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| Marc Heiland | Konsolen

nobody wants to die charactersAls das Entwicklerteam von „Critical Hit Games“ seinen Titel „Nobody Wants to Die“ ankündigte, dachte ich im allerersten Moment, dass hinter dem Namen des Spiels ein Titel aus dem James Bond-Universum stecken würde. Denn irgendwie schwirren in meinem Kopf bei „Nobody Wants to Die“ starke Bond-Vibes mit. In Wirklichkeit geht es jedoch um einen Noir-Thriller, der aufgrund seiner Inszenierung eher an „Blade Runner“ oder „Minority Report“ erinnert. Worum es genau geht, was „Nobody Wants to Die“ ausmacht und ob wir den recht kurzen Singleplayer-Titel euch empfehlen, erfahrt ihr im Folgenden.

Das Spiel mit der Zeit

Die Handlung des ambitionierten Titels ist in einer dystopischen Version von New York im Jahr 2329 angesiedelt. Wir schlüpfen in die Rolle des alkoholsüchtigen Ex-Detective James Karra, der aufgrund verschiedener Vorfälle aus dem Dienst suspendiert wurde, aber noch immer in Kontakt mit seinem ehemaligen Chef steht.

Im Gegensatz zu heute leben die Menschen im New York der Zukunft nahezu ewig, da sie sich ihrer alten Körper entledigen und neue vom Staat erhalten. Einziger Haken: Nach dem 21. Geburtstag muss der „geliehene“ Körper selbst erworben werden. Hat man keine finanziellen Ressourcen, sich dann einen neuen Körper zu leisten, wird der Körper einer anderen Person übergeben. Euer Bewusstsein, welches mit jedem Körperwechsel in einer Art gigantischer Datenbank gespeichert wird (hier „Ichorit“ genannt), wird dann entweder in den neuen Körper gepflanzt oder verbleibt in dieser „Datenbank“ für Gedächtnisse und Bewusstsein.

Karra selbst hat mit seinen 120 Jahren natürlich bereits einige Körper besessen. Zwar spielen wir ihn lediglich aus der Ego-Perspektive und sehen somit nicht sein Gesicht. Doch in einem recht frühen Moment des rund 6-8 Stunden dauernden Spiels, lüftet das Spiel den Vorhang für einen Augenblick und wir als Spieler oder Spielerin können in das müde Gesicht von Karra blicken. Ein Gänsehautmoment, wenn man sich diese aberwitzige Idee der Unsterblichkeit aufgrund geliehener Körper mit den heutigen Methoden moderner Technik, Wissenschaft und Medizin einmal genauer durchdenkt.

Wie bereits erwähnt wurde unser Alter Ego aus dem Dienst entlassen und ist seit dem Ableben seiner Frau psychisch endgültig durch den Wind. In dieser Ausnahmesituation soll er nun noch einmal ermitteln. Zunächst scheint der Fall wie ein Suizid auszusehen. Doch mit der Zeit entdecken wir, dass weit mehr dahinter steckt, als wir auch nur erahnen können. Mit Unterstützung einer Partnerin mit Namen Sara Kai versuchen wir von da an, herauszufinden, welche Machenschaften hinter dem Tod unserer Zielperson stecken. Und auch wenn James nicht sonderlich angetan von seiner Kollegin und ihrem Ton ist, entpuppt sie sich im weiteren Spielverlauf als wichtige Hilfe – vorausgesetzt, wird reagieren an verschiedenen Dialog-Optionen auch entsprechend. Denn nicht immer führt ein schroffer Ton zum Ziel. Andererseits ist eine offene und ehrliche Art ebenfalls nicht jedes Mal zielführend. Klar, dass es hierdurch nicht nur ein Ende gibt. Da manuelles Speichern von den Entwicklern nicht vorgesehen wurde, müsst ihr jedoch – um ein anderes Ende zu sehen – das Spiel noch einmal neu starten.

Detektivarbeiten mit Vorgaben

Befindet ihr euch an einem Tatort, von denen es in diesem linearen Spiel so einige zu erforschen gibt, müsst ihr die Tatvorgänge rekonstruieren. Hierzu werdet ihr leider zu stark vom Spiel an die Hand genommen, wodurch es nahezu keine eigenen spielerischen Freiheiten gibt. Ob ihr eine UV-Lampe nutzt, Gegenstände kombiniert oder Zusammenhänge erkennt – all das wird euch haarklein vorgegeben. Ein „falsch“ gibt es nicht. Da es sich um ein reines Detektivspiel handelt, wird in „Nobody Wants to Die“ auch nicht geschossen.

Um Tatvorgänge zu verstehen und zu analysieren, kann unser Detektiv die Zeit manipulieren. Mithilfe der R2- und L2-Tasten spult ihr die Zeit vor oder zurück, bis zu einem ebenfalls vom Spiel vorgegebenen Punkt. Dann tretet ihr in eine Zeitblase und untersucht hier für den Fall wichtige Details. So entsteht im weiteren Verlauf ein komplexes Gebilde von unterschiedlichen Motiven.

Haben wir am Tatort alles abgesucht, geht es zurück in James Wohnung, in der ihr Hinweise und Gegenstände kombiniert, um schlussendlich den Fall zusammenzusetzen. Auch hier gibt es kein „falsch“. Zwischen den Tatorten geht es dann mit kleineren Szenen weiter, sodass die Erzählung ohne Unterbrechungen weitergeführt wird. Ein wenig schade ist, dass die Stimmen nur im Original vorliegen. Wer des Englischen allerdings nicht so mächtig ist, der erhält gut übersetzte deutsche Untertitel.

Das schaut ja mal richtig gut aus!

Erinnert ihr euch noch an die „Matrix“-Demo, mit der die ersten Möglichkeiten der Unreal Engine 5 vorgestellt wurden? Viele von uns haben sich damals gefühlt, als spielten sie einen Hollywood-Blockbuster nach. Nun muss fairerweise dazu gesagt werden, dass diese Engine-Demo eine absolute Ausnahme war und dass Spiele von diesem Niveau noch entfernt sind. Was aber wichtiger ist, als absolute Kinografik, ist die Tatsache, dass sich Spiele mit der neuen Generation der Unreal Engine sich leichter programmieren lassen und auch kleinere Studios in der Lage sind, Spiele zu entwickeln, die den „großen“ Studios in nichts nachstehen. Und genau das merkt man „Nobody Wants to Die“ absolut an! Denn das, was das polnische Entwicklerstudio hier auf die heimischen Fernseher und Monitore zaubert, ist wirklich beeindruckend. Der enorm hohe Detailgrad, das Licht- und Schattenspiel, die Panoramen und Häuserschluchten, die Partikeleffekte – all das wirkt sehr atmosphärisch und bringt eine sehr intensive Immersion mit sich. Für solch ein kleines Studio einfach eine Topleistung!

Doch in einem Punkt merkt man, dass hier (sei es der Manpower, sei es dem Budget „geschuldet“) ein relativ kleines Studio am Werk war: Die Spielwelt ist – wie bereits erwähnt – relativ klein und absolut linear und die Spielzeit sehr überschaubar. Zwar werden wir hier nicht – wie bei Ubisoft – mit Möglichkeiten und Aufgaben überschüttet. Doch wer hätte nicht allzu gerne mal die vom Spiel vorgegebenen Wege verlassen, um die dystopische Welt frei zu erkunden? Diese Frage werdet ihr euch ganz bestimmt ebenso stellen, wie wir, wenn ihr das Spiel spielt bzw. es gespielt habt. Aber wer weiß: Vielleicht wird sich der Titel dermaßen gut verkaufen, dass es dem Studio möglich sein wird, mehr Potenzial für einen Nachfolger zu investieren. Uns würde es freuen!

Fazit: Mit „Nobody Wants to Die“ haben die Entwickler von „Critical Hit Games“ ein hervorragend aussehendes, immersives und spannendes Detektivspiel auf den Markt gebracht, das einmal mehr unter Beweis stellt, dass narrative Spiele noch lange nicht zum alten Eisen zählen. Zwei Mankos sind dennoch anzumerken: Erstens nimmt euch das Spiel zu sehr an die Hand, gibt euch permanent vor, was zu tun ist und lässt euch nicht forschen und experimentieren, was zugleich mit Punkt zwei zusammenfällt: Aufgrund des kleinen Teams, eines limitierten Budgets und ähnlichen Aspekten, geraten Spiellänge und Umfang deutlich ins Hintertreffen. Auch wenn mir persönlich ein kurzes, knackiges Spielerlebnis lieber ist, als eine ausufernde offene Spielwelt, hätte 8ich doch gerne mehr vom dystopischen New York des 24. Jahrhunderts erlebt und gesehen, als das, was die wenigen Schauplätze im Spiel mir ermöglichen. Daher bleibt abschließend zu hoffen, dass die Entwickler mit dem Titel viel Geld verdienen, um ihr Team aufstocken zu können und einen potenziellen Nachfolger noch größer zu gestalten.

Wir bedanken uns bei Plaion für den zur Verfügung gestellten Testcode.

U. Sperling

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