Pax Augusta - Review (PC)
Was macht man, wenn man Fan von Aufbaustrategie-Spielen ist, aber das, was man in der Szene vorfindet, nicht das ist, was einem selbst vor Augen schwebt? Entweder zähneknirschend weiter die Titel spielen, die der Markt hergibt oder selbst ein Aufbaustrategie-Spiel programmieren! Was der Ein-Mann-Entwickler Slavic Magic mit dem Mittelalter und seinem derzeit im Early-Access befindlichen „Manor Lords“ umsetzt, das bietet uns nun der Schweizer Roger Gassmann mit seinem, im römischen Kaiserreich angesiedelten Aufbaustrategie-Titel „Pax Augusta“. Wir konnten den Titel auf dem PC über einen längeren Zeitraum testen und klären im Folgenden, ob uns das „Hobbyprojekt“ (Gassmann entwickelte das Spiel „nach Feierabend“) überzeugt hat.
Viele Wege führen nach Rom – auch Brücken
Wie bereits erwähnt begebt ihr euch im Aufbauspiel „Pax Romana“ ins antike Rom zur Zeit des Kaisers Augustus. Ein Wort zur historischen Einordnung: Die "Pax Romana" (lateinisch für „römischer Frieden“) bezeichnet eine lange Phase relativer innerer Stabilität und äußeren Friedens im Römischen Reich. Sie begann ungefähr mit der Herrschaft von Kaiser Augustus (27 v. Chr.) und dauerte bis etwa zum Ende der Regierungszeit von Kaiser Marcus Aurelius (180 n. Chr.). In diesem Zeitraum, der rund zwei Jahrhunderte umfasste, erlebte das Reich eine Blütezeit in vielen Bereichen. So erlangte das römische Reich nach Jahren blutiger Bürgerkriege unter Kaiser Augustus ein relativ stabiles System. Hierdurch gab es einen wirtschaftlichen Aufschwung, da der sichere Handel innerhalb des riesigen Reichsgebiets und über seine Grenzen hinweg Wohlstand, Städtebau und kulturellen Austausch förderte, wodurch es im Reich auch zu einer großen kulturellen unter anderem in den Bereichen Literatur, Architektur, Kunst und Recht gab. Obwohl es an den Grenzen immer wieder zu Konflikten kam, blieben das Kerngebiet des Reichs und die Hauptverkehrswege weitgehend sicher.
Die Pax Romana war also weniger ein völliger Zustand von Frieden überall im Reich als vielmehr eine Ära, in der Rom seine Macht festigen und einen bisher selten erreichten Grad an Ordnung und Wohlstand bewahren konnte.
Inmitten dieser Phase beginnt das Spiel. Ihr übernehmt darin die Rolle eines Statthalters, der sich im Auftrag des Imperators um den Aufbau der Provinzen Roms kümmern soll und darüber hinaus auch den „Cursus honorum“, die römische Ämterlaufbahn, hinaufklettern will.
„Pax Romana“ bietet – im Gegensatz zu „Manor Lords“ eine Kampagne, eine Karriere mit eigenen Einstellungsmöglichkeiten und einen Sandbox-Modus. Während ihr in Letzterem frei Schnauze eure Provinz errichtet, gibt es in der Kampagne natürlich Vorgaben. Da es sich um ein Ein-Mann-Projekt handelt, solltet ihr keine aufwendigen Zwischensequenzen erwarten. Stattdessen wird euch die Geschichte in einzelnen Bildern und Informationen präsentiert. Da jedoch alles in deutscher Sprache vorgetragen wird, stört das nicht im Geringsten.
Das Spielgeschehen selbst führt euch zunächst auf eine Übersichtskarte, von der aus ihr die Provinzen ansteuert. Vor Ort werden euch verschiedene Missionen bzw. Aufgaben gestellt, die ihr zu bewältigen habt.
In den Provinzen habt ihr für die Gebäude einen Kreisradius, der von grün über gelb bis hin zu rot geht. Im Zentrum selbst befindet sich auch die Hauptkreuzung, welche unter anderem für den Handel wichtig wird. Dabei stehen wichtige Gebäude oder Dinge wie ein Altar oder der Marktplatz, das Forum und Häuser im Zentrum, während andere Bauwerke und wirtschaftliche Bauwerke weiter weg zu finden sind. Bauplatz ist stets begrenzt, sodass ein vorausschauendes Planen das A und O einer erfolgreichen Provinz sind. Das Besondere bei der Besiedlung einer Stadt ist, dass ihr keine 08/15-Standardgebäude vorgesetzt bekommt. Stattdessen gibt es eine ganze Palette an Formen und Größen. Zwischen den einzelnen Häusern können (und sollten!) Brunnen oder Gärten etc. angelegt werden. Auf diese Weise nutzt ihr jeden freien Zentimeter sinnvoll und effektiv aus. Wollt ihr eure Siedlung in eine Richtung hin vergrößern, empfiehlt sich der Bau von Brücken. Der Aufbau eurer Stadt erfolgt nach dem genrebekannten Schema mit Produktionsstätten, Lagern, Handel und mehr. Hinzu kommen die Religion, die gerade in der Kaiserzeit enorm wichtig wird und die Unterhaltung sowie die Versorgung eurer Einwohner, die in fünf Stufen aufsteigen können, mit Lebensmitteln, Bekleidung und so weiter. Im späteren Verlauf der Kampagne werden die Ansprüche natürlich steigen, sodass ihr sie befriedigen müsst. Da Ressourcen jedoch knapper sind, als in manch anderem Mitbewerber, müsst ihr stets ein Auge auf die Informationen halten, um nicht vorzeitig pleite zu gehen oder es euch mit euren Bewohnern zu verscherzen. Beides hätte schlimme Folgen für euch, da ihr aus dem Dienst entlassen werden könnt.
Man merkt dem Spiel an allen Ecken und Enden an, dass der Entwickler sich für sein Projekt mit Historikern und Archäologen vorab besprochen und sich Feedback eingeholt hat. Denn die historisch akkuraten Gebäude, Zusammenhänge und Abläufe sind vorbildlich und – leider auch typisch Rom – teilweise grausam. Sklaven, die aufgrund der Arbeitslast sterben sind ebenso an der Tagesordnung, wie Gladiatoren, die im Kolosseum das Zeitliche segnen. Panem et Circenses („Brot und Spiele), wie der Römer sagt.
Manche Brücken waren nur vorübergehend
Um beim Bild der tragenden Brücken, also dem Gelungenen im Spiel zu bleiben, wollen wir uns kurz die Brücken anschauen, die weniger stabil sind, also der Frage nachgehen, was möglicherweise verbesserungswürdig ist. Die größte Auffälligkeit ist die Grafik, die in Sachen Texturen, Beleuchtung oder auch Schattendarstellung stellenweise recht veraltet daher kommt. Nicht, dass „Pax Romana“ ein hässliches Spiel ist. Das nun wirklich nicht. Aber im Vergleich zu den großen Produktionen merkt man dem Titel natürlich an, dass hier nur eine Person mit schmalem Budget am Werk war. Immerhin verspricht der Entwickler, sich nach und nach den von der Community in den kommenden Wochen und Monaten beschriebenen Problemen zu widmen und – soweit es seine Möglichkeiten zulassen – auch tatkräftig zu optimieren. Hier profitiert das Spiel ganz klar davon, dass kein riesiges Team von Entwicklern dahinter steht und die Kommunikation zwischen Entwickler und Fans somit auf kurzem Weg und zügiger verlaufen kann. Abgesehen von der Grafik wären auch noch die teilweise recht langen Ladezeiten, die hin und wieder etwas fummelige Steuerung und auch die Tatsache, dass es (bislang) nur einen Speicherplatz gibt, zu nennen. Was uns wieder besonders gut gefallen hat, ist, dass die Übersichtskarte nicht nur dazu dient, von einer Provinz zur nächsten zu gelangen, sondern, dass diese auch im Bereich Handel aktiv genutzt wird. Das Ganze erinnert ein wenig an „Civilization“. Und auch die Möglichkeit, selbst auf der römischen Karriereleiter emporzuklettern, ist ein gelungenes Feature, das bei anderen Aufbaustrategie-Spielen oftmals fehlt und zusätzliche Motivation bietet.
Fazit: Mit „Pax Augusta“ hat Roger Gassmann ein wirklich tolles Aufbaustrategie-Spiel entwickelt, dem man zwar seine Herkunft ansieht, das aber vor allem durch seine historische Authentizität, seinen Umfang und seine Möglichkeiten, euch zu entfalten (Stichwort: Varianzen beispielsweise beim Häuserbau) besticht.
Wir sind gespannt, wie es mit dem Titel weitergehen wird und werden es natürlich weiterhin verfolgen.
Wir bedanken uns bei Roger Gassmann für den zur Verfügung gestellten Testzugang.
U. Sperling