ersten Blick ein wenig gestaucht, was – im Vergleich mit anderen Mitbewerbern auf dem Markt – eine eher ungewöhnliche Bauform ist, kommen diese doch meist kantiger oder größer daher. Die Mühle gibt es in Weiß und in Schwarz. Ein Tipp meinerseits: Wenn ihr nicht unbedingt eine weiße Kaffee-Ecke um eine Mühle ergänzen musst, holt euch die schwarze Version, da man auf der weißen Maschine jedes Krümelchen Kaffeemehl und jeden Flusen sehen kann!
Weiterhin auffallend an der Mühle ist das recht große, seitlich angebrachte Rad zum Einstellen des Mahlgrads. Der Mahlgrad der X64 SD kann stufenlos und sehr fein eingestellt werden. Neben den großen Stufen können feinste Stufen („Mikrons“) verändert werden. Leider ist der Strich, an dem der Mahlgrad abzulesen ist, nur schwer zu erkennen. Dafür ist das Finden des Nullpunkts recht leicht, falls die Mühle mal gereinigt oder verstellt wurde.
Mit im Lieferumfang der Mühle befinden sich ein Edelstahl-Dosierbecher mit Trichter, damit das Kaffeemehl ohne große Verteilung über eure Arbeitsplatte dort landet, wo es sein soll, eine Bohnenbehälter-Erweiterung für mehr Kapazität, ein Blower („Blasebalg“) für das nahezu restlose Entleeren der Mahlkammer und ein Aufsatz für Anti-Popcorning, damit keine Bohnen herausspringen. Was bedauerlicherweise nicht möglich ist, ist, den Siebträger in einer dafür vorgesehenen Vorrichtung unter den Auswurf des Kaffeemehls zu hängen, da diese schlicht nicht vorgesehen ist. Aber dafür gibt es ja den Becher! Etwas schade ist, dass der Blower etwas wabbelig ist. Hier hätten wir – auch bei diesem Preis – ein etwas stabileres Modell erwartet, wie es beispielsweise die DF54 oder DF64 haben, die auch mit einem Holzdeckel daherkommen.
Wo die Mühle allerdings punkten kann, ist die Wertigkeit des Mühlenkörpers, der aus Metall ist und ihrer Stabilität. Hier sorgen kleine Saugnäpfe für einen sicheren, stabilen Stand auf jeder Arbeitsfläche.
Von der Theorie zur Praxis
Im täglichen Gebrauch zeigt sich die Mühle von ihrer charmant reduzierten Seite. Kein Display lenkt ab, kein Timer fordert Entscheidungen, keine Menüs warten auf Eingaben. Man schüttet Bohnen ein, startet den Mahlvorgang, betätigt den Balg, und die Sache ist erledigt. Diese puristische Bedienung führt dazu, dass man sich unvermittelt mit dem Mahlgrad auseinandersetzt. Anfangs ist die minimalistische Skala fast irritierend und ich ertappe mich dabei, die Bedeutung eines Millimeters zu unterschätzen. Doch dann kommen die ersten Bezüge. Und mit ihnen das Erstaunen darüber, wie feinfühlig diese Mühle arbeitet. Nach einigen Tagen entwickelt man ein Gefühl für die Einstellungen, bewegt das Rad automatisch in die richtige Richtung und erkennt am Fluss des Espressos, ob alles passt.
Wenn es um den Geschmack geht, zeigt die X64 SD, warum sie trotz ihres Preises in einer Liga spielt, die sonst weit über diesem Niveau liegt. Die ersten Espressi, die ich mit ihr gezogen habe, waren dicht, cremig und geschmacklich erstaunlich präzise. Helle Röstungen wirkten lebendiger, fast leuchtend in ihrer Säure, während dunkle Mischungen eine satte, runde Tiefe entwickelten. Besonders auffällig war die Klarheit im Geschmacksprofil, die mich dazu verleitete, verschiedene Bohnen hintereinander zu testen. Die Mühle schaffte es mühelos, ihre Eigenheiten einzufangen und sauber abzubilden. Das ist etwas, das vor allem Einsteiger enorm unterstützt, weil die Qualität der Ergebnisse hilft, das Zusammenspiel von Mahlgrad, Extraktionszeit und Röstung schneller zu verstehen.
Natürlich hat auch diese Mühle ihre Eigenheiten. Wer sie reinigen möchte, braucht Werkzeug, und die Konstruktion ist dabei eher klassisch als modern gelöst. Schön finde ich wiederum, dass die X64 SD nicht sonderlich laut ist. Wenn ich da an manche „Schrei-Mühlen“, wie die DF64 oder auch Mühlen von Baratza denke, geht die Mahlkönig schon geradezu leise ans Werk! Die X64 SD klingt kraftvoll, präsent, fast kernig, und während mich dieser Sound schnell begeisterte, könnte er für sehr leise Küchenmomente etwas zu viel sein. Doch dieser Klang, so roh er im ersten Moment erscheint, hat etwas Authentisches. Er vermittelt Kraft und Präzision, zwei Eigenschaften, die sich später in der Tasse wiederfinden.
Je länger die X64 SD bei mir stand, desto mehr wurden es die kleinen Gesten und Abläufe, die mich mit ihr verbanden. Morgens, wenn ich müde an meine Kaffee-Ecke schlendere, gibt es diesen Augenblick, in dem ich den Knopf drücke und dieses satte Geräusch des Motors höre, das den Tag einläutet. Ich habe Momente, in denen ich im Halbdunkel stehe und blind den Mahlgrad justiere, fast wie eine kleine Choreografie, die nur zwischen mir und dieser Mühle existiert. Freunde, die zu Besuch sind, bleiben gelegentlich davorstehen, betrachten ihre rundliche Form und nennen sie scherzhaft meinen „Kaffeemühlen-
Kobold“, was erstaunlich gut zu ihrem Charakter passt. Sie wirkt kompakt, charmant, fast putzig, aber sobald sie arbeitet, zeigt sie beeindruckende Professionalität.
Fazit: Am Ende steht die Frage, für wen die Mahlkönig X64 SD die richtige Wahl ist. Und die Antwort fällt aus dem Bauch heraus klar aus. Sie ist ideal für alle, die in die Welt des professionellen Espressos eintauchen möchten, ohne direkt in den oberen Preisbereich vorzustoßen. Sie ist perfekt, für alle, die Geschmack über Komfort stellen, die bereit sind, sich ein wenig ins Feintuning zu verlieben, die Freude daran haben, ihren Kaffee bewusst zuzubereiten. Für diejenigen, die auf werkzeuglose Reinigung bestehen, könnte sie nicht die idealste Wahl sein. Doch für alle anderen ist sie nicht weniger als der Beginn eines neuen Kapitels. Eines, das von Aroma lebt, von kleinen Gesten am frühen Morgen, von Routine und Genuss – und genau dafür wurde sie gebaut.