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Far Cry 5 | Review (Xbox One)

| Marc Heiland | Konsolen

FarCry5Bild1Far Cry – Das steht, seitdem der deutsche Entwickler Crytek im Jahre 2004 den allerersten Ableger auf den Markt brachte, stets für exotische Spielwelten, durchgeknallte Gegner, packende Gefechte, aber auch für überladene Karten mit gefühlt hunderten an sammelbaren Dingen, zu erledigenden Aufträgen, Kräutern, mit denen ihr euren Charakter heilen oder Items verbessern konntet, Aussichtstürme, welche erobert werden mussten und die Karte freischalteten und Waffen, Waffen und nochmal Waffen. Für Far Cry 5, den aktuellen Ableger der seit Teil zwei federführenden Entwickler und Publisher Ubisoft, soll vieles von der alten „Far Cry Formel“ über Bord geschmissen werden. Ob es dann überhaupt noch ein waschechtes Far Cry ist und inwieweit Ubisoft sich überhaupt von den Wurzeln der Reihe entfernt, haben wir für euch herausgefunden.

Far Cry bleibt Far Cry

Nach nun mehr vier „Hauptspielen“ und sieben Ablegern, erscheint nun der neuste, fünfte Teil der Shooter-Reihe. Nach Ausflügen ins tropische Mikronesien (Far Cry 1), einen frei erfundenen afrikanischen Staat (Far Cry 2), einen erfundenen Staat im Himalaya (Far Cry 4) und sogar eine Reise in die Steinzeit (Far Cry Primal), geht es nun wieder zurück in die Realität, genauer gesagt, ins beschauliche Montana in den USA. Dort, in Hope County (einem ebenfalls von den Entwicklern erfundenen Bezirk), treibt eine dubiose, pseudochristlich-fundamentalistisch-paramilitäre Sekte ihr Unwesen. Sektenanführer Joseph Seed hat einen Großteil der Bewohner „getauft“ und einer intensiven Gehirnwäsche unterzogen, um sie so vor dem angebrochenen Endgericht zu bewahren. Auch die Nichtgläubigen sollen eine Chance haben, gerettet zu werden. Hierfür werden sie von Seed und seinen beiden Brüdern, die Regionen des Bezirks regieren, sowie einer undurchsichtigen jungen Frau, gezwungen, der Sekte „Eden’s Gate“ beizutreten. Doch der Widerstand gegen Eden’s Gate wächst und formiert sich zu einem immer stärker werdenden Sturm, der Seed, von seinen Anhängern auch „Vater“ genannt, ins Gesicht bläst.

Mitten in diese Auseinandersetzung geratet ihr als Deputy Sheriff. Ein Versucht, Seed festzunehmen, scheitert kläglich und eure Kollegen werden von der Sekte gefangen genommen. Von da an ist es eure Aufgabe, Mitglied der Widerstandsbewegung zu werden, und eure Kollegen aus den Fängen der Gruppe zu befreien.

Bevor es los geht (und das ist bei Far Cry 5 ein echtes Novum) sucht ihr euch jedoch aus, ob ihr als weiblicher oder männlicher Charakter spielen wollt, passt im Editor das Aussehen eurer Spielfigur an und startet die Kampagne alleine oder im Koop-Modus. Mit diesen „Maßnahmen“ entfernt sich Ubisoft ein wenig von seinen Wurzeln. Doch die meisten Komponenten der bekannten „Far Cry-Formel“ sind – wenn auch zum Teil in deutlich abgeschwächter Form – auch im fünften Ableger der Shooter-Reihe zu finden. So gibt es nach wie vor eine enorm große, offene Spielwelt, die in einzelne Regionen unterteilt wurde. Auf der interaktiven Karte seht ihr die Haupt- und Nebenmissionen, Aufträge, Außenposten, die es wieder einmal zu befreien gilt, wichtige topografische Punkte und vieles andere mehr. Neu – und meiner Meinung nach ziemlich cool gemacht – ist die Tatsache, dass die um Hilfe suchenden Charaktere sich beim über ihren Standpunkt mit dem „Suchkreis“ fahren mit einer kurzen Botschaft , einem Hilferuf, persönlich an euch wenden. So bleibt es nicht nur bei trockenen Texten zur folgenden Aufgabe / Mission. Auch wurde die Karte insgesamt deutlich entschlackt. Zwar werden noch immer Bereiche frei geschaltet bzw. ihr Radius sichtbar. Dies geschieht jedoch nicht mehr durch das Erklimmen von Türmen, sondern durch Erfahrung, Reputation und Außenposten. Dass die Entwickler ihre alte „Far Cry-Formel“ selbst augenzwinkernd auf die Schippe nehmen, bemerkt man dann, als ziemlich zu Beginn des Spiels euer Auftraggeber euch die Sorge nehmt, euch im gesamten Bezirk auf Türme klettern zu lassen. Schön, dass Ubisoft hierbei mit uns Spielern ein Einsehen hat.

FarCry5Bild2Andere Elemente vergangener Titel kommen allerdings – wenngleich dem Setting angepasst – in altbekannter Tradition auch im fünften Teil vor. Das beginnt beim Klettern, wo euch blaue Seile anzeigen, an welchen Stellen ihr überhaupt klettern dürft / könnt, geht über das Fahren mit LKWs, Autos oder auch Quads (natürlich auch hier mit diversen Radiosendern), das Ausschalten von anderen Fahrzeugen, Sabotieren von Einrichtungen, in die Luft jagen von Benzintanks, infiltrieren von Außenposten und Lagern, Anwerben von Söldnern, geht über schnelles Anlegen von Heilsets, massenweise in den Arealen verstreute Waffen, das Aufsammeln von Pflanzen, um Verbesserungen freizuschalten etc. und endet bei den zynischen Kommentaren eures Hauptfeindes, nachdem ihr seine Basen, Außenposten etc. befreit habt. Auch in der Story gibt es Parallelen, wie die frühzeitige Begegnung mit Seed, bei der ihr jedoch aus der brenzligen Situation frei kommt. All das haben wir in ähnlicher Form bereits mehrfach gesehen. Auch bei der Wahl der Primär- und Sekundärwaffen gibt es nicht sonderlich viel Neues. Egal ob Bögen, Dynamit, MGs, schallgedämpfte Pistolen, Panzerfäuste, Granaten oder Gewehre jeglicher Art – all das kennen wir aus den vergangenen Teilen. Hier entfernt sich Ubisoft keinen Deut von seinem bekannten Schema. Klar: Ihr müsst nicht mehr an jeder Ecke stehen bleiben, um Kräuter zu sammeln, ihr müsst nicht mehr Leuchtfeuer entzünden oder Türme erklimmen und das Setting ist natürlich erneut grandios und der Bösewicht irre wie immer. Doch leider begeht Ubisoft wieder einmal denselben Fehler. Denn die KI ist nach wie vor nicht mit allen Wassern gewaschen. Auch wenn ihr den Schwierigkeitsgrad verändern könnt, bleibt sie oftmals erschreckend blass. Dies gilt sowohl für eure Widersacher, als auch für die eigenen Mitstreiter, die ihr rudimentär über das Digikreuz befehlen könnt. Viel zu häufig mussten die Mitstreiter im Spiel wiederbelebt werden, was nicht selten unter Einsatz des eigenen Lebens geschah.

Nun kann man den Entwicklern stundenlang vorwerfen, dass sie bei „Far Cry 5“ nur eine handvoll Änderungen vorgenommen haben, und sich nicht allzu viel Neues trauen. Wie es besser geht, hat Ubisoft ja erst im letzten Jahr (und mit den beiden großen DLCs bis ins Jahr 2018 hinein) mit der „Neuauflage“ von „Assassin’s Creed: Origins“ eindrucksvoll bewiesen. Wenngleich auch dieser Titel nicht mit den Wurzeln bricht und Kritiker den Entwicklern vorwerfen, einen der wichtigsten Aspekte der Vorgänger, nämlich den Parcours-Bereich, größtenteils als „Muss“-Aspekt aus dem Spiel gestrichen haben, um ihn zu einem optionalen „Kann“ zu degradieren, so geht doch der neuste Teil der Assassinen-Reihe entscheidende und mutige Schritte nach vorn. Dies fehlt bei „Far Cry 5“. Hier etwas weniger vom Alten, dort ein neuer Anstrich – das ist die Formel des fünften „Hauptspiels“ der Serie.

Doch trotz aller Schwächen und zu wenig Mut zum Neuanfang kann auch „Far Cry 5“ bei mir punkten. Zum einen rührt das von der tollen Grafik her, die ein glaubwürdiges Hope County mit seinem typisch amerikanischen Südstaatenflair, seinen teilweise bräsigen, aber irgendwie auch liebenswerten Figuren, seinen weitläufigen Arealen und einer unglaublich faszinierenden Detailverliebtheit auf den heimischen Bildschirm zaubert. Hier haben die Entwickler erneut ganze Arbeit geleistet. Und auch wenn man der CryEngine ansieht, dass sie ein wenig in die Jahre kommt, kann sie nach wie vor tolle Welten realisieren. Zwar sieht für mich der neuste „Assassinen-Streich“ noch mehr nach der aktuellen Konsolengeneration aus; dennoch finde ich die virtuelle Umsetzung von Montana bzw. Hope County mehr als gelungen. Die andere Stärke, welche auch „Far Cry 5“ auszeichnet, sind die grandiosen Figuren um den „Vater“ und seinen Inner Circle und die tolle Story. Wer die konservativen Hardcorechristen in den USA kennt, wer weiß, dass es in den USA in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder mal solch radikale Sekten, wie beispielsweise die „Manson Family“ oder auch David Koresh und seine „Davidianer“ in Waco gegeben hat (an die mich persönlich Joseph Seed in einigen Momenten stark erinnert), der weiß, dass so etwas prinzipiell auch 2018 jederzeit möglich ist. Und gerade aus dieser Glaubwürdigkeit zieht der neuste Teil seine Kraft und die Motivation, Seed und seinen Anhängern den Garaus zu machen. Wer sieht, was derzeit in den USA so abgeht, der glaubt, dass es ohne Weiteres möglich ist, dass ein fundamentaler Irrer wie der Spiel-Bösewicht ebenfalls eine Gruppe Anhänger um sich scharen kann, um eine ganze Region in Angst und Schrecken zu versetzen, und möglicherweise Schlimmeres anzurichten. Mit dieser Angst und Unsicherheit versteht es Ubisoft meisterlich zu spielen.

Fazit: Kann Ubisoft seiner „Far Cry“-Reihe die notwendigen Impulse verpassen, die es nach all den Teilen mittlerweile dringend bräuchte? Zum Teil. Kann es mit der Vergangenheit brechen und mutig nach vorne gehen? Nur im Ansatz. Macht es dennoch enorm viel Spaß zu spielen und sollte man es sich als Fan der ersten Stunde zulegen? Auf jeden Fall! Denn trotz vieler bekannter Entscheidungen, die ihr aus den ganzen Vorgängern kennt, macht es immer noch enorm viel Spaß, den 8Bösen in den Hintern zu treten! Zwar glänzt der Stern nicht mehr so hell, wie noch bei den ersten Teilen. Dennoch ist für Fans der Reihe auch „Far Cry 5“ ein Pflichtkauf. Für einen sechsten Teil wünsche ich mir persönlich allerdings einfach noch mehr Mut, die Reihe in eine neue Richtung zu bringen, anstatt die Gegner und das Setting auszuwechseln und die Karte zu entschlacken. Das allein macht noch keinen großen Schritt nach vorn, so wie auch diese Reihe ihn benötigt. Da Ubisoft mit „Far Cry 5“ nicht so mutig war, wie erhofft, fällt die Wertung auch dementsprechend aus.

Die inn-joy Redaktion vergibt 8 von 10 Punkten.

Die inn-joy Redaktion bedankt sich bei Ubisoft für das zur Verfügung gestellte Rezensionsexemplar.

U. Sperling

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