Anno 1800 - Console Edition Review (XBSX)
„Es mangelt an Kakao!“ Dieser Satz, so banal er auch im ersten Augenblick klingen mag, ist einer der prägenden Sätze im Aufbausimulation-Genre. Dieser Satz wurde vor einem Vierteljahrhundert im Kontext mit dem ersten Spiel der mittlerweile Generationen von Spielern verbindenden „Anno“-Reihe, genauer gesagt, zu „Anno 1602“, dem ersten Teil, der am 31. März 1998 das Licht der Welt erblickte. Damals steckte das Genre fast noch in den Kinderschuhen und die „Anno“-Reihe sollte sich erst noch zum ernsthaften Konkurrenten von „Die Siedler“ und Co. mausern. Dies konnte die – ebenso wie „Die Siedler“ – in Deutschland entwickelte Reihe jedoch schnell dank Millionen begeisterter Fans erreichen. Und während „Die Siedler“ sich immer weiter von ihren Wurzeln entfernte und zuletzt (bis zum 2023 veröffentlichten neuen Ableger „Neue Allianzen“) über Jahrew in der Versenkung verschwand, setzte jeder Ableger der „Anno“-Reihe neue Maßstäbe. Nach „Anno 1503“ aus dem Jahr 2002, „Anno 1701“, aus 2006, „Anno 1404“, von 2009 und den beiden futuristischen Teilen „Anno 2070“ aus 2011 sowie „Anno 2205“ von 2015, setzte Ubisoft 2019 auf die Epoche der Industriellen Revolution mit dem aktuellen Ableger „Anno 1800“.
Dieser Teil bekam bislang die meisten DLC spendiert und wurde von der Community extrem gefeiert. Nun, fast 25 Jahre nach Teil eins und knapp vier Jahre nach Erstveröffentlichung auf dem PC, ist „Anno 1800“ auch für die PlayStation 5 und die Xbox Series S|X erschienen. Wir haben uns die XBSX-Fassung einmal genauer angeschaut und berichten von unseren Erfahrungen.
Anno 1800 – Console Edition: Schlankes Schwergewicht
Am Grundprinzip von „Anno 1800“ wurde auch auf der Konsole nicht gerüttelt. Noch immer baut ihr eure Siedlung auf, versorgt die Bewohner eurer Insel mit Waren und Dienstleistungen, erfüllt Aufträge und erfreut euch, wenn die Produktionsketten rund laufen und eure Einwohner eine Zivilisationsstufe nach der anderen erklimmen. Neben der Story und dem Endlosmodus, gibt es natürlich ebenfalls den vom PC bekannten Multiplayer. Ein Spiel zwischen verschiedenen Systemen ist hierbei nicht vorgesehen.
Apropos „nicht vorgesehen“: Dies gilt auch für die auf dem PC über die Jahre hinweg veröffentlichten DLCs, die allesamt nicht für die Konsolenfassungen erscheinen werden bzw. auch nicht im Basisspiel implementiert sind. Im Klartext: Mit dem Kauf der „Console Edition“ erhaltet ihr lediglich den ursprünglich erschienenen Titel, der lediglich um einige Verschönerungen und diverse Patches erweitert wurde. Gerade der „Aufstieg der Neuen Welt“ wäre hier ein echter Mehrwert gewesen.
Für die Konsole verändert wurde die Steuerung. Da ihr weder mit der Maus noch mit einer Tastatur unterwegs seid, wurden die Menüs und Bedienelemente des PC-Spiels auf den Controller der Xbox Series angepasst. Das seit Jahren etablierte Kreis-Menü ist auch hier zu finden und funktioniert erstaunlich intuitiv und gut. Dass dabei sämtliche Buttons, Sticks und Schultertasten belegt wurden, versteht sich von selbst, zumal auch das gesamte Baumenü auf den Controller bzw. ins Kreis-Menü verbannt wurde. So bedarf es einiger Eingewöhnungszeit, bis alles in Fleisch und Blut übergegangen ist. Hat man sich jedoch mit der Steuerung vertraut gemacht und alles verstanden, funktioniert die Steuerung tadellos, zumal auch die Zuordnungen von Produktionen und Warenketten logisch und sinnvoll zusammengefasst wurden. Auch einige Schnellbefehle sind in einem weiteren Kreis-Menü vereint und können so blitzschnell aufgerufen und genutzt werden. Wem das alles jedoch zu viel wird, hat insofern das Nachsehen, als dass beide Konsolen-Versionen ohne Support von Tastatur und Maus daherkommen, was prinzipiell auch realisierbar gewesen wäre.
Schönsiedelei
Natürlich ist man als Fan der Reihe besonders auf dem PC von wunderschönen Inselwelten, malerischen Panoramen und einem hohen Wuselfaktor verwöhnt, kann – die nötige Hardware vorausgesetzt – der PC doch viel flexibler mit den Anforderungen von Spielen umgehen als es jede noch so leistungsstarke Konsole zu vermögen im Stande ist. Von daher stellt sich im Grunde genommen überhaupt nicht die Frage, ob die Xbox Series-Umsetzung mit dem PC-Pendant mithalten kann. Dennoch sieht auch auf der Konsole „Anno 1800“ recht schick geworden ist – zumindest dann, wenn man von etwas weiter auf das Geschehen blickt. Denn zum einen sind die Zoomstufen nicht so groß, wie auf dem PC. Zum anderen laden die Texturen beim Wechsel zwischen direkter Nähe und beim Herausfahren der Kamera auffallend nach. Dazu sehen einige Texturen von Nahmen nicht ganz so ansehnlich aus. Versteht mich bitte nicht falsch: Insgesamt bietet euch der Port durchaus ein ansehnliches Spiel. Dennoch muss man mit einigen kleineren technischen Einschränkungen leben. Dies betrifft auch die nicht immer glasklaren Zwischensequenzen und die stellenweise etwas längeren Ladezeiten, die zwar für Anno-Verhältnisse deutlich kürzer sind als noch in früheren Teilen, von der schnellen SSD der Xbox Series X leider nicht allzu stark profitieren. Ob dies auf der PS5 genauso ist, können wir leider nicht beurteilen, gehen aber stark davon aus. In Sachen Sound gibt es nichts zu kritisieren. Die Sprecher sind identisch zu denen der PC-Fassung, die Geräuschkulisse bewegt sich auf hohem Niveau und der Soundtrack entfaltet sein typisches „Anno-Flair“.
Fazit: Die Konsolenversion von „Anno 1800“ lohnt sich für alldiejenigen unter euch, die nie die Chance hatten, das Spiel auf dem PC zu spielen. Schade ist jedoch, dass es keine DLC-Inhalte gibt, die sich im Konsolen-Port befinden und es wohl auch keine Umsetzungen der grandiosen Erweiterungen geben wird. Somit bleibt die beste „Anno-Erfahrung“ auch künftig PClern vorbehalten. Dank recht komplexer aber dennoch gut angepasster Steuerung für die Konsole werden aber auch alle Konsoleros mit „Anno 1800“ viele Stunden ihre Freude haben.
Die inn-joy Redaktion vergibt 8 von 10 Punkten.
Die inn-joy Redaktion bedankt sich bei Ubisoft für das zur Verfügung gestellte Testmuster.
U. Sperling