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The Dark Pictures: The Devil In Me - Review (Xbox Series X)

| Marc Heiland | Konsolen
Devil in MeVielleicht war er nicht der erste Serienkiller des 19. Jahrhunderts in den USA. Doch mit Sicherheit war er einer der blutrünstigsten. Die Rede ist von Henry Howard Holmes, der eigentlich Herman Webster Mudgett hieß und der interessanterweise in etwa zur selben Zeit mordete, wie in England der mysteriöse Jack the Ripper, dessen wahre Identität jedoch – im Gegensatz zu Holmes – nie geklärt werden konnte. Holmes, der schon als Kind kleine Tiere gefangen hielt und quälte, indem er sie unter anderem noch lebendig aufschnitt, wurde von seinen strenggläubigen Eltern häufig geschlagen. Im Laufe der Zeit wurde der Außenseiter immer skurriler und eigenbrödlerischer.  
 
Seine Morde begannen, nachdem er einen Wohnkomplex zu einem Hotel umgebaut hatte. Das Besondere waren die großen Flure, in denen es teilweise Scheintreppen gab, Fallen, Folterkeller und Gaskammern, in denen er seine Opfer tötete. Nachdem die meist weiblichen Opfer in den Gaskammern qualvoll verendet waren, wurden sie mit dem Skalpell „bearbeitet“. 
 
Als er seiner Taten überführt werden konnte, gab er im Laufe des Prozesses den Mord an 27 Personen zu. Doch sollten wohl weitere Morde auf sein Konto gegangen sein. Bis zum Schluss blieb Henry Howard Holmes jedoch reuelos. Dass er den Teufel in sich trage, war eines seiner überlieferten Zitate vor Gericht. Nachdem Holmes am Galgen hingerichtet wurde, begrub man seine Leiche mit mehreren Schichten Beton in einem anonym gehaltenen Grab. Nur wenige Jahre nach seinem Tod, brannte das Hotel, in dem Holmes seine bestialischen Morde beging, bis auf die Grundmauern nieder.
 
Vom netten Hotelier zum Killer
Warum ich euch diese kurze Geschichte erzählt habe? Ganz einfach: Besagter Massenmörder ist die Hauptfigur im vierten Teil der „Dark Pictures Anthology“ von Supermassive Games und das Finale der ersten Staffel. 
Die Story beginnt daher auch mit einem kurzen Rückblick auf die Lebzeiten von Henry Howard Holmes. In der Eröffnungssequenz lernen wir ein junges Ehepaar kennen, welches in den Flitterwochen in Holmes „World’s Fair Hotel“ absteigt. Nach einigen Momenten, in denen das Paar das Ambiente des Hotel-Foyers bestaunt, taucht besagter Holmes auf. Bereits hier erkennt bzw. hört man (aufgrund der passenden musikalischen Untermalung), dass Holmes nichts Gutes im Schilde führt. Zugegeben: Wer ein wenig im Vorfeld über den vierten Teil der „Anthology“ gelesen hat, der weiß, was Holmes für eine Natur war. Doch auch so lässt sich leicht in seine finstere Seele blicken. Und in der Tat: Nur wenige Minuten nachdem sich das junge Paar eingetragen hat und ein wenig für sich sein möchte, kommt, was kommen muss: Während sie sich in der Badewanne gemütlich ausstreckt, geht er noch einmal ins Foyer. Doch plötzlich vernimmt die junge Frau Schritte und Holmes steht mit einem Skalpell vor ihr. Blitzschnell, noch ehe wir uns als Spieler versehen können, blitzt das Skalpell auf und mit einem sauberen Schnitt tötet Holmes sein Opfer. Mit verschiedenen kleineren Entscheidungen und QTE kann zwar hier und dort die Handlung minimal variieren. Am Ende des Vorspanns jedoch gehen beide Figuren drauf. Denn auch der Frischangetraute, der seine Gemahlin sterbend in der Badewanne vorfindet und versucht, Holmes zu entkommen, wird in dessen Gaskammer Opfer des Sadisten. Ein letzter Blick der beiden Frischvermählten und das Bild blendet ab. Starker Tobak für die erste Sequenz!
 
Was man als Kenner der ersten drei Ableger jedoch sofort erkennt ist, dass Supermassive Games auch hier wieder die altbekannten Gameplay-Register zieht: Entscheidungen müssen von euch innerhalb weniger Sekunden getroffen werden. Diese haben Auswirkungen, die manchmal sofort, manchmal aber auch erst später zu erkennen sind. QTE kommen ebenfalls wieder vor und Beziehungen der Charaktere untereinander werden durch entsprechende Aktionen oder meist Reaktionen verändert.
 
Ein Zeitsprung
Wie aus den Vorgängern gewohnt, spielen wir auch im Finale verschiedene Charaktere, die miteinander in eine ganz besonders physisch und psychisch belastende Situation geraten. Dieses Mal sind es fünf Protagonisten, genauer gesagt, eine Filmcrew, die vom geheimnisvollen Granthem Du’Met in einen Nachbau des Hotels von Holmes gelockt werden. Vor Ort sollen sie eine Dokumentation drehen. 
 
Das Team setzt sich dabei aus den typischen Charakteren zusammen: Dem rauen Regisseur Charlie, dem Kameramann Mark, der Toningenieurin Erin, der Moderatorin Kate und der jungen Jamie. Während zwei der Protagonisten Gefühle füreinander entwickeln, sind zwei weitere frisch getrennt und kämpfen noch mit ihren Gefühlen. Alles recht klischeebehaftet und irgendwie auch schon (mehrfach) dagewesen. Und dennoch macht es Spaß, den Charakteren und ihren Beziehungen untereinander zuzusehen und zuzuhören, da sie alle ihr ganz eigenes Schicksal mitbringen und mit denen man mitleidet und bangt, sie bis ins Finale zu begleiten. Zuletzt habe ich so mit Figuren beim ebenfalls von Supermassive Games entwickelten „Until Dawn“ mitgelitten. 
 
Langsamer Einstieg
Der große Unterschied zwischen dem Teenie-Slasher und „The Devil In Me“ ist jedoch, dass sich der neuste Teil enorm viel Zeit nimmt, bis er in die Gänge kommt. Verglichen mit dem Erstling kann man sagen, das dort zur selben Spielzeit – je nach Handlungsoptionen – bereits zwei Charaktere das Zeitliche gesegnet hatten. Der Horror kommt leider recht spät, dafür aber umso stärker. Warum allerdings vorher alles erst einmal ausgekunschaftet werden muss, Rätsel gelöst und viele, viele Dialoge gesprochen werden und die Dramaturgie sich so dermaßen zäh wie ein altes Kaugummi in die Länge zieht, ist mir ein Rätsel. Etwas mehr Straffung hätte dem Titel gut zu Gesicht gestanden. 
 
Aber auch gegen Ende des Titels wird die Handlung erneut unnötig gestreckt. Hätte sich Supermassive Games lediglich den Mittelteil herausgepickt, wäre das Spiel ein absoluter Horrorkracher geworden – ohne Wenn und Aber! So jedoch giebt es immer wieder zu viel vom Selben. Immerhin: Auf dem höchsten von drei Schwierigkeitsgraden werdet ihr ordentlich gefordert. 
 
Was bei der ganzen Grusel-Horror-Story jedoch wieder einmal sehr schade ist, ist der geringe Progress in Sachen Optik. Denn während die Locations durchaus toll inszeniert wurden und mit vielen Details überzeugen können, erinnern die Charaktere an PS4-Zeiten (oder noch früher). Zu hölzern die Animationen, zu ausdruckslos die Mimik. Da wäre weit mehr machbar gewesen! Hinzu kommen wirkliche Ärgernisse wie diverse Sätze, die aus dem Englischen nicht ins Deutsche übersetzt wurden, und so im Original gesprochen werden. Des Weiteren kam es immer wieder vor, dass Sätze mittendrin abbrachen oder die häufig lippensynchronen Sätze doch wieder asynchron daher kamen. So etwas darf einfach nicht passieren! 
 
Fazit: Ein wirklich gutes Finale haben die Entwickler von Supermassive Games mit „The Devil In Me“ da hingelegt. Statt Aliens und übernatürlicher Geschehnisse, hat man sich ein reales Vorbild aus der Geschichte genommen und zum Plot einer Geschichte gemacht, deren Protagonisten facettenreicher gezeichnet sind als in den Vorgängern. Ein wenig geraffter hätte das Ganze sein dürfen, da zu Beginn reichlich Erkundung auf dem Programm steht und auch das Ende in die Länge 7gezogen wirkt. Ebenfalls wäre es wünschenswert gewesen, die Figuren nicht wie hölzerne Puppen wirken zu lassen. Bleibt zu hoffen, dass die Entwickler sich dessen annehmen und uns für die neue Staffel mit einem optisch überarbeiteten und mit neuen Ansätzen und einem weiterhin überarbeiteten Gameplay überzeugen werden. Bis dahin heißt es von uns: Genießt den Ausflug in das schaurige Hotel – es lohnt sich! 
 
Die inn-joy Redaktion vergibt 7 von 10 Punkten.
 
Die inn-joy Redaktion bedankt sich bei Bandai Namco Entertainment für das zur Verfügung gestellte Testexemplar.
 
U. Sperling
 

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