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AO International Tennis | Review (Xbox One)

| Marc Heiland | Konsolen

AOInternationalTennisBild1Als Boris Becker vor 33 Jahren als jüngster Teilnehmer das bedeutendste und wichtigste Tennisturnier der Welt, das Turnier von Wimbledon gewann, ahnte wohl niemand, welch einen Boom er damit auslösen würde. Als dann auch noch Steffi Graf auf Jahre zur unangefochtenen Nummer eins der Tennis-Frauen wurde, gab es kein Halten mehr. Immer mehr Kinder und Jugendliche wurden von ihren Eltern in Tennisschulen angemeldet, stets in der Hoffnung (der Eltern) ein wenig vom Ruhm der beiden Stars abzubekommen. Doch im Laufe der Jahrzehnte nahm das Interesse am „weißen Sport“ kontinuierlich ab.

Da konnten auch andere deutsche Tennisspielerinnen und Spieler nicht mehr viel ändern. Neben den realen Spielen, die im Fernsehen verfolgt wurden, setzte damals auch eine gigantische Merchandise-Maschinerie ein. Das ging sogar bis in die heimischen Kinderzimmer, wo erste Konsolen standen und die Kids zu virtuellen Tenniscracks wurden. Aber auch diese Zeiten waren vorbei. „Virtua Tennis“, „Top Spin“ und Co. reihten sich in die Riege der „guten alten“ Zeit ein, neue Ableger wurden immer wieder verschoben und schlussendlich gecancelt. Doch irgendetwas muss bei den diversen Videospiele-Entwicklern und Publishern in den vergangenen Monaten geschehen sein. Denn mit „AO International Tennis“ und „Tennis World Tour“ stehen nun gleich zwei neue Vertreter des Tennissports in den Startlöchern, die euch vom virtuellen Ballsport überzeugen möchten. Den Anfang macht dabei AO. Wir haben uns anhand der Xbox One-Fassung ein Bild von dem Titel gemacht und verraten euch, ob die virtuelle Umsetzung der Australien Open (wofür AO steht) und der anderen Stadien überzeugen kann.

Aller Anfang ist schwer

Bevor ihr euch jedoch mit der Weltelite des Tenniszirkus messen dürft, fangt ihr erst einmal mit der Erstellung eures virtuellen Alter Egos an. Die Charaktererstellung ermöglicht es euch, unzählige Parameter zu verändern und so den Spieler bzw. die Spielerin individuell optisch anzupassen. Die Software „PlayFace“ erstellt so sehr realistische Abbilder der Charaktere und eures eigenen Ebenbildes. Das funktioniert auch wirklich gut, sodass man das Gefühl hat, ein wirkliches Abbild von sich selbst auf den Platz zu schicken. Hier liegt eine Stärke des Spiels. Doch nicht nur das Aussehen kann komplett individualisiert werden, auch die Kleidung bietet zahlreiche Variationen. Last but not least bietet euch das Spiel sogar einen Stadion-Editor, der es euch ermöglicht, euer „Traumstadion“ selbst zu erschaffen. Wer sich darauf einlässt und Zeit mitbringt, wird hier viel Spaß mit haben.

Bei so vielen Anpassungsmöglichkeiten ist es dann umso enttäuschender, dass „AO International Tenni“ ein wenig wie das „Pro Evolution Soccer“ des Tennissports geworden ist. Zwar sind mit Angelique Kerber und Rafael Nadal echte Stars der Tennis-Szene mit dabei und ihre Bewegungen wirken dann 3D-gescannten Bewegungen echter Tennisspieler sehr realistisch und glaubwürdig. Doch ähnlich wie bei Konamis Fußballkick, fehlen auch hier die kompletten Lizenzen, wodurch es die meisten Spielerinnen und Spieler nicht ins fertige Spiel geschafft haben. So nimmt man dem Ganzen ein wenig Atmosphäre und Glaubwürdigkeit.

AOInternationalTennisBild2Dafür entschädigt der Karrieremodus mit seinen zahlreichen Möglichkeiten für das Fehlen der Lizenzen. Denn der Weg vom Nobody zur absoluten Nummer Eins des Tennis-Court ist lang und steinig. Schade, dass es hier keine Story mit aufwendigen Zwischensequenzen gibt, wie es in den vergangenen Jahren bei einigen anderen Sportspielen der Fall ist. Dafür wird aber das Entwicklerteam und damit das Produktionsbudget der Big Ant Studios einfach nicht ausreichend gewesen sein. Gelungen ist, dass es für gewonnene Spiele und Turniere Erfahrungspunkte gibt, mit denen euer Alter Ego besser wird. Über Turniergeld könnt ihr die Werte kaufen und den Spieler in Grund- oder Spezialschlägen optimieren.

Was man bei „AO International Tennis“ auf jeden Fall mitbringen muss, ist viel Zeit. Denn wer echte Tennis-Matches kennt, der weiß, dass ein heiß umkämpftes Spiel schon mal mehrere Stunden dauern kann. Und auch hier ist es möglich, in einem „best of five“-Match ziemlich lange vor die Konsole gebunden zu werden. Selbstverständlich steht dann auch irgendwann das titelgebende Turnier, die „Australien Open“ auf dem Programm, wo das Who is Who der Tenniswelt auf euch wartet. Wer auf all das keine Lust hat oder mit Karriere und den „Australien Open“ durch ist, der kann sich in Einzel-Matches, Doppel-Matches, gemischtem Doppel und im Online-Multiplayer versuchen. Fast hätte ich es vergessen: Anfänger und Gelegenheitsspieler können vor dem Spielen natürlich auch im Tutorial-Modus die Steuerung einüben.

Sand im Getriebe

Tennis wird ja bekanntermaßen nicht nur auf Rasen oder Hartboden, sondern auch auf Sand gespielt. Der Belag wirkt sich allerdings hier nicht so gravierend aus, wie man es sich als Tennis-Fan erhoffen könnte. Ebenfalls schade ist, dass das Spiel kein richtiges Feedback vermittelt, ob die Schläge nun zu stark oder zu schwach waren. Zwar gibt es einen „Schwunghalbkreis“, der die Stärke des Schlages anzeigt und neben Können ist auch Timing gefragt. Doch irgendwie wird nicht immer klar, welchen Schlag (Volley, Lob etc.) man ansetzen sollte und warum manche Bälle ins Netz gehen oder manchmal erst der zweite Aufschlag sitzt. Wahrscheinlich wollten die Entwickler hier der Realität Tribut zollen, in der Spieler auch nicht immer analysieren können, warum ein Ball nicht beim Gegner ankommt. Was ebenfalls schade ist, dass die Belegung der Tasten nicht immer gut gelungen ist, dass die Charaktere manchmal viel zu langsam unterwegs sind und Anfänger recht schnell überfordert werden können. Wirklich seltsam ist in einigen Momenten die Ballphysik, die hin und wieder zu kuriosen Situationen führt.

Grafisch macht der Titel eine durchaus passable Figur. Die Stadien sehen toll aus, die Zuschauer wirken lebendig und das Spiel wurde glaubhaft umgesetzt. 4K und HDR-Support bringen auf der Xbox One X allerdings keinen allzu großen Mehrwert mit. Woran es „AO International Tennis“ einfach fehlt, ist die gewisse Dramatik. Ich weiß nicht warum ich bei „Top Spin“ motivierter gewesen bin, meinem Spieler das Letzte abzuverlangen und gebannter vor dem TV-Gerät saß. Hier wirkt alles irgendwie ein wenig dröger und die Begeisterung fehlt. Wenn dann die Zuschauer mal reagieren, kommt das ziemlich unspektakulär daher. Hier besteht für einen möglichen Nachfolger deutlicher Handlungsbedarf.

6Fazit: Obwohl die Ansätze stimmen, bleibt beim Debüt von „AO International Tennis“ viel Potential ungenutzt. Klar: Tennis ist kein „Bolzsport“. Doch irgendwie kommt die Atmosphäre recht gediegen da her, ist das Fehlen der zahlreichen Top-Spieler äußerst schade und kann die Steuerung nicht in Gänze überzeugen. Dafür punktet der Titel mit einem starken Editor zur Erstellung der Spieler und der Stadien, einer ordentlich programmierten Grafik und einer umfassenden Karriere. Für Tennisfans ist das Spiel dennoch einen Blick wert.

Die inn-joy Redaktion vergibt 6 von 10 Punkten.

U. Sperling

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