Vorstellung und ausgewählte Sorten im Test: Kaffeerösterei "Rösternest" aus Illertissen
Die Kaffeerösterei "Rösternest" in Illertissen hat sich einen Namen gemacht als eine der führenden Adressen für qualitativ hochwertigen Kaffee in der Region. Gegründet wurde sie von den Kaffeeliebhabern Steffi und Achim Nestle, die ihre Leidenschaft für Kaffee in ein erfolgreiches Geschäft umgewandelt haben. Mit ihrem Fokus auf Nachhaltigkeit, handwerklicher Verarbeitung und regionaler Verbundenheit hat sich "Rösternest" als feste Größe in der lokalen Gastronomieszene etabliert.
Geschichte und Philosophie
"Rösternest" wurde im Jahr 2021 gegründet, nachdem bereits 2018 erste Gedanken konkretisiert, wie man die Leidenschaft für Kaffee beruflich umsetzen könnte. Unterstützung bekamen sie von der Berlin School of Coffee, wo sie ihre Ausbildung absolvierten.
Die Philosophie von „Rösternest“ ist einfach: höchste Qualität, fairer Handel und umweltfreundliche Produktion. Sie legen großen Wert auf die Herkunft ihrer Kaffeebohnen und beziehen diese ausschließlich von ausgewählten Plantagen, die nachhaltige Anbaumethoden praktizieren und faire Arbeitsbedingungen bieten.
Röstverfahren und Angebot
Das Herzstück von „Rösternest" ist die traditionelle Trommelröstmaschine, die es ermöglicht, jede Bohne individuell zu rösten und so das bestmögliche Aroma herauszuholen. Durch das schonende Röstverfahren werden die Bohnen bei niedrigen Temperaturen und über einen längeren Zeitraum geröstet, was die Entwicklung komplexer Geschmacksprofile ermöglicht. Jede Charge wird von Hand überwacht, um höchste Qualität zu gewährleisten.
Aktuell (Stand 8/24) hat die Rösterei 6 Sorten, die gemahlen bzw. als ganze Bohne angeboten und in den Standardgrößen 250g, 500g und 1kg angeboten werden. Ein Abo gibt es ebenfalls auf Nachfrage.
Ausgewählte Sorten in der Vorstellung und im Geschmackstest
Für unseren Test haben wir von der Kaffeerösterei „Rösternest“ die Sorten BERI NZURI, EL CLÁSICO, EL PRIMERO, LE PÉTILLANT, O IMPULSIVO und den SABASE SHUDDH zur Verfügung gestellt bekommen.
Schauen wir uns zunächst einmal die Beutel an, in denen der Kaffee verpackt wird: Hierbei handelt es sich um die klassischen recycelbaren Polyethylen-Standbeutel. Diese sind wiederverschließbar, um so die Aromen länger zu erhalten. Auf der Vorderseite der Beutel finden wir den Namen des Kaffees bzw. Espressos, das Logo der Kaffeerösterei, eine stichpunktartige Beschreibung des Geschmacks des Kaffees, die Menge des Packungsinhalts, sowie beim „BERI NZURI“ das Fairtrade- und Bio-Siegel.
Drehen wir den Beutel einmal um, so gibt es unter „Story“ beim „BERI NZURI“ einige Informationen zur genaueren Herkunft des Rohkaffees, was gerade im Sinne von Third Wave zu begrüßen ist. Bei den übrigen Sorten fehlen diese Angaben und man bleibt etwas schwammig mit genaueren Herkunftsinformationen für eine Rückverfolgung. Eine Zubereitungsmethoden-Empfehlung sowie Angaben zum Röstdatum und zum MHD sind ebenfalls vorhanden. Auskünfte zur Anbauhöhe des Rohkaffees, zur Aufbereitung und den vorliegenden Varietäten finden wir hingegen nicht.
Auch auf der Homepage finden wir leider keine umfassende Informationen zur genauen Herkunft des Rohkaffees, zur Anbauhöhe, zum Kaffeebauern, wie viel den Bauern vor Ort gezahlt wird, ob Gelder in soziale Projekte vor Ort fließen oder welche Importeure mit „Rösternest“ kooperieren. Hier könnte in Sachen Transparenz noch etwas mehr getan werden.
Zubereitung
Für den Test haben wir den Espresso in unserer Rancilio Silvia Pro X zubereitet, nachdem wir die Bohnen in der Rancilio Stile gemahlen haben. Den Filterkaffee haben wir mit der V60-Brühmethode und in der Chemex zubereitet. Gemahlen haben wir die Bohnen mit der Wilfa und händisch mit der Comandante C40 MK4 Nitro Blade. Ein Wort zum Bohnenbild, das die Qualität des Kaffees bzw. der Röstung rein optisch bereits vor der Verkostung darstellt: Dieses ist gut, Defekte sind fast keine zu erkennen. Auch das Röstbild ist sehr homogen
Der Filterkaffee „BERI NZURI“
Der erste Kandidat unserer Testreihe ist der Filterkaffee „Beri NZURI“. Er ist ein Bio-zertifizierter und Fairtrade Robusta aus Uganda. Der zu 100% aus Robusta-Bohnen bestehende Filterkaffee stammt – so die Angaben auf der Homepage der Kaffeerösterei „aus der Ankole Coffee Producers Cooperative Union Ltd. Das ist eine kleine Kaffeegewerkschaft aus dem Distrikt Bushenyi im Südwesten von Uganda und vereinigt über 4.000 kleinbetriebliche Kaffeebauern. Dank ihrem Fairtrade-Programm können die Bauern nicht nur ihre Kaffeebohnen auf eine natürliche Art und Weise pflanzen und ernten, sondern auch ihre Erträge in soziale Projekte ihrer Gemeinde investieren.“ Das klingt prinzipiell schon einmal nicht schlecht. Allerdings sollten wir hier mit dem Begriff bzw. der Auszeichnung „fairtrade“ aufpassen, weil viele Unternehmen sich diese Auszeichnungen teuer bezahlen lassen, was dann u.a. zu Lasten der Bauern geht. Statt eines solchen Siegels sollten die Erlöse besser an die Kooperative vor Ort gehen.
Generell solltet ihr wissen, dass Robusta aus Uganda in einer Höhe bis zu 1500m angebaut wird bzw. stellenweise noch wild wächst, was den Geschmack noch interessanter macht. Uganda ist der zweitgrößte Exporteur von Robusta weltweit. Die Aufbereitung der Kaffees geschickt nass, aber auch trocken. Während in Bugisu und der Western Region vor allem Arabica angebaut wird, dienen die lehmigen Tonböden des Beckens des Victoria-Sees besonders für Robusta als besonders gute Quelle.
Unser Geschmackseindruck: Der Filterkaffee aus Bushenyi ist für einen Robusta recht sanft, aber zugleich sehr aromatisch und besitzt einen vollen Körper. Sein intensives Aroma resultiert aus dem Zusammenspiel von geröstetem Getreide und Nüssen – die schonende, aber dunkle Röstung verleiht dem Kaffee zusätzliche Intensität nahezu ohne wahrnehmbare Säure und mit ausgewogenem Nachgeschmack. Im recht langen Abgang machen sich Noten von Beeren bemerkbar.
Der Filterkaffee LE PÉTILLANT
Schaut man sich in den meisten Kaffeeröstereien einmal um, so wird man feststellen, dass Kaffees aus dem Kongo eher einen Seltenheitswert besitzen – vollkommen zu Unrecht, wie wir finden. Denn dort gibt es durchaus spannende Kaffees zu entdecken. Vielleicht war dies auch eine Motivation für Steffi Nestle, die den Kaffee entwickelt und röstet, sich mit dem Thema zu befassen. Herausgekommen ist jedenfalls der Filterkaffee „Le Pétillant“.
Kaffee wird im Kongo vor allem in den im Süden und Osten gelegenen Hochgebirgen angebaut. Kultiviert wird überwiegend Robusta (rund 80 %), Arabica dagegen nur in sehr geringen Mengen. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurde in der Republik eine wilde Robusta-Varietät mit besonders schmalen Blättern und sehr großen Blüten entdeckt. Der sogenannte Coffea Congensis ist auch unter dem Namen Kongo-Kaffee bekannt und wird bis heute angebaut. Der hochwertigste Kaffee wächst in den Provinzen Kivu und Oriental.
In der Kolonialzeit wuchs der Kaffee auf großen Plantagen. Inzwischen liegt die Kaffeewirtschaft in privater Hand und die Sträucher fast ausschließlich von Kleinbauern angebaut. Schwierigkeiten entstehen durch die schlechte Beschaffenheit der Straßen im Land, die den Export behindern. Die Ernte wird ausschließlich per Hand vorgenommen.
Leider gibt uns „Rösternest“ keine genauen Angaben zur Rückverfolgung, was – gerade im Vergleich zum Kaffee aus Uganda – sehr schade ist. Hier zeigen sie ja bereits, was möglich ist.
Unser Geschmackseindruck: Der Single Origin Arabica ist recht fruchtig mit Anklängen von Apfel und Melone. Eine feine Säure macht sich bemerkbar, die jedoch zu keiner Zeit in den Vordergrund tritt. Hier merkt man die hellere Röstung ganz klar, sodass die fast schon filigranen Noten nicht zerstört werden. Ein schöner Kaffee, den man gut an einem sonnigen Tag auf der Terrasse oder dem Balkon mit Freunden genießen kann.
Der Espresso EL CLÁSICO
Der erste Espresso unserer Testrunde ist ein Arabica Blend mit Rohkaffee aus Brasilien und Kolumbien. Weitere Informationen werden uns leider nicht verraten. Wir erfahren immerhin, dass auf der hauseigenen Skala (wie auch immer diese definiert wird), dass der Espresso „El Clásico“ er eine Stärke von 2 von 5 besitzt und eine Frucht von 3 von 5.
Unser Geschmackseindruck: Der Espresso ist eher mild und ausgewogen. Im Mund macht sich ein Geschmack von Nussschokolade breit; die Traube ist eher minimal zu bemerken. Insgesamt ein schöner Espresso, der allerdings eher pur zu genießen, da er mit Milch doch ein wenig untergeht.
Der Espresso EL PRIMERO
Test-Espresso Nummer zwei ist ein Triple-Blend mit Bohnen aus Brasilien, Indien und Kolumbien. Den Rest können wir uns selbst zusammenreimen… Schade!
Unser Geschmackseindruck: Kurz und bündig: Der Espresso wurde mittel geröstet, schmeckt nach Zartbitterschokolade mit Noten von getrockneten Früchten und einem recht langen Abgang. Kein Überflieger geschmacklich aber durchaus gut.
Der Espresso O IMPULSIVO
Der Espresso ist ein Blend mit 80% Arabica und 20% Robusta Blend, wobei die Arabica-Bohnen aus Brasilien, die Robusta-Bohnen aus Indien stammen. Nähere Auskünfte haben wir leider nicht.
Unser Geschmackseindruck: Geschmacklich ist der Espresso durchaus gut, setzt aber keine überragenden Akzente. Die angegebenen Noten von dunklem Kakao sind deutlich herauszuschmecken. Marzipan tritt leicht in den Vordergrund, wenn der Espresso etwas abgekühlt ist. Die Crema könnte dichter sein und länger bleiben.
Der Espresso SABASE SHUDDH
Der letzte Espresso in unserem Test ist ein 100%iger Robusta aus Indien. Indischer Kaffee ist dafür bekannt, dass er körperreich und säurearm ist. Der vor Ort angebaute Kaffee wird unter Schatten, meist neben anderen Früchten, was ihn durchaus interessant im Geschmack macht. Die Kaffeekirschen werden sowohl nass, als auch trocken aufgearbeitet oder den Monsun-Winden ausgesetzt. Durch die feucht-heiße Luft und den Wind schwellen die Kaffeekirschen an, schrumpfen wieder und ändern ihre Farbe. Die rund 250000 indischen Erzeuger sind fast ausschließlich Kleinbauern, der Kaffee bietet nahezu einer Millionen menschen ein Auskommen.
Unser Geschmackseindruck: Der Espresso besticht durch seinen vollen Körper, seine Aromen von Mandel und Toffee, einen geringen Säureanteil und einen tollen Nachklang. Etwas holzig schmeckt er darüberhinaus ebenfalls.
Fazit: Die uns zur Verfügung gestellten Filterkaffees und Espressi sind von guter Qualität und schmecke durchaus gut. Allerdings fragen wir uns, warum es nur bei wenigen Sorten möglich ist, mehr Transparenz zu bieten. Dass es geht, sehen wir ja. Aber durchgehende Infos zur Herkunft „from seed to cup“, zur Bezahlung der Bauern vor Ort oder das Engagement uvm. Werden interessierten Kunden leider vorenthalten. Dass Achim und Steffi sich dessen bewusst sind und darauf reagieren werden, ist - wie wir einem Statement entnehmen konnte - ein gutes Zeichen, dass sie versuchen, sich immer weiter zu verbessern.
Wir vergeben 6 von 10 Punkten.
Zusammensetzung der Gesamtbewertung:
Qualität: 8 von 10 Punkten
Fairness und Nachhaltigkeit: unklar aufgrund fehlender Informationen
Geschmack: 8 von 10 Punkten
Transparenz: 5 von 10 Punkten
Wir bedanken uns bei Achim Nestle von der Kaffeerösterei „Rösternest“ für die zur Verfügung gestellten Testexemplare.
D. Stappen