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inn-joy @ Alexander Hamilton - Review

| Marc Heiland | Musical

Hamilton Bild1Über die Gründer der Vereinigten Staaten von Amerika wurde und wird noch immer viel geschrieben. Doch während George Washington, der erste Präsident der USA, wohl jedem sofort in den Sinn kommt, und vielleicht auch noch Thomas Jefferson relativ bekannt ist, wurde der erste Finanzminister, Alexander Hamilton, von der Geschichte fast vergessen, obwohl er maßgeblich daran beteiligt war, dass unter anderem das Herz des Geldes in New York schlägt und die Verfassung ins Leben gerufen wurde.

Dass wir mittlerweile den Namen Hamilton und viele Stationen aus seinem Leben auch weit über die USA hinaus kennen, haben wir vor allem einem Mann und seinem schöpferischen Talent zu verdanken: Lin Manuel Miranda. Denn diesem fiel durch Zufall ein Buch über das Leben des ersten Finanzministers der USA in die Hände, welches Miranda neugierg machte und dazu motivierte, ein Stück zu schreiben, was zunächst allerdings noch gar nicht als Musical konzipiert war. Erst im Laufe der Zeit wuchs das Projekt und wurde zu einem der erfolgreichsten Musicals überhaupt. Sogar der ehemalige US-Präsident, vor dem Miranda und sein Team bereits in der Konzeptphase den titelgebenden ersten Song des Musicals auf Einladung des damaligen Präsidenten präsentierten, hatte das Musical während seiner Amtszeit mehrere Male besucht.

Doch nicht nur das Thema des Musicals Hamilton ist einzigartig. Auch die  Musik, die eine Mischung aus Hip-Hop, Rap und R&B ist, wurde bis zur Premiere des Musicals 2015, so noch nie zur Grundlage eines Musicals gemacht. Doch damit hören die Alleinstellungsmerkmale noch nicht auf: Mit drei Stunden Aufführungslänge und nahezu durchgehendem (Sprech-)Gesang ist Hamilton das Musical mit dem meisten Text, was allen Beteiligten ein enormes Maß an Konzentration, aber auch Talent, allabendlich abverlangt.

Doch als wäre das alles nicht schon eine einzigartige Meisterleistung, kündigten die Verantwortlichen von Stage Entertainment an, dass dieses Monster von Musical in DIE deutsche Stadt des Musicals, nach Hamburg kommen werde und zwar komplett übersetzt ins Deutsche! Fans und Kritiker waren natürlich gleichermaßen überrascht wie skeptisch. Wie soll die Quadratur des Kreises gelingen? Sprich: Wie soll das, was im Englischen an Begriffen, Sprichwörtern, Metaphern etc. funktioniert, auf Deutsch realisiert werden und das, ohne den Sinn zu verlieren? 

Um das Ganze umzusetzen und einige Wortspiele an den deutschen Markt anzupassen, holte man sich einige Experten des Deutschrap an Bord und schaffte tatsächlich das scheinbar Unmögliche: Die erste Version von Hamilton, die weltweit nicht auf Englisch zu hören ist. 

Und nicht nur das Kunststück gelang Stage Entertainment. Auch wurde der gesamte Cast (mit Ausnahme von King George) aus People of Color zusammengebracht, was dem US-Vorbild entspricht und eine weitere Besonderheit des Musicals ist, waren Washington, Hamilton, Lafayette und Co. als zeitgenössische Figuren ja alle weiß. Aber auch hier setzt Miranda eben Zeichen.

HamiltonBild2Umso bestürzter und trauriger waren die deutschen Musical-Fans, als Stage Entertainment nach nur vier Monaten Laufzeit verkündete, die Spielzeit über den Oktober 2023 hinaus nicht zu verlängern. Als Grund wurden schwache Zahlen bei den Ticketverkäufen genannt. Daher war es uns eine Freude, das Musical vor seiner Einstellung auf deutschem Boden sehen zu können und euch von unseren Eindrücken zu berichten.

Ob es nun an der Ankündigung von Stage Entertainment lag oder nicht, dass das Hamburger Operettenhaus auf der Reeperbahn an diesem Abend ausverkauft war, können wir natürlich nicht sagen. Dass es dem Publikum aber gefallen hat, war an zahlreichen Stellen zu beobachten. So bekamen nicht nur die Hauptrollen viel Applaus. Auch die Nebenrollen wurden vom Publikum gefeiert. Die Mischung aus Erst- und Zweitbesetzung war sehr gelungen und kam auch beim Publikum an. Vor der Leistung jedes einzelnen Künstlers und jeder Künstlerin, kann man nur den Hut ziehen! Nicht nur, dass es einer unglaublichen Konzentration bedarf, sich die Unmengen an Text zu merken. Vielmehr ist es das teilweise wahnwitzige Tempo, mit dem der Text vorgetragen wird. So etwas haben wir bis dato noch nicht auf einer Musicalbühne erlebt!

Umso erstaunlicher ist es, dass fast alles sehr gut zu verstehen ist und dass, obwohl bei vielen Künstlern Deutsch eine Fremdsprache ist. Solch eine grandiose Leistung fasziniert dann gleich doppelt. Und was ist mit der Übersetzung? In den allermeisten Fällen gelingt diese sehr gut und bietet sogar Anspielungen auf die deutschsprachige Hiphop- und Rapgeschichte, was vor allem Kenner der Musik der 90er freuen dürfte. Aber auch ohne diese Feinheiten zünden die überwiegenden Lyrics. Das Bühnenbild ist natürlich ebenso schlicht (im Vergleich zu anderen Produktionen von Stage Entertainment). Dennoch begeistert die Kombination aus Drehbühne, Leitern, Szenenwechseln, die vor allem durch Licht und Hintergrund auf zwei Ebenen realisiert werden und kleinen interessanten Elementen.

Nachdem die letzten Töne des Finales verklungen sind, erhält das Ensemble vom Publikum zurecht Standing Ovations. Auch uns konnte Hamilton restlos begeistern und die deutsche Fassung überzeugen. Solltet ihr nach dieser Review neugierig geworden sein und es noch irgendwie die Möglichkeit geben, Karten zu erhalten, können wir euch nur empfehlen, euch diese zu besorgen, bevor diese einzigartige Chance Ende 2023 verstrichen ist.

Die inn-joy Redaktion bedankt sich beim Team von Stage Entertainment für die freundliche Unterstützung.

M. und C. Heiland 

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