Vorstellung und ausgewählte Sorten im Test: Glücksbohne Rösterei aus Bremen
Eine Frage an euch, die ihr noch neu in der Kaffeeszene seid: Was meint ihr – Welche deutsche Stadt ist die „Kaffeehauptstadt“? Berlin? Frankfurt? Hamburg? Falsch! Bremen gilt als die Kaffeehauptstadt Deutschlands. Denn hier hat im Jahr 1673 die das erste Kaffeehaus seine Tore – damals noch für die wohlhabende Oberschicht – geöffnet. Der Niederländer Jan Jahns von Huisten erhielt die Erlaubnis, „Coffi, Potasie und Schokelati“ auszuschänken und setzte damit eine Bewegung in Gang, die dazu führte, dass in Bremen über 200 Kaffeeröstereien entstanden. Auch wenn sich im 21. Jahrhundert nur noch eine Handvoll Röstereien im Stadtgebiet befinden, bleibt die Hansestadt nach wie vor ein Zentrum für Kaffeekultur und -handwerk.
Eine dieser Kaffeeröstereien, die wir euch in diesem Artikel vorstellen, ist die Kaffeerösterei „Glücksbohne“, die Ende 2022 im sogenannten „Bremer Viertel“ (Ostertorsteinweg 66) gegründet wurde. Die Rösterei hat sich ausschließlich auf das Rösten von Specialty Coffee fokussiert und verkauft Filterkaffee über den eigenen Onlineshop und im hauseigenen Café Glücksbohne. Hier haben wir auf der Rückreise von unserem kurzen Hamburg-Besuch in diesem Jahr einen kurzen Stopp eingelegt und waren vom Café, aber auch vom Team begeistert. Während wir bei leckerem Kaffee und Kuchen in entspannter Atmosphäre zusammensaßen, kamen wir mit dem Team ins Gespräch. Uns so kam es, wie es bei solchen Besuchen gerne mal kommt: Wir tauschten unsere Karten und auch einige Kaffees und Espressi gingen für einen Test über die Ladentheke.
Übersicht über das Sortiment
Das Angebot der Kaffeerösterei im Onlineshop bietet euch eine interessante Auswahl an Kaffees. So gibt es (Stand Mai / 25) acht Filterkaffeesorten (einer davon ist ein Decaf), eine Kaffeerarität und sieben Espresso-Sorten, von denen zwei als entkoffeiniert Variante angeboten werden.
Das Sortiment kann in den Verpackungsgrößen zu 250 g, 500 g und 1 kg für verschiedene Zubereitungsarten (Filterkaffee, Siebträger, Herdkanne, Aeropress und French Press ) gemahlen sowie in ganzer Bohne bestellt werden. Des Weiteren gibt es Informationen zu den einzelnen Farmen, der Qualität des Rohkaffees (Klassifizierung), den vorliegenden Varietäten, der Aufbereitung des Rohkaffees, der Produzierenden sowie der Anbauhöhe. Auch das Tassenprofil und der Röstgrad dürfen hier nicht fehlen. Im Sinne der Transparenz ist dies wirklich lobenswert! Neben den Kaffee-Sorten und Espressi könnt ihr auch eine kleine Auswahl an Zubehör bestellen.
Kaffeesortenauswahl im Überblick
Schauen wir uns jetzt einmal die Verpackungen an, bevor wir uns dem eigentlichen Test widmen. Die Beutel bestehen aus einer Kunststoffverpackung mit wiederverschließbarem Zip-Verschluss. Jede Verpackung kommt mit einem Standboden daher, sodass die Verpackung bequem hingestellt werden kann, um den Kaffee portionsweise entnehmen zu können.
Auf der Vorderseite der Verpackung finden wir den Namen der Rösterei und den Namen des Kaffees bzw. Espressos. Darüber hinaus gibt es alle wichtigen Informationen für den Kunden wie das Herkunftsland des Rohkaffees, den Namen des Produzenten bzw. der Farm, die vorliegende Varietät, die Anbauhöhe, die Aufbereitung des Rohkaffees sowie ein Tassenprofil. Auch das MHD ist auf der Verpackung zu finden. Das Röstdatum fehlt hingegen, kann aber vom MHD (1 Jahr) zurückdatiert werden.
Zur Qualität des Kaffees lässt sich sagen, dass das Bohnenbild / Röstbild der getesteten Sorten sehr homogen ist. Defekte sind nur wenige zu finden.
Zubereitung
Für unseren Test haben wir den Filterkaffee mit unserer Comandante C40 MK4 Nitro Blade für den Hario V60 Handfilter bzw. die Chemex und der G-Iota DF54 für den Siebträger gemahlen. Zubereitet haben wir den Kaffee mit den Standards (18 g in bei 36-42 g out in ca. 25-30 Sekunden für den Espresso sowie 9 g Kaffee auf 150 g Wasser mit 92 °C in 2,5-3 min. für den Filterkaffee)
Die Test-Sorten: Beschreibung und Geschmackstest
Für unseren Test hat uns Jens Haltermann, Röstmeister und Inhaber der Kaffeerösterei „Glücksbohne“ den Decaf-Omniroast „No. 13“ aus Sidamo, den Espresso „No. 14 – Manggarai“ aus Indonesien, den Espresso „No. 1“ („Haus Blend“), den Filterkaffee „No. 10 – Manggarai“ aus Indonesien sowie den Espresso „No. 7 – San Augustin“ aus Kolumbien zur Verfügung gestellt.
Der Filterkaffee „No. 10 - Manggarai“
Der erste Kaffee in unserem Test stammt aus Indonesien, genauer gesagt, aus dem Dorf Uwu in Manggarai, Flores. Der Rohkaffee (hier Arabica in der Varietät Kartika) wächst dort auf einer Höhe von rund 1.500–1.700 Metern und wird nach der Ernte als natural anaerob aufbereitet. Diese Aufbereitung stellt besonders fruchtige Noten heraus, was auch bei diesem Kaffee ganz stark herauszuschmecken ist.
Unser Eindruck: Der Kaffee hinterlässt einen sehr aromatisch-fruchtigen Gesamteindruck. Schon beim Öffnen der Verpackung strömt ein dominantes Blaubeeraroma in die Nase. Im Mund nimmt dieses Blaubeeraroma einen breiten Raum ein und legt sich angenehm an den Gaumen. Im Abgang erkennt man die Guave. Auch mit Milch (oder Milchersatz) lässt sich der Kaffee wunderbar trinken, da die Aromen hier zu keiner Zeit untergehen. Insgesamt ein wunderbar komponierter, nicht zu starker Kaffee, den man gerne zum Frühstück, aber auch zwischendurch trinkt.
Der Decaf „No. 13 - Sidamo“
Der entkoffeinierte Rohkaffee stammt aus einem der bekanntesten Anbaugebiete Äthiopiens, aus Sidamo. Der Arabica wird in sogenannten „Kaffeegärten“ in einer Höhe von 1600 – 1800 m angebaut und in der Washing Station „Bulessa“ aufbereitet. Das Besondere an der Washing Station ist, dass sie unter weiblicher Leitung steht und einigen Frauen und Kindern mit Bildungs- und Landwirtschaftsworkshops unterstützt.
Der Kaffee wird ohne Zugabe von Chemie entkoffeiniert und in der Kaffeerösterei „Glücksbohne“ als Omniroast geröstet, sodass er sowohl als Filterkaffee als auch als Espresso genossen werden kann.
Unser Eindruck: Wie wir es von den zahlreichen Kaffees aus Sidamo kennen, besticht auch dieser Espresso aus floralen Noten mit spitzer Säure. Darüber hinaus erinnert er ein wenig an Roiboos-Tee und wirkt insgesamt recht elegant. Ein leckerer „Einsteiger-Kaffee“ für alle, die sich an äthiopischen Espresso wagen wollen.
Der Espresso „No. 1 – Haus Blend“
Während unseres Besuchs in Bremen durften wir den „Haus Blend“ probieren und waren schon vor Ort hellauf begeistert von diesem Blend. Jetzt, einige Wochen später, haben wir uns noch einmal ausgiebig Zeit für den Espresso genommen.
Der Blend setzt sich zu 50 % aus brasilianischem, 30 % indischem und 20 % kolumbianischem Rohkaffee (Brasilien Obata, Indien Bynemara AA, Kolumbien Soto Coffee) zusammen. Spannend hierbei ist, dass es sich um einen reinen Arabica-Blend handelt. Genauere Erläuterungen zur Herkunft sind leider nicht auf der Homepage zu finden. Hier hätten wir uns detailliertere Informationen für interessierte Kundinnen und Kunden gewünscht.
Unser Eindruck: Der Espresso bietet eine sehr angenehme Mischung. Der brasilianische Arabica bietet die Basis mit Aromen von Nussschokolade und eine gewisse Cremigkeit und einen vollen Körper. Der kolumbianische Arabica ergänzt den Blend um eine fruchtige Note mit ganz feiner Säure und der indische Arabica bietet eine leicht erdige Note mit. Im langen Nachgeschmack schmeckt man feine Noten von Kakao und Trockenfrucht.
Da der Blend besonders zugänglich, balanciert und vielseitig ist, kann er nicht nur „pur“, sondern auch sehr gut in Milchgetränken wie Cappuccino oder Flat White fungieren.
Der Espresso „No. 14 - Manggarai“
Der Rohkaffee entspricht dem des hier vorgestellten Filterkaffees.
Unser Eindruck: Geschmacklich ist der Espresso noch etwas dominanter in Sachen Blaubeere. Er bildet keine allzu intensive Crema, weiß aber auch als Latte Macchiato oder Cappuccino zu gefallen.
Der Espresso „No. 7 – San Augustin“
Der letzte Testkandidat in unserem Panel ist ein Espresso aus San Agustin, Kolumbien. Er wird in der Region Huila auf der Farm Los Naranjos von Henry Muñoz und seiner Familie in einer Höhe von 1800 m in den Varietäten Pink Bourbon und Caturra vor. Der Arabica wird nach der Ernte gewaschen aufbereitet. Kolumbianische Kaffees sind meist voll und körperreich und bieten eine Fülle von Noten: von süß, nussig und schokoladig bis zu blumig, fruchtig und beinahe tropisch. Dank der Vielzahl von Mikroklimata ist der kolumbianische Kaffee einzigartig im Charakter. In Kolumbien wird ausschließlich Arabica angebaut.
Unser Eindruck: Wie von einem Spitzenkaffee aus Huila zu erwarten, besticht auch dieser Espresso durch seine vielfältigen Aromen. So ist er recht komplex im Geschmack und hat eine dichte Textur mit einer leichten Obernote von Bergamotte. Mit dem recht langen Abgang klingt die Karamellnote nach.
Fazit: Die Kaffeerösterei „Glücksbohne“ aus Bremen bietet tolle Kaffees mit facettenreichen Aromen und feinem Geschmack. In puncto Qualität, Transparenz, Nachhaltigkeit und Fairness bzw. Nachhaltigkeit wird einiges dargestellt, aber auch mit Luft nach oben. Damit man ganz klar sehen kann, was „from seed to cup“ für die Kaffeebauern gemacht wird. Welche sozialen Projekte werden unterstützt? Was kommt bei den Bauern an? Wer fungiert als Importeur? Etc. Dennoch können wir euch die von uns getesteten Sorten absolut empfehlen.
Die inn-joy Redaktion vergibt 8 von 10 Punkten.
Zusammensetzung der Gesamtbewertung:
Qualität: 9 von 10 Punkten
Fairness und Nachhaltigkeit: 7 von 10 Punkten
Geschmack: 9 von 10 Punkten
Transparenz: 7 von 10 Punkten
Wir bedanken uns bei Herrn Jens Haltermann für die freundliche Unterstützung.
M. Heiland