Indika - Review (PS5)
Kritik an der Kirche ist in vielen Ländern der Welt auch im 21. Jahrhundert noch ein schwieriges Thema. In Russland hingegen wird Kritik an der Kirche gleichgesetzt mit Kritik am Staat. In keinem Land Europas und angrenzender Länder, hat die Kirche derart viel Einfluss auf das öffentliche und private Leben, wie die russisch-orthodoxe Kirche, welche eine der treibenden Kräfte hinter dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine war und ist. Umso beachtlicher ist es, dass mit „Indika“ vom russischen Entwicklerteam „Odd Meter“ ein Titel erschienen ist, der eben diese Kirche scharf kritisiert und generell mit dem Thema Glauben, Gehorsam und anderen Werten sowie der Doppelmoral der Geistlichkeit hart ins Gericht geht. Wir haben uns diesen in vielerlei Weise verstörenden Titel auf der PS5 einmal genauer angeschaut.
Das tragische Leben einer orthodoxen Nonne
Die Handlung von „Indika“ ist im Russland des 19. Jahrhunderts angesiedelt, jedoch in einer alternativen Zeit. Möglicherweise, um sich darauf bei Kritik am Titel darauf berufen zu können. Ihr schlüpft in die Rolle der jungen Nonne Indika, die in einem Kloster lebt. Dass sie dort ganz am Ende der Nahrungskette steht, merkt ihr bereits in den ersten Spielminuten, in denen ihr für Indikas Mitschwestern Wasser aus einem nahegelegenen Brunnen holen und in ein großes Holzfass füllen müsst, nur, um kurze Zeit später mitanzusehen, wie eben jenes Fass von einer Mitschwester umgestoßen wird. Und auch sonst wird Indika das Leben nicht leichtgemacht. Dies liegt allerdings auch an ihr. Denn Indika kämpft mit ihren inneren Dämonen und (ver-)zweifelt an Glauben, Obrigkeit und Autorität. Vor allem ihr eigener Dämon, der ihr allerlei Streiche spielt, macht Indika ihr Leben zur Hölle. So wird die junge Nonne eines Tages von ihrem Orden losgeschickt, um in der Stadt einen Brief abzugeben. Auf ihrem Weg trifft Indika unter anderem auf Ilya, der als geflohener Häftling in einer ähnlich ausweg- und aussichtslosen Situation steckt, wie Indika.
Und so begebene sie sich auf eine schicksalhafte Reise. Dass die Entwickler die Verknüpfung von Wahn und Wirklichkeit, Realität und Einbildung, Fiktion und Erfindung in den Vordergrund rücken, ist einerseits lobenswert, andererseits aufgrund des Fokus auf dieses Thema möglicherweise ein wenig zu „zielgruppenspezifisch“. Und dennoch schafft es das Entwicklerteam, hier einen derart surrealen Titel abzuliefern, dass er auch diejenigen, die mit dem Thema Glauben und Kritik an diesem so rein gar nichts anfangen können, abzuholen.
Abseits der kritischen Untertöne kann man „Indika“ in erster Linie als eine Art von Walking Simulator bezeichnen, da ihr die Nonne von einem Punkt zum anderen schickt, dabei Rätsel löst und den englischsprachigen Dialogen lauscht. Nichts besonders Herausforderndes und nichts Anspruchsvolles. Der Wechsel zwischen Indikas Realität und der Welt der Teufel und Dämonen und sich daraus ergebende Lösungen für Rätsel und neue Wege, ist gut in Szene gesetzt und bietet einige Möglichkeiten, nutzt sich auf Dauer aber etwas ab. Um Gefahren zu entgehen und den Wechsel zwischen den Welten hinzubekommen, betet Indika. Hierdurch wird die andere Welt aktiviert. Spezielle Gebetsorte und Sammelitems schalten Glaubenspunkt für neue Möglichkeiten und Fähigkeiten frei, welche allerdings überhaupt keine Auswirkungen mit sich bringen. Warum das Ganze dann überhaupt ins Spiel implementiert wurde, ist unklar.
Was den Titel – außerhalb des Mix zwischen Wahnsinn und Realität – dennoch von der Masse abhebt, sind die Rückerinnerungen, welche immer wieder in die Handlung eingestreut werden. Hierbei handelt es sich um eine Art von Mini-Spielen,die in Pixeloptik daher kommen. Mal fahrt ihr in Kart-Manier durch unterschiedliche Level, mal sammelt ihr Sterne oder springt durch verschiedene Areale. Diese im Kontrast um eigentlichen Spiel stehenden Level sind eine interessante Ergänzung.
Grafisch besitzt „Indika“ eine ganz eigene Art und wirkt ebenfalls surreal. Die Mischung aus realistisch wirkenden Umgebungen, gezeichneten Charakteren und Pixeloptik sind absolut stimmig und heben das Spiel von der Masse ab. Die Sprachausgabe ist in Ordnung, manchmal jedoch nicht auf den Punkt und einige Male sogar unpassend. Die deutschen Untertitel sind ebenfalls nicht immer fehlerfrei. Gleiches gilt für den Sound, der einerseits passend, andererseits aber ebenso deplatziert wirkt. Es will bewusst alles nicht so richtig passen, wie das Innenleben der Protagonistin.
Fazit: „Indika“ ist eine Herausforderung an uns Spieler, zieht dies aber auch bis zum Schluss durch. Es ist schwierig über den Titel zu sprechen, da er zu denen gehört, die man erleben muss, auch wenn man vom ersten bis zum letzten Moment mehr Fragezeichen vorgesetzt bekommt als sinnstiftende Momente. Nach rund fünf Stunden ist das Spiel dann auch bewältigt. Einen Wiederspielwert bietet „Indika“ nicht. Und trotz und dem unbequemen Thema ist „Indika“ ein Titel, der deswegen gefallen kann, da er etwas Neues wagt und nicht der Hundertste Aufguss bekannter Themen ist.
Wir bedanken uns bei den Entwicklern von Odd Meter für das zur Verfügung gestellte Testexemplar.
L. Zimmermann