Review: Indiana Jones and the Order of Giants – Ein Abenteuer mit Licht und Schatten
Als Indiana Jones and the Great Circle Anfang des Jahres herauskam, war ich ehrlich gesagt völlig baff. MachineGames, die sonst für knallharte Wolfenstein-Shooter bekannt sind, lieferten plötzlich ein Abenteuerspiel ab, das mich mit Stealth, cleverem Leveldesign und einer stimmigen Story sofort in den Bann zog. Ich hätte nie gedacht, dass ich mal stundenlang fasziniert mit einer Peitsche in der Hand durch Tempel und Ruinen schleiche – und trotzdem war es genau so. Deshalb war klar: Als der erste Story-DLC The Order of Giants angekündigt wurde, musste ich sofort dabei sein.
Der Einstieg gelingt auch sofort wieder. Man ist im Vatikan unterwegs, trifft dort auf den jungen Pater Ricci – einen dieser Charaktere, die sofort nach Ärger riechen – und schwupps, steckt man mitten in einer neuen Jagd nach uralten Geheimnissen. Dieses Mal dreht sich alles um den mysteriösen Nephilim-Orden, also die „Riesen“. Allein schon das Setting, ein verstecktes Grab unter Rom, hat bei mir direkt dieses typische Indy-Gefühl geweckt: staubige Katakomben, flackerndes Licht und das leise Echo von Schritten in jahrhundertealten Gängen. Ich hab mich da sofort wieder zuhause gefühlt.
Spielerisch blieb MachineGames aber sehr auf Nummer sicher. Man schleicht, man knobelt, man haut ab und zu einem Gegner eins auf die Nase – und das war’s. Die Rätsel sind wirklich stark, teilweise musste ich kurz innehalten und überlegen, bevor der Geistesblitz kam. Genau so will ich es haben. Einmal stand ich minutenlang vor einem Mosaik, drehte Symbole hin und her, und als es dann endlich klick machte, habe ich tatsächlich vor dem Bildschirm gegrinst. Solche Momente sind pures Abenteuerkino. Aber: Neue Mechaniken? Fehlanzeige. Neue Werkzeuge? Leider nicht. Und die neuen Gegnertypen – Kultisten in roten Kutten – wirken fast wie Statisten. Ich habe sie meistens schneller mit der Peitsche entwaffnet, als sie „Giants“ rufen konnten.
Auch beim Leveldesign habe ich gemischte Gefühle. Auf der einen Seite: Die Katakomben, Fresken und Mosaike sind schlicht atemberaubend. Ich habe mich mehr als einmal erwischt, wie ich stehenblieb, um die Wände zu bestaunen. Einmal bin ich sogar so lange vor einem kunstvoll beleuchteten Torbogen hängen geblieben, dass ich fast vergessen hätte, überhaupt weiterzuspielen. Auf der anderen Seite: Die linearen Pfade haben mir den Entdeckerdrang ziemlich ausgebremst. Während The Great Circle immer wieder kleine Sandbox-Abschnitte bot, in denen ich das Gefühl hatte, frei entscheiden zu können, treibt mich der DLC eher wie auf Schienen voran. Vor allem die langen Gänge der Kanalisation waren für mich ein echter Stimmungskiller – grau, glitschig und irgendwie so eintönig, dass ich zwischendurch fast den Controller sinken ließ.
Die Story selbst ist unterhaltsam, aber nicht mehr. Der Orden der Riesen klingt auf dem Papier spannend, aber wirklich tief wird die Handlung nie. Figuren bleiben blass, und ich hatte nie das Gefühl, dass hier große Emotionen im Spiel sind. Dafür glänzt Troy Baker erneut als Stimme von Indiana Jones. Seine Performance hat mich oft grinsen lassen, weil sie so herrlich nah an Harrison Ford ist, ohne ihn einfach zu kopieren. Vor allem in den finalen Sequenzen hatte ich wieder diesen klassischen „Indy-Vibe“ – dramatische Flucht, geheimnisvolle Enthüllungen, ein bisschen Witz zwischendurch. Alles stimmig, auch wenn es keine großen Überraschungen bereithält.
Technisch lief der DLC bei mir butterweich. Keine Abstürze, keine nervigen Bugs – stattdessen tolle Beleuchtung, detailverliebte Umgebungen und ein Sounddesign, das die Spannung in den Katakomben perfekt einfängt. Besonders in den dunklen Passagen mit der Fackel in der Hand habe ich mich mehr als einmal dabei ertappt, wie ich mich tatsächlich nach hinten umgedreht habe, um zu checken, ob da nicht doch jemand in der Dunkelheit lauert.
Unterm Strich hatte ich Spaß – aber eben auf kleinerem Niveau als im Hauptspiel. The Order of Giants fühlt sich eher wie ein Bonuskapitel an als wie ein echter Meilenstein. Die Rätsel sind klasse, die Atmosphäre großartig, aber neue Ideen oder echte Überraschungen fehlen. Für Fans von The Great Circle ist es definitiv ein lohnenswerter Ausflug, auch wenn man nicht allzu viel Neues erwarten sollte. Neueinsteiger können sich Zeit lassen und vielleicht auf ein Bundle oder einen Sale warten.
Wenn ich es in Zahlen ausdrücken müsste: sieben von zehn Punkten. Kein Muss, aber eine schöne Gelegenheit, noch einmal die Fedora aufzusetzen und für ein paar Stunden in Indys Haut zu schlüpfen. Und ganz ehrlich: Allein dafür lohnt es sich schon, den Papagei von Pater Ricci wenigstens einmal gesehen zu haben.