Vorstellung und ausgewählte Sorten im Test: Kaffeerösterei "die Barista" aus Hameln
Einige von euch haben uns gefragt, wie wir immer wieder neue Röstereien für unsere Vorstellungen und Tests finden. Nun – die Wege sind recht vielseitig. Oft bekommen wir Tipps und Empfehlungen, finden in diversen „Coffee Guides“ Neuvorstellungen, entdecken Röstereien im Urlaub oder bei Fahrten in andere Städte oder – wie bei der Kaffeerösterei „Die Barista“ aus Hameln – lesen spannende und interessante Berichte in Fachzeitschriften wie das „Crema“ Magazin“.
Hier wurde in der Ausgabe vom Mai 2024 Cemil Teke im Bereich „Start up“ portraitiert. Seine Wurzeln hat Teke in der Pizzeria seines Vaters, die er mit 18 Jahren übernehmen musste. Schon damals kam er natürlich mit Kaffee in Kontakt. Über die Jahre wurde seine Leidenschaft zum Kaffee und Espresso größer und mit einigen Rückschlägen, Schwierigkeiten und Herausforderungen kam er dann zu seiner eigenen Kaffeerösterei, die er 2016 eröffnete. Mittlerweile hat er sich mit seiner in der Nähe der Altstadt Hamelns und der Weser gelegenen Rösterei einen Namen gemacht. Darüber hinaus wird sein Kaffe online vertrieben, kann in ausgewählten Supermärkten erworben werden und ist Teil seines Kaffee-Catering-Angebots, das er auf Messen, Events, Firmenfeiern und Hochzeiten anbietet. Durch diesen Artikel in der „Crema“ sind wir natürlich neugierig auf „Die Barista“ geworden und haben Cemil Teke und sein Team kontaktiert. Die Antwort des Teams folgte prompt und so landeten nur wenige Tage nach unserem Sommerurlaub einige ausgewählte Sorten in der Redaktion in unserer Test-Ecke.
Übersicht über das Sortiment
Schauen wir uns zunächst einmal das Angebot der Kaffeerösterei „Die Barista“ im Online-Shop an. Dort finden wir (Stand 07/24) sieben Espresso-Sorten, neun Filterkaffees sowie drei Filterkaffees. Allerdings sind es unterm Strich weniger eigenständige Sorten, sondern nur anders zubereitete Mischungen. Mit einem Monsooned Malabar, einem Äthiopien Guji sowie Brazil Santos gibt es drei „Standard“-Sorten, die wir bei vielen Röstereien finden.
Der Kaffee kann im Shop in den Verpackungsgrößen zu je 250g und 500g bestellt werden. Der Kaffee kann wahlweise für verschiedene Zubereitungsarten (Handfilter, Filtermaschine, Moccamaster, Aero Press und French Press) sowie in ganzer Bohne geordert werden. Des Weiteren gibt es in einzelnen Fällen kurze Informationen zu den einzelnen Farmen, Varietäten. Was uns im Sinne der Transparenz jedoch fehlt sind Angaben bei allen verfügbaren Sorten zur genauen Herkunft, zum Importeur, zur Nachhaltigkeit und zum Engagement. Was wird den Bauern vor Ort gezahlt? Was wird vor Ort unterstützend geleistet? Wie setzen sich Preise zusammen etc. Hier schweigt man sich leider aus und bleibt sehr oberflächlich!
Kaffeesortenauswahl im Überblick
Schauen wir uns jetzt einmal die Verpackungen an, bevor wir euch von unseren Geschmackseindrücken berichten. Bei den Verpackungen hat man sich für klassische Standbodenbeutel entschieden. Der Beutel kommt mit einem Kunststoffventil (Vakuumventil) daher, sodass das CO2 entweichen kann. Schöner Nebeneffekt: Man kann die Aromen des Kaffees bereits vor dem Brühvorgang „erschnuppern“.
Auf der Vorderseite der Verpackungen ist das Label mit dem Namen des Ursprungslandes und des Kaffees zu finden. Darunter folgen stichwortartige Angaben zum Geschmacksprofil Kaffees, im Falle des „Guara Roja“ zur Aufbereitung, zur Röstung und zur vorliegenden Varietät sowie Zubereitungsvorschläge. Auf der Rückseite finden wir Angaben zur abgefüllten Bohnenmenge, das Haltbarkeitsdatum (das Röstdatum muss darüber ermittelt werden) und die Kontaktdaten der Kaffeerösterei sowie einen QR-Code mit Zubereitungstipps.
Ein Wort zur Qualität der Kaffeebohnen: das Bohnenbild / Röstbild der uns für den Test zur Verfügung gestellten Sorten ist sehr gleichmäßig. Defekte sind nur wenige zu finden. Generell wurden die Sorten eher dunkel geröstet.
Die Test-Sorten: Beschreibung und Geschmackstest
Für diesen Test hat uns Cemil Teke die beiden Filterkaffees „Guara Roja“ aus Honduras und den Filterkaffee „Zege“ aus Äthiopien sowie die Espressi „Der Italiener“, „Manifesto“ und „Kiez Espresso“ zur Verfügung gestellt.
Zubereitet haben wir die Filterkaffees in der Chemex und im V60 Dripper, die Espressi in der Rancilio Silvia Pro X. Gemahlen wurden die Filterkaffees mit der Comandante C40 Mk4 Nitro Blade, die Espressi in der Rancilio Stile. Beim Filterkaffee verwendeten wir auf 150 ml gefiltertes Wasser (für eine Tasse) 5-7g Kaffeepulver; beim Espresso waren es 18g für zwei Espressi mit 2x 30g out bei einer Durchlaufzeit von 25-33 sek.
Der Filterkaffee „Guara Roja“
Der erste Filterkaffee, der von uns getestet wurde, ist der Filterkaffee aus Honduras. Kaffee aus dem mittelamerikanischen Honduras zeichnet sich durch vielfältige Geschmacksprofile aus. Diese reichen von weich, säurearm, nussig und toffeeartig bis zu säurereichen Kaffees. Die Kaffeebäume werden ohne Chemikalien und durchgängig unter Schatten kultiviert. Das Land ist vor allem für seine fruchtigen Pacas bekannt.
Unser Geschmackseindruck: Angegeben werden „Noten von Kakao und Nuss mit einem Abgang, der an reife Traube erinnert“. Diesen Eindruck können wir absolut bestätigen. Das nussige Arome fällt schon beim Mahlen des Kaffees auf, wird beim Aufbrühvorgang noch deutlich hervorgehoben. Im Mund macht sich ein cremiger Geschmack breit, der sehr harmonisch daherkmmt. Die Traube im Abgang hatten wir uns ein wenig intensiver vorgestellt. Immerhin ist der Abgang recht lang, sodass die Aromen einige Zeit nachklingen. Diesen Filterkaffee können wir uns gut als „Terrassenkaffee“ für ein gemütliches Beisammensein mit der Familie oder Freunden vorstellen.
Der Filterkaffee „Zege“
Unser zweiter „Testkandidat“ ist ein Kaffee aus dem Land, das man als „Wiege des Kaffees“ bezeichnet. Äthiopische Kaffees haben einen unverkennbaren Charakter mit eleganten, floralen, krautigen und zitrusartigen Noten, sind oftmals süß und werden sowohl nass als auch trocken aufbereitet. Äthiopien hat nicht viele Kaffeefarmen, die man unter anderem als „Waldgärten“ bezeichnet, aber von der Ernte bis zum Export leben in etwa 15 Millionen Menschen von der Kaffeeproduktion. Kaffee wächst meist wild (ethopean heirloom). Zu den bekanntesten Anbaugebieten gehören Limu, Djimmah, Sidamo und Yirgacheffe im Süden, sowie Harar, Gimbi, Lekempti oder auch Wellega im Westen des Landes.
Unser Geschmackseindruck: Der Filterkaffee ist ein sehr klarer Kaffee mit feinen Aromen, ein wenig Säure und einem schönen, fruchtigen Bouquet. Die Blaubeere spielt sich ganz leicht in den Vordergrund, dominiert aber nicht zu stark und überlagert zu keiner Zeit die anderen Aromen. Der lange, saubere Abgang weiß zu gefallen.
Der „Kiez Espresso“
Den Espresso stellt „Die Barista“ auf der Homepage als „Home-Blend“, bestehend aus 80% Arabica aus Brasilien und 20% Robusta aus Indien vor. Leider fehlen auch hier erneut genaue Angaben zur Rückverfolgung der Lieferkette „from tree to cup“. Lediglich die Angabe, dass der Rohkaffee aus Indien „monsooned“ aufbereitet wurde, wird angegeben.
Unser Geschmackseindruck: Der nussige Ersteindruck, den man beim Öffnen der Verpackung vernimmt, verstärkt sich während des Brühvorgangs. Als Espresso wirkt er kräftig und schmeckt ein wenig nach Zartbitter-Schokolade. Auch hier wirken die Aromen gleichberechtigt nebeneinander. Da der Espresso nahezu keine Säure aufweist, kann er auch von empfindlichen Naturen genossen werden. Im Test haben wir ihn auch als Kaffee Latte getrunken. Hier empfiehlt sich allerdings, weniger Milch hinzuzugeben, da er ansonsten etwas schwach wird. Andererseits könnt ihr ihn durchaus auch als double shot trinken, da er sich nicht zu stark in den Vordergrund drängt.
Der Espresso „Manifesto“
Bei unserem nächste „Testkandidaten“ bietet uns „Die Barista“ einen Blend, welcher zu 100% aus Arabica-Bohnen besteht. Auch hier mangelt es komplett an Informationen. Die Aussage „(...)sorgfältig aus den renommierten Anbaugebieten Brasiliens, Äthiopiens und Kolumbiens ausgewählt.“ ist wieder einmal nichts sagend.
Unser Geschmackseindruck: Geschmacklich bietet der Blend tolle Aromen. Neben der Süße, die vom äthiopischen Teil herkommt und leichten Anklängen von Beeren, ist es vor allem der toffeeartige Anteil, der eine tolle Basis bietet und an gebrannte Mandeln vom Jahrmarkt erinnert. Ein langer Abgang verwöhnt den Gaumen. Auch mit Milch ein sehr leckerer Espresso!
Der Espresso „Der Italiener“
Für unseren letzten Espresso im Test haben wir mit dem Espresso „Der Italiener“ einen Blend aus Bohnen aus Kolumbien und Equador erhalten.
Unser Geschmackseindruck: Wer einen Espresso sucht, der wie in Italien schmeckt (nur in gut ;-) ), der wird hier fündig! Der mittelgeröstete Blend hat einen vollen Körper, eine intensive Zartbitter-Note und ganz leichte, fruchtige Obertöne. Egal ob mit oder ohne Milch ist das hier eine wirklich grandiose Komposition.
Fazit: Würden wir ausschließlich die Kaffee-Sorten und Espressi testen, so könnten wir „Die Barista“ durchaus eine 8-9 geben. Denn die uns angebotenen Sorten sind allesamt gut bis sehr gut im Röstprofil und somit im Geschmack. Die Qualität der Bohnen (das so genannte „Bohnenbild“) weist kaum Defekte auf und ist recht harmonisch. Doch wir testen immer das „Gesamtpaket“. Hier gibt es leider zahlreiche „Schwächen“ im Sinne der „Third Wave Coffee“-Bewegung. So ist nahezu keine verlässliche Aussage zur exakten Herkunft der Kaffeebohnen zu finden, es gibt keine Informationen zu Nachhaltigkeit und Fairness. Elementare Informationen wie Bohnenherkunft, welche Varietäten eingesetzt werden, wie die Bohnen / Kaffeekirschen aufbereitet werden – all das wird hier dem potentiellen Kunden überwiegend vorenthalten. Auch das Röstdatum wird nicht genannt. Hier sollte auf jeden Fall deutlich nachgebessert werden
Die inn-joy Redaktion vergibt 7 von 10 Punkten.
Zusammensetzung der Gesamtbewertung:
Qualität: 8,5 von 10 Punkten
Fairness und Nachhaltigkeit: keine verlässlichen Aussagen
Geschmack: 8,5 von 10 Punkten
Transparenz: 6 von 10 Punkten
Die inn-joy Redaktion bedankt sich bei Cemil Teke und seinem Team von der Kaffeerösterei „Die Barista“ für die zur Verfügung gestellten Testexemplare.
D. Stappen, M. Heiland