Vorstellung und ausgewählte Sorten im Test: Kaffeerösterei Antagonist Coffee aus Hamburg
Hamburg ist nicht nur bekannt als das „Tor zur Welt“ mit seinen zahlreichen Sehenswürdigkeiten, wie dem „Dungeon“, dem „Miniatur Wunderland“ oder den verschiedenen Musicals, die Jahr für Jahr Millionen Fans aus aller Welt in die Hansestadt locken. Hamburg hat auch verschiedene wirklich herausragende Kaffeeröstereien, von denen wir euch in den vergangenen Jahren einige bereits vorstellen konnten. Nun dürfen wir euch eine weitere Hamburger Kaffeerösterei präsentieren.
Die „Antagonist Coffee“ Rösterei liegt im Herzen Hamburgs im Stadtteil Hammerbrook und wurde 2023 gegründet. Die Antagonisten, wie sie sich selbst nennen, „haben uns auf das Rösten von hochwertigem Spezialitätenkaffee in nachvollziehbaren, nachhaltigen und qualitativ hochwertigen Schritten festgelegt. Hierbei liegen uns Transparenz und die Zufriedenheit unserer Kunden genauso am Herzen, wie die sorgfältige Auswahl unserer Rohkaffees und die daraus entstehenden Röstkaffees.“ Klar, dass wir da neugierig geworden sind. Wie uns der Filterkaffee und Espresso der „Antagonist Coffee“ Rösterei geschmeckt hat, erfahrt ihr im Test.
Neue Wege gehen
Das Motto der Antagonisten könnte man unter dem Satz „Tue etwas für die Umwelt, röste nachhaltig!“ zusammenfassen. Denn die Hamburger gehen mit der Zeit bzw. sind ihr sogar einen Schritt voraus, da sie ein emissionsfreies, elektrisches Rösten auf dem „Stronghold S9X“ nutzen statt Gas, wie bei den meisten ihrer Kolleginnen und Kollegen. Und auch bei der Auswahl der Rohkaffeehändler setzen sie auf Qualität. So arbeiten sie mit InterAmerican Coffee, List & Beisler sowie Touton Specialties zusammen. Darüber hinaus wird ausschließlich Rohkaffee mit einem Score von mindesten 82 Punkten genutzt. So erhält der Kunde nur Ware, die auf hohem Niveau angesiedelt ist. Dass „Antagonist Coffee“ auf Siegel jeglicher Art verzichten, ist ebenso lobenswert, wie der Verzicht von Siegeln der Röstergilde. Auch hier werden die Medaillen untereinander zugeschoben, sodass ein prämierter Kaffee der Gilde zwar durchaus gut ist, aber sonst nichts über die Qualität aussagt, zumal die Bauern in den Ursprungsländern des Kaffees von diesen (wie auch von allen anderen Siegeln) keinen Benefit haben.
Übersicht über das Sortiment
Aktuell (Stand 1/25) hat die Rösterei „Antagonist Coffee“ drei Espresso Blends und einen sortenreinen Espresso sowie zwei Filterkaffees und einen koffeinfreien Omniroast im Sortiment. Außerdem gibt es wechselnde Sorten zu Jahreszeiten oder Specials.
Im Online-Shop könnt ihr jede Sorte in den Packungsgrößen zu 250g, 500g und 1000g in verschiedenen Mahlgraden oder als ganze Bohne erwerben.Ein Abo wird aktuell nicht angeboten. Zu den unterschiedlichen Sorten gibt es auf der Homepage des Unternehmens umfassende Informationen zur genauen Herkunft des Rohkaffees, zur Anbauhöhe, zum Kaffeebauern, zur vorliegenden Varietät, zur Aufbereitungsmethode und zum Röstgrad sowie Vorschläge zur Zubereitungsmethode.
Ausgewählte Sorten in der Vorstellung und im Geschmackstest
Für unseren Test haben wir von der Kaffeerösterei „Antagonist Coffee“ acht Sorten zugeschickt bekommen. Damit haben wir einmal das komplette Sortiment – mit Ausnahme des Decaf – im Test.Schauen wir uns – wie immer – zunächst einmal die Beutel an, in denen der Kaffee verpackt wird: Hierbei handelt es sich um die klassischen recycelbaren Standbeutel mit Zip-Verschluss. Diese sind wiederverschließbar, um so die Aromen länger zu erhalten. Auf der Vorderseite der Beutel finden wir den Namen des Kaffees bzw. Espressos, das Logo der Kaffeerösterei „Antagonist Coffee“, eine stichpunktartige Beschreibung des Geschmacks des Kaffees (Leitnoten), einen Hinweis, dass es sich um beispielsweise 100% Arabica oder einen Blend handelt, sowie Angaben zum Röstgrad (in den Stufen 1-5) und der Säure, die ebenfalls in den Stufen1-5 angegeben ist. Die Mengenangabe ist ebenfalls vorne aufgedruckt sowie der Score des Kaffees.Drehen wir die Verpackung um, so finden wir einen kleinen Text zum „Antagonist Coffee“ und der Idee dahinter, einen QR-Code zur Webseiite, Angaben zur Zubereitungsart des Kaffees und das MHD. Das Röstdatum steht nicht auf der Verpackung, ist aber identisch mit dem MHD -1 Jahr. Angaben zum Ursprung des Rohkaffees, der Finca / Farm, der Anbauhöhe, der vorhandenen Varietäten und der Aufbereitung des Kaffees, gibt es zum jeweiligen Filterkaffee und Espresso im Online-Shop zu finden bzw. auf den beigelegten Karten.
Zubereitung
Für den Test haben wir den Espresso sowohl im Kaffeevollautomaten als auch im Siebträger getestet, den Filterkaffee mit der V60-Brühmethode zubereitet. Ein Wort zum Bohnenbild, dass die Qualität des Kaffees bzw. der Röstung rein optisch bereits vor der Verkostung darstellt: Dieses ist sehr gut; Defekte sind nahezu keine zu erkennen. Auch das Röstbild ist sehr homogen. Geboten werden mittlere bis dunkle Röstungen.
Der Espresso Blend „N° 1“
Der erste Espresso, den wir bei uns im Test hatten, ist der Espresso Blend „N°1“. Hierbei handelt es sich um eine Mischung aus 80% Arabica-Bohnen und 20% Robusta. Mit Brasilien, Indien Honduras und Rwanda haben wir eine sehr facettenreiche Wahl an Ursprungsländern.
Den brasilianischen Rohkaffee bezieht „Antagonist Coffee“ von der Fazenda Monte Belo von Jose Ferraz, der seine Farm in Familienführung seit 90 Jahren führt. Dort wächst der Kaffee in einer Höhe von 900 bis 1260m und wird „natural“ aufbereitet. Die flache Savanne von Cerrado, wo sich die Farm befindet, werden die Kaffeekirschen überwiegend mit Erntemaschinen gepflückt. Jose Ferraz hat sich jedoch bewusst entschieden, seinen Kaffee per Hand pflücken zu lassen, um eine bestmögliche Qualität zu bieten.Der Rohkaffee aus Honduras stammt aus dem Westen des Landes, genauer gesagt aus den Departamentos (Regionen) Copán, Ocotepeque und Intibuca. Das Sierra Madre-Gebirge bietet optimale klimatische Bedingungen für körperreiche Kaffees mit Kakao aber auch einer gewissen Süße. Angebaut wird der Rohkaffee in einer Höhe von ca. 1400 bis knapp über 2000m. Er wird sowohl gewaschen als auch „semi-washed“ aufbereitet.Besonders exquisit sind Kaffees aus Rwanda (Ruanda), welche vor allem durch ihre floralen und süßen Noten bei Kaffeeliebhabern geschätzt werden. Der vorliegende Rohkaffee entstammt sowohl dem Grenzbereich zur östlichen Hochebene, dem Gicumbi District“ sowie der Northern Province, die für ihre Zitrus-, Steinfrucht- und Karamellnoten bekannt ist. Die Farm im Norden gehört dem „Nova Café des Mamas“-Projekt. Sie wird von Frauen geleitet, die sich auch für die Bildung der Frauen einsetzt.Last but not least stammt der indische Rohkaffee, der in diesem Blend zu finden ist bzw. den die Antagonisten auch für andere Blends nutzen, aus Indien von diversen Farmen in Karnataka, im Süden des Landes. Dort werden rund 70% des Kaffees als Robusta angebaut. Karnataka blickt auf eine sehr lange Kaffeetradition zurück. Erste Kaffeebäume wurden bereits im 17. Jahrhundert in der Region gepflanzt. Der Robusta dieses Blends wächst in einer Höhe von 850 bis etwa 950m und wird gewaschen aufbereitet.
Unser Eindruck: Der „Blend N°1“ besticht durch sein komplexes Aromenbouquet. Bereits beim Öffnen der Verpackung lassen sich Noten von Schokolade, Beeren und Zitrus erkennen, die sich beim Brühvorgang verstärken. Trotz der verschiedenen Herkunftsländer ergänzen sich die Kaffees sehr gut zu einer äußerst leckeren Kombination. Der vollmundige Espresso ist sehr angenehm im Mund und hat einen recht langen Abgang. Die Nussschokolade bleibt eine gewisse Zeit im Mund stehen. Sowohl mit als auch ohne Milch schmeckt der Espresso sehr gut.
Der Espresso Blend „Classic“
Bei unserem zweiten „Testkandidaten“ handelt es sich um einen Blend, bestehend aus einem Mischverhältnis von 70% Arabica zu 30% Robusta. Der Arabica stammt aus Brasilien (Angaben wie beim N°1) und Kolumbien; der Robusta aus Tansania. Beim kolumbianischen Rohkaffee sind die Angaben recht ungenau. Beim Robusta aus Tansania erfahren wir, dass er aus 60000 kleinen Farmen der „Kagera Cooperative Union“ stammt, auf 700 bis 950m angebaut und gewaschen bzw. halbgewaschen und teilweise auch fermentiert aufbereitet wird. In welchen Varietäten die Rohkaffees vorliegen ist aufgrund der Vielfalt schwieriger nachzuvollziehen. Die Region Kagera am Victoria-See im Norden des Landes, wo der Kaffee seit Ende des 19. Jahrhunderts angebaut wird, macht ungefähr 23% der gesamten Kaffeeproduktion Tansanias aus.
Unser Eindruck: Der Espresso besitzt einen wunderbar-cremigen Körper. Er erinnert geschmacklich an gebrannte Mandeln vom Jahrmarkt und hat einen intensiven Geschmack mit langem Abgang. Spannend ist, dass er eine feine, aber zu keiner Zeit aufdringliche Süße besitzt. Als Latte Macchiato oder Cappuccino wird er besonders gut in Szene gesetzt, ohne dabei von der Milch aromatisch überdeckt zu werden. Sehr lecker!Der Espresso Blend „Element“
Beim „Element“ erwartet euch in Blend, der zur Hälfte aus Arabica aus Brasilien, sowie zur Hälfte aus Robusta aus Indien zusammengesetzt ist. Die genauen Infos findet ihr bereits oben.Unser Eindruck: Dieser Blend ist für alle perfekt, die zum einen auf einen klassischen Geschmack von Nussschokolade mit ein wenig fruchtigen Anklängen Wert legen; zum anderen auch eine ausgeprägte Crema mögen. Denn beides findet ihr hier in nahezu perfekter Kombination. Ein rundum gelungener Espresso, der eine breite Fanbase für sich gewinnen wird oder bereits gewonnen hat.
Der Espresso „Mono“
Der einzige Omniroast im Programm von „Antagonist Coffee“ ist der „Mono“ aus Honduras. Der „Omniroast“ kann sowohl als Espresso wie auch als Filterkaffee gleichermaßen gut genutzt werden. Der von der Finca Cascaritas stammende und in den Varietäten Catuai und Parainem vorliegende Rohkaffee wird in einer Höhe von etwa 1200m angebaut und „natural“ aufbereitet. Der Rohkaffee ist SHG EP, was für „Strictly High Grown“ (ausschließlich hoch gewachsen) steht. Kaffees mit diesem Zusatz werden mehr als 1.400 Meter über dem Meeresspiegel angebaut. SHG gilt als Qualitätsbezeichnung, da Kaffees aus diesen Höhenlagen langsamer sowie härter und dichter reifen als andere Bohnen.
Die Abkürzung EP wiederum wird als Kennzeichen für „European Preparation“ (Europäische Aufbereitung) genutzt. Dies bedeutet, dass EP-Kaffees einer strengen Sortierung unterzogen werden, die oftmals noch per Hand aber mehr und mehr über optische Kontrolle geschieht, um ein bestmögliches Ergebnis zu erzielen.
Unser Eindruck: Dieser Kaffee überrascht geschmacklich. Er ist ein eher weicher Kaffee, der ein sehr angenehmes Mundgefühl bietet mit feiner Süße und Milchschokolade. Wir würden ihn pur ohne Milch trinken, da mit die teils filigranen Aromen nicht untergehen.
Der Espresso Blend „Blanket“
Auch der „Blanket“ ist ein 50/50 (zur Hälfte aus Honduras und zur Hälfte aus Rwanda bestehender) Espresso Blend. Mit Catuai und Red Bourbon kommen zwei äußerst spannende Varietäten zusammen.
Unser Eindruck: Beim „Blanket“ kam uns sofort der Gedanke an einen Fruchtcocktail oder eine Obstbowle (nur ohne Alkohol) in den Sinn. Der „Fruitpunch“ kommt hier unwahrscheinlich gut zum Tragen mit Noten von Blutorange, was sich durch eine gewisse Spritzigkeit zeigt und Trauben. Lässt man den Espresso ein wenig stehen, bildet sich die Karamellnote stärker heraus. Auch dieser Espresso wird weniger für die breite Masse als für Kenner gedacht sein.
Der Filterkaffee „Honduras“
Kommen wir zum ersten der drei von uns getesteten Filterkaffees, dem „Honduras“. Wie der Name bereits verrät, entstammen die Rohkaffee-Bohnen aus Honduras von verschiedenen Microlots. Die handgepflückten Kaffeekirschen entsprechen auch hier den höchsten Anforderungen und liegen u.a. in den Varietäten Catuai, Caturra und Bourbon vor. Sie werden „washed“ und „semi-washed“ aufbereitet.
Unser Eindruck: Dieser Filterkaffee zeichnet sich durch eine gewisse Süße aus, die parallel von Nussschokolade und Rohrzucker begleitet wird. Er liegt weich am Gaumen und hat einen schönen Abgang, der ein wenig im Mundraum nachklingt. Wir würden ihn als „Terrassenkaffee“ an einem schönen Tag empfehlen.
Der Filterkaffee „Cozy“
Ebenfalls fruchtiger ist der Filterkaffee „Cozy“, dessen Rohkaffee-Bohnen aus Kolumbien, und hier aus einer der bekanntesten Regionen, Huila, stammt. Auf der Finca La Carmelita baut ihn Tarcisio González in einer Höhe von etwa 1650m in der Varietät Pink Bourbon an. Der gewaschene Kaffee hat einen Score von 86,5!
Unser Eindruck: Kolumbianische Kaffees sind meist voll und körperreich und bieten eine Fülle von Noten: von süß, nussig und schokoladig bis zu blumig und fruchtig. Dies spiegelt sich hervorragend in diesem Filterkaffee wider. Er bietet obstige Noten von Mandarine und Pflaume, aber auch von Nougat und Toffee. Eine feine Säure macht sich ebenfalls bemerkbar, ohne sich jedoch in irgendeiner Form in den Vordergrund zu spielen.
Der Filterkaffee „Rwanda“
Last but not least bietet euch „Antagonist Coffee“ einen Filterkaffee aus Rwanda.
Unser Eindruck: Dieser Filterkaffee steht im völligen Kontrast zu den beiden anderen Sorten und bietet euch einen Kaffee mit deutlichen Anklängen von schwarzem Tee, aber auch Beeren und einen Hauch von Vanille.
Fazit: Die von uns getesteten Sorten konnten uns auf hohem Niveau überzeugen. In Sachen Nachhaltigkeit und Fairness könnte es noch mehr Informationen geben. So bleibt beispielsweise offen, wie die Bauern vor Ort unterstützt werden, welche sozialen Projekte auf den Farmen angestoßen und intensiviert werden oder welche Beträge bei den Kaffeefarmern ankommen etc. Die Qualität des Kaffees ist auf hohem Niveau und in puncto Transparenz überzeugt uns „Antagonist Coffee“ ebenfalls weitgehend. Insgesamt können wir euch eine Kaufempfehlung geben.
Zusammensetzung der Gesamtbewertung:
Qualität: 9 von 10 Punkten
Fairness und Nachhaltigkeit: 8 von 10 Punkten
Geschmack: 9 von 10 Punkten
Transparenz: 8 von 10 Punkten
Die inn-joy Redaktion bedankt sich bei der Kaffeerösterei „Antagonist Coffee“ für die zur Verfügung gestellten Testexemplare.
D. Stappen, M. Heiland