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| Marc Heiland | PC-Games

EA26Bild1Der Umstieg vom vertrauten „FIFA“ zum neuen Label „EA Sports FC“ ist für viele nur noch eine Gewöhnungssache. Was am Ende zählt, ist jedoch, ob das Spiel auf dem Rasen überzeugt — und da liefert FC 26 ein zwiespältiges, aber überwiegend positives Bild: Ein ambitioniertes Experiment, das in vielen Bereichen funktioniert, an anderen aber unnötig strauchelt.

Zwei Spielgefühle — eine Engine

Die wohl größte Designentscheidung von FC 26 ist die Trennung in zwei grundverschiedene Arten des Gameplays: ein schneller, auf Kontrolle und Reaktionsstärke getrimmter kompetitiver Modus und ein langsameres, auf Taktik und Realismus abzielendes authentisches Gameplay. Diese Dualität ist clever, weil sie zwei Gruppen anspricht: die Online-Kämpfer, die schnelle, verlässliche Eingaben suchen, und die Fußball-Puristen, die Wert auf Laufwege, Timing und strukturiertes Spiel legen. In der Praxis bedeutet das: Im kompetitiven Modus reagiert das Spiel unmittelbar, Pässe und Zweikämpfe fühlen sich „belohnend“ an und die KI agiert so, dass der Spieler meist die Kontrolle hat. Abpraller sind weniger gefährlich, Torhüter zeigen sich verlässlicher — das steigert das Gefühl, beim Sieg die Verantwortung zu tragen. Für Online-Duelle ist das ein klarer Vorteil. Das authentische Gameplay legt den Fokus auf Fehleranfälligkeit, Raumkontrolle und Spielaufbau. Tempo und Sprintwirkung werden gedrosselt, Durchbrüche sind seltener und müssen herausgespielt werden. Das Ergebnis ist ein Spielverlauf, der sich näher am realen Fußball bewegt — manchmal zu nah: Auf dem Niveau der Spitzenspieler kann es stellenweise behäbig wirken und junge, dynamische Stürmer laufen nicht mehr so frei, wie man es erwartet. Das ist Absicht, doch es verlangt vom Spieler Geduld, Präzision und ein Umdenken in der Nutzung von Tempo und Bewegungsoptionen.

Steuerung, Ballphysik und KI

FC 26 verändert nicht nur Geschwindigkeit, sondern subtil auch, wie sich Pässe, Körpertäuschungen und Zweikämpfe anfühlen. Das Passspiel wirkt weniger verzeihend, hohe Präzision wird belohnt — was gut ist, weil es Fehler merklich bestraft. Verteidiger sind intelligenter positioniert, automatische Blocks wurden reduziert, wodurch das Tackling- und Stellungsspiel wieder mehr eigene Entscheidungen verlangt. Gleichzeitig bleibt das Balancing fragil: In einigen Partien wirkt die Defensiv-KI zu nachgiebig, in anderen reagiert sie überraschend streng. Das führt zu Momenten echter Fußball-Authentizität — aber auch zu Frust, wenn Situationen inkonsistent ausgehen. Auch das Torhüterverhalten wurde angepasst: Paraden landen häufiger außerhalb des Strafraums, Abpraller sind seltener planbar. Vorteil für strukturierte Teams, Nachteil für Glückstreffer-Jäger. Animationsdesign setzt stärker auf Rhythmus statt auf spektakuläre Einmal-Moves — das steigert den Spielfluss, kostet aber einzelne "wow"-Momente.

EA26Bild2Atmosphäre, Präsentation und Lizenzen

Auf der optischen und akustischen Ebene bleibt FC 26 solide. Stadionatmosphäre, Choreografien und Fanreaktionen tragen enorm zur Immersion bei. Es sind oft die kleinen Details — Banner im Block, Pfiffe nach vergebenen Chancen, unterschiedliche Stimmungskurven — die das Spiel lebendig machen. Partnerschaften und Icon-Zugänge sorgen zusätzlich für langfristige Attraktivität; Legenden und ikonische Stadien sind Augen- und Ohrenschmaus für Fans. Grafisch gibt es keine Revolution, aber auch keine Rückschritte: Gesichter, Trikots und Lichtstimmungen sind hochwertig, die Engine arbeitet zuverlässig. Die Menüs hingegen sind ein zweischneidiges Schwert: Funktional, aber uninspiriert. Wer sich durch Karrieremenüs klickt, merkt schnell, dass Präsentation und Inszenierung nicht mit der Spielfläche mithalten.

Karriere und die neuen Manager-Challenges

Der Manager-Modus wurde um ein System von Challenges erweitert, das dem Karriere-Modus dringend nötige Abwechslung verschafft. Diese Aufgaben sind kreativ und gut durchdacht: kurzfristige Ziele in der Saisonvorbereitung, langfristige Herausforderungen wie die Rettung eines abstiegsbedrohten Klubs oder selbst auferlegte Einschränkungen (z. B. nur U25-Spieler) bringen frischen Wind in den Management-Alltag. Hinzu kommen Ereignisse, die für Unvorhersehbarkeit sorgen — Bankenprobleme, Feueralarme, Spieler, deren Ruhe gestört wird — und damit echte Entscheidungen erzwingen. Das macht das Management lebendiger, weil finanzielle und menschliche Aspekte stärker zusammenrücken. Trotz der interessanten Mechaniken bleibt die Präsentation problematisch: Die Zwischensequenzen wiederholen sich, es fehlt an Vertonung bei wichtigen Momenten und zu viel läuft über sperrige Menüs. Das neue Archetypen-System (Rollen, die an Legenden angelehnt sind) ergänzt die Spielerentwicklung um RPG-Elemente, fühlt sich aber stellenweise wie ein kosmetisches Gimmick an — spannend in der Idee, aber in der Ausführung nicht durchgängig motivierend.

Online- und Ultimate-Team-Erfahrung

Online zeigt FC 26 seine Stärken. Der kompetitive Modus bringt ein schnelles, reaktionsfreudiges Erlebnis, das Turniere, Clubs und Ultimate Team lebendig hält. Live-Events, Duelle und Saisons bieten viel Beschäftigung, und die veränderten Spielmechaniken belohnen technische Fertigkeiten.  als in manchen Offline-Bereichen.

Lootboxen – das ungelöste Problem

Ein Punkt, der auch in EA Sports FC 26 wieder für Diskussionen sorgt, ist das Thema Lootboxen im Ultimate-Team-Modus. Zwar hat EA in den letzten Jahren das System etwas transparenter gestaltet, indem Wahrscheinlichkeiten für bestimmte Karten angezeigt werden, doch am Grundprinzip hat sich wenig geändert: Wer sein Traumteam schnell aufbauen will, muss entweder enorm viel Zeit investieren oder echtes Geld ausgeben. Packs sind nach wie vor der einfachste Weg, an starke Spieler und seltene Icons zu kommen – und genau hier liegt die Krux. Für Gelegenheitsspieler, die nur ein paar Matches pro Woche absolvieren, bleibt der Weg zum konkurrenzfähigen Kader mühsam. Zwar gibt es wöchentliche Belohnungen, Objectives und die Möglichkeit, durch kluges Handeln auf dem Transfermarkt Coins zu verdienen, doch das System begünstigt klar jene, die entweder viel Zeit oder Geld investieren. Kritiker werfen EA deshalb erneut vor, die Balance zwischen Fairness und Monetarisierung nicht konsequent genug zu wahren. Gerade in Hinblick auf die Diskussion um Glücksspiel-Mechaniken in Videospielen ist dieses Geschäftsmodell problematisch. Auch wenn EA argumentiert, dass Ultimate Team vollständig ohne Echtgeld spielbar ist, bleibt die Tatsache, dass Lootboxen Spieler zum Geldausgeben verleiten können – besonders in kompetitiven Umgebungen, wo die besten Karten über Sieg und Niederlage entscheiden. Auf lange Sicht sollte sich EA überlegen, wie man das Progressionssystem fairer, weniger zufallsbasiert und nachhaltiger gestalten kann.

8Fazit: EA Sports FC 26 ist ein solides, in vielen Bereichen gelungenes Fußballspiel mit einem mutigen Grundansatz: Zwei unterschiedliche Spielstile in einem Produkt anzubieten, ist eine Antwort auf diverse Community-Wünsche und erhöht die Zugänglichkeit enorm. Atmosphärisch, technisch und in puncto Spielumfang spielt FC 26 auf hohem Niveau. Schwächen bleiben in der Präsentation des Einzelspielerlebens und in der Menügestaltung. Wer primär Wert auf Spielgefühl und vielseitige Online-Erfahrung legt, bekommt mit FC 26 eines der bis dato besten Fußballspiele — mit dem kleinen Vorbehalt, dass einige Einzelelemente noch Feinschliff verdienen.

U. Sperling

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