Simon The Sorcerer: Origins - der frechste Magier der 90er meldet sich zurück | Review (PC)
„Simon the Sorcerer: Origins“ ist eine Hommage an ein Stück Adventure-Geschichte – und zugleich der Versuch, einer ikonischen Figur neues Leben einzuhauchen. Das Prequel erzählt, wie alles begann: Bevor Simon zum sarkastischen, selbstbewussten Magier der Neunziger wurde, war er ein ganz normaler Teenager – ein Junge mit spitzer Zunge, rebellischem Geist und einer gehörigen Portion Neugier. Die Handlung setzt genau dort an, wo das Alltägliche auf das Magische trifft.
Simon zieht mit seinen Eltern in eine neue Stadt, fühlt sich fehl am Platz – und entdeckt durch Zufall ein Portal in eine andere Welt. Von hier an entfaltet sich ein klassisches Point-and-Click-Abenteuer mit typischem britischen Humor, skurrilen Charakteren und der Suche nach Identität, die – charmant verpackt – mehr Tiefe besitzt, als man anfangs erwartet. Anders als in den ersten beiden Teilen steht weniger der große Bösewicht oder das drohende Weltende im Mittelpunkt, sondern vielmehr Simons Werdegang: Wie wird aus einem frechen Jungen der Zauberer, der einst ganze Generationen von Adventure-Fans prägte?
Ein besonderer Reiz von „Origins“ liegt in den unzähligen Anspielungen auf aktuelle Filme und Serien, die geschickt in Dialoge, Umgebungen und Nebenfiguren eingestreut sind. Mal stolpert man über subtile Verweise auf moderne Fantasy-Epen, dann wieder blitzt ein Seitenhieb auf Superheldenfilme, Streaming-Kultur oder Social-Media-Wahnsinn auf. Diese Referenzen sind nie plump, sondern mit einem Augenzwinkern integriert – ganz im Sinne des alten Simon-Humors, der immer schon ein wenig meta war. So macht sich Simon etwa über „übertriebene Cinematic Universes“ lustig oder kommentiert ironisch, dass „selbst Magie heutzutage ein Reboot braucht“. Fans, die aufmerksam zuhören, werden an vielen Stellen schmunzeln, weil die Popkultur-Zitate sowohl respektvoll als auch herrlich spöttisch eingesetzt werden.
Auch die Verbindung zu den beiden Originalspielen aus den 1990er-Jahren wird liebevoll gepflegt. Spielerinnen und Spieler entdecken alte Bekannte, ikonische Orte und sogar kleinere Rätselmechaniken wieder, die an die Wurzeln erinnern. Es gibt Szenen, in denen Simon auf Figuren trifft, die in den späteren Spielen wiederkehren werden – ein geschicktes Spiel mit der Zeitlinie, das Kenner sofort erkennen. Gleichzeitig bemüht sich „Origins“, Neueinsteigern einen verständlichen Zugang zu bieten. Viele Dialoge enthalten subtile Rückverweise auf die Originalspiele, etwa in Form von Running Gags oder charakteristischen Sprüchen, die Fans sofort zuordnen können. Der Tonfall des jungen Simon – vorlaut, ein bisschen besserwisserisch, aber herzlich – trifft genau die Balance zwischen jugendlichem Trotz und nostalgischem Wiedererkennungswert.
Die Grafik zählt zu den auffälligsten Stärken des Spiels. Smallthing Studios hat eine handgezeichnete 2D-Optik gewählt, die den Charme klassischer Adventures einfängt und gleichzeitig zeitgemäß wirkt. Jede Szene erinnert an ein interaktives Gemälde – detailreich, farbenfroh und voller kleiner Animationen. Die Figuren bewegen sich lebendig durch die Kulissen, das Lichtspiel variiert zwischen warmem Abendrot und geheimnisvollem Mondschein, und selbst kleinste Objekte wirken bewusst platziert. Besonders schön: Die Mimik der Charaktere wird in Nahaufnahmen betont, was den Dialogen zusätzliche Emotion verleiht. Der Stil liegt irgendwo zwischen „Monkey Island Remastered“ und modernen Indie-Adventures – mit einer eigenen Note, die sowohl nostalgisch als auch eigenständig ist.
In Sachen Steuerung bleibt „Simon the Sorcerer: Origins“ seiner klassischen Linie treu, ohne altmodisch zu wirken. Das Interface ist reduziert, intuitiv und setzt auf Maussteuerung mit klaren Interaktionspunkten. Objekte lassen sich einfach kombinieren, Gespräche sind übersichtlich strukturiert, und Hotspots werden auf Wunsch eingeblendet – ein Segen für all jene, die in alten Point-and-Click-Titeln schon mal minutenlang mit der Maus über jeden Pixel fuhren. Dennoch behält das Spiel den Reiz des Ausprobierens bei: Nicht jedes Rätsel lässt sich auf Anhieb lösen, einige fordern logisches Denken und Beobachtungsgabe. Manchmal fehlt ein kleines Stück Klarheit in der Aufgabenführung, doch gerade das sorgt für das klassische „Aha!“-Gefühl, wenn man endlich auf die Lösung kommt. Die Balance zwischen Nostalgie und moderner Bedienbarkeit gelingt insgesamt gut.
Sound und Musik runden den positiven Gesamteindruck ab. Die orchestralen Themen schwanken zwischen verspielt, geheimnisvoll und melancholisch und fangen die Stimmung jeder Szene perfekt ein. Besonders auffällig sind die charmanten Übergänge zwischen den Kapiteln – kleine musikalische Motive, die sich im Laufe des Spiels verändern und Simons Entwicklung begleiten. Die englische Sprachausgabe ist hervorragend besetzt: Simon klingt frisch und frech, die Nebenfiguren sind stimmlich abwechslungsreich und voller Charakter. Selbst die Umgebungsgeräusche – das Knistern eines Zaubertranks, das Rascheln von Papier, das entfernte Gackern einer Hühnerfarm – tragen zur Atmosphäre bei. Insgesamt entsteht ein Klangbild, das den Spieler sanft, aber wirkungsvoll in die Welt hineinzieht.
Fazit: Am Ende steht „Simon the Sorcerer: Origins“ als ein Spiel, das Tradition und Moderne erstaunlich harmonisch verbindet. Es erzählt eine sympathische Coming-of-Age-Geschichte, spielt souverän mit kulturellen Referenzen, respektiert seine Vergangenheit und überzeugt mit handgemachter Grafik, eingängiger Steuerung und stimmungsvollem Sound. Man spürt in jedem Moment die Liebe der Entwickler zum Original – und gleichzeitig den Mut, Simon nicht nur als Nostalgiefigur, sondern als lebendigen Charakter einer neuen Generation zu zeigen. Ein würdiges Prequel, das die Magie des klassischen Adventures wiederaufleben lässt – ohne sie in den Staub der Vergangenheit zu bannen.