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| Marc Heiland | Konsolen

Senua2Erinnert ihr euch noch an die 2021 veröffentlichte Open-World-Tech-Demo „The Matrix Awakens: An Unreal Engine 5 Experience“, mit der Epic Games erstmals der Weltöffentlichkeit einen winzigen Blick in die Zukunft ihrer Vision von Videospielen vorstellte? Es gibt wohl kaum jemanden, der die Demo seinerzeit gespielt haben dürfte. Damals fragten wir uns alle natürlich, wann erste Titel von der Magie der neuen UE5 profitieren würden und wann Spiele so weit sind, dass sie wirklich den Begriff „Next Gen“ verdienen. Die Antwort liefert Ninja Theory mit ihrem Xbox-exklusiven Titel „Senua’s Saga: Hellblade 2“. Bereits der Vorgänger aus dem Jahr 2017 setzte grafisch ein Ausrufezeichen. Doch der Nachfolger stellt alles, was wir bislang auf der Series X gesehen haben, in den Schatten. Ob neben der fulminanten Grafik „Hellblade 2“ noch mehr zu bieten hat, erfahrt ihr im Test.

Ein Rachefeldzug gegen die Nordmänner

Inhaltlich schließt „Senua’s Saga: Hellblade 2“ an die Ereignisse des Vorgängers „Senua’s Sacrifice“ an. Die keltische Kriegerin Senua, die schon in Teil eins mit starken Psychosen, die unter anderem durch Wahnvorstellungen und Stimmen im Kopf kämpfte, leidet unter dem Verlust ihres Freundes Dillion, der im ersten Teil von den Nordmännern ermordet wurde. In Helheim will sie alles daran setzen, um die Götting des Todes dazu zu bringen, Dillion wieder zu den Lebenden zu führen, was ihr jedoch nicht gelingt. Also schwört sie Rache an den Mördern ihres Liebsten, die auch ihr Heimatdorf unwiederbringlich zerstörten. Als Teil einer Sklavengaleere getarnt, setzt Senua über, um die Nordmänner in deren Dorf zu stellen. Doch es kommt, wie es kommen muss: Das Schiff gerät in ein Unwetter und Senua geht mit der Crew über Bord. In einer sehr actionreichen Sequenz kann sich Senua mit letzter Kraft an das von Felsformationen zerklüftete Festland retten. Dort gibt es jedoch keine Verschnaufspause, denn schon bald kommt es zu einem ersten Kampf um Leben und Tod. Neben dem Sklavenhändler und seinen Untergebenen stößt die Kriegerin auf die aus der Mythologie bekannten „Draugar“, einer Kannibalen-Kriegergemeinschaft. Auch andere mythische Figuren kreuzen ihren Weg. Mehr wollen wir, da „Hellblade 2“ ein storygetriebenes Spiel ist, natürlich nicht verraten. Um das Spiel in all seinen Facetten zu begreifen, empfiehlt es sich, den Vorgänger gespielt zu haben. Dennoch ist es kein Muss.

Was uns im Test auffiel ist, dass – trotz der im Grunde recht packenden und spannend inszenierten Story – die Figuren kaum Tiefgang besitzen. Außer Senua, deren Schmerzen und Seelenpein sowohl innerlich, durch die Stimmen, als auch äußerlich, durch die phänomenale Mimik der deutschstämmigen Schauspielerin Melina Juergens, die auch in Teil eins mit aufwändigem Motion Caputring ins Spiel gebracht wurde und Senua ihre Stimme lieh, bleiben die übrigen Figuren eher Beiwerk, was schade ist, bedenkt man, wie viel Potenzial in der rund sechsstündigen Story steckt.

Bahnbrechend und wegweisend

Bereits in früheren Spielen stellte Entwickler Ninja Theory auf beeindruckende Weise heraus, wie gut sie in der Lage sind, Welten zu erfinden und optisch ansprechend zu inszenieren. Auch mit „Hellblade 2“ gelingt es ihnen, eine unglaublich realistische Welt zu erschaffen, die jenseits von allem liegt, was ihr bislang auf Konsolen gesehen habt. Wenn ein Spiel den Titel „Next Gen“ verdient hat, dann ist es zweifellos dieses Spiel! Die unglaublich detaillierten Landschaften, die atemberaubend schönen Panoramen, die ihr allerdings aufgrund des hohen Grads an Action nur selten wirklich genießen könnt, der unglaubliche Weitblick, die Geysire, die schroffen Hügeln und die grandiose Charakteranimation, sind ein Fest für die Augen. Auch wenn Ninja Theory mit den angekündigten 30fps im Vorfeld zahlreiche Lästerattacken über sich ergehen lassen musste und auf dem PC mehr als 30fps ermöglicht, gibt es hier grafisch nichts, das kritisiert werden müsste. Keine Ruckler, kein sichtbares Nachladen von Texturen, versteckte Ladezeiten und alles aus einem Guss – was will man mehr!

Übertroffen wird das Ganze dann noch vom Sounddesign, das hier wirklich ein „mitten drin“-Gefühl erzeugt. Durch die binaurale Umsetzung, bei der quasi ein Dummy bei der Soundaufnahme den Kopf der spielenden Person übernimmt und so das perfekte Raumgefühl bietet, kommen die Stimmen von überall her. Selbst Dolby Atmos kann da kaum mithalten. Deswegen solltet ihr das Spiel ausschließlich mit Kopfhörern spielen. Auch was die Umgebungsgeräusche und die mystische Musik betrifft, wirken diese über ein Headset nochmal so intensiv. Einzig auf deutsche Sprachausgabe müsst ihr auch in Teil zwei verzichten. Dafür sind die Untertitel übersetzt worden.

Eine Sache der Perspektive

Ebenfalls aus dem Vorgänger übernommen wurden die „Runenrätsel“, bei denen Wege erst beschritten werden können, wenn ihr Runen in der Umgebung durch einen veränderten Perspektivwechsel erkennt. Dieses Minispiel hat uns bereits im Vorgänger gestört, kommt aber immerhin nicht mehr ganz so häufig vor, wie noch in Teil eins. Weitere Rätsel, mal mehr, mal weniger nachvollziehbar und sinnvoll eingebunden, sind vorhanden. Leider wirken sie so, als wollten die Entwickler von Ninja Theory hier die Spielzeit unnötig in die Länge ziehen. Ein weiterer Punkt, der recht schade ist, ist das schlauchförmige Leveldesign. Alternativrouten auf denen ihr vielleicht etwas entdecken könnt, gibt es keine. Auch die Kämpfe sind eher Pflicht als motivierend. Stets laufen sie nach dem eins gegen eins-Schema ab und bieten ziemlich rudimentär gehaltene Auseinandersetzungen. Ausweichen, Parieren, leichte und schwere Angriffe – mehr haben Senua und ihre Widersacher nicht zu bieten. So richtig nervig ist, dass sowohl die Kämpfe als auch das Laufen durch die Level unglaublich langsam ablaufen. Klar: Senua hat oft einstecken müssen und ist auch psychisch am Ende. Aber selbst das Rennen fühlt sich irgendwie an als hätte die junge Kriegerin eine Fußfessel umgeschnallt.

8Fazit: Inszenatorisch und audiovisuell ist „Senua’s Saga: Hellblade 2“ ein Meilenstein, an dem sich viele Titel werden messen lassen müssen. Doch abseits von Grafik und Sound bleibt viel gewohnte Kost und aus dem Vorgänger Bekanntes, das sich leider nach knapp sieben Jahren nicht mehr so frisch wie damals anfühlt. Entweder werdet ihr das Spiel lieben oder nicht. Dazwischen gibt es kaum Nuancen. Daher ist es gut, dass der Titel seit seinem Release kostenlos im Xbox Game Pass enthalten ist.

U. Sperling

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